Umlaufvermögen und Anlagevermögen bilden das Gesamtvermögen des Betriebes. Im Gegensatz zum Anlagevermögen verbleibt das Umlaufvermögen nur kurzfristig im Unternehmen. In der Bilanz steht das Umlaufvermögen auf der linken Seite unter Aktiva. Zu unserer Serie "BWL für Landwirte - einfach erklärt" gehts hier.
Was ist Umlaufvermögen?
Zum Umlaufvermögen gehören nach der üblichen betriebswirtschaftlichen Definition die Vermögensgegenstände, die dem Unternehmen nur kurzfristig zur Verfügung stehen. Das sind beispielsweise Vorräte, die verbraucht werden, Forderungen und Zahlungsmittel wie beispielsweise Bankguthaben.
Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sind im landwirtschaftlichen Betrieb in aller Regel kurzfristig. Voraussetzung für eine Forderung ist, dass Sie die Rechnung stellen. Damit halten Sie auch, im Gegensatz zum Warten auf Gutschriften, das Heft des Handelns in der Hand. Nutzen Sie diese Chance, die Liquidität Ihres Betriebes zu steuern.
Zahlungsmittel: Wenn Sie über Bankguthaben verfügen, ist dies natürlich der günstigste Weg, um Verbindlichkeiten gering zu halten. Planen Sie Ihre Liquidität rechtzeitig und bedenken Sie dabei insbesondere zeitliche Zahlungsspitzen, wie Sie beispielsweise bei der Saat und nach der Ernte entstehen (s.u.).
Beim Tiervermögen kann es sich sowohl um Anlage- als auch um Umlaufvermögen handeln. Zuchttiere und Milchkühe gehören zum Anlagevermögen wogegen Masttiere dem Umlaufvermögen zugerechnet werden.
Üblicherweise werden die Tiere nicht einzeln bewertet, sondern in Gruppen, beispielsweise unterschiedlichen Alters, zusammengefasst, was ähnliche steuerliche und bilanzielle Auswirkungen hat. Insbesondere wird dann nicht auf das Tiervermögen abgeschrieben, sondern nur Zu- und Abgänge sowie die Verschiebungen zwischen den Altersgruppen gebucht.
Die fehlenden Abschreibungen haben Auswirkungen auf die Finanzierung des Tierbestandes. Banken erwarten üblicherweise Tilgungen auf Darlehen, mit denen beispielsweise die Anschaffung des Bestandes, die Futter- und weitere Kosten bis zum Zeitpunkt, an dem die ersten Einnahmen aus dem Bestand fließen, finanziert wurden.
Mangels Liquiditätsschöpfung aus den Abschreibungen sind diese Tilgungen dann aus dem versteuerten Gewinn zu leisten, was die Liquidität zusätzlich belastet. Hier kann die Aufnahme eines Festdarlehens, das zumindest in den ersten Jahren nicht getilgt wird, eine sinnvolle Finanzierungsalternative darstellen.
Feldfrüchte sind Umlaufvermögen
Feldfrüchte gehören auch zum Umlaufvermögen. Diese wachsen und reifen unterschiedlich schnell, beispielsweise Spinat fünf Wochen zwischen Aussaat und Ernte, Kartoffeln 17 Wochen und viele Erzeugnisse noch deutlich länger. Was neben dem unterschiedlichen Pflegeaufwand mit Dünger und Pflanzenschutz zu teilweise erheblichen Beträgen in der Vorfinanzierung führt. Auch hier ist eine sorgfältige Liquiditätsplanung sehr wichtig für Ihren Hof.
Möglichkeiten und Risiken
Bei der Finanzierung des Umlaufvermögens gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die Besonderheiten und Risiken verschiedener Wege werden hier näher erläutert.
Waren über Lieferanten finanzieren: Am einfachsten stellt sich oft eine kurzfristige Finanzierung bei der Raiffeisengenossenschaft oder auch einem Futtermittelhändler dar. Dabei gibt es allerdings einige Punkte zu bedenken:
- Was kostet der Kredit, den man Ihnen einräumt? Die Zinssätze, die die Genossenschaften berechnen schwanken zwischen 5 % p.a. und deutlich über 10 % p.a.. Daher gilt es, besonders hinzuschauen, ob die kurzfristige Rückführung auch sicher gelingen kann. Denn gegen solche Zinsen können Sie nicht arbeiten; dafür reichen die Margen in der Landwirtschaft in der Regel nicht aus.
- Wenn Sie erkennen, dass die Rückführung länger dauern wird, sprechen Sie rechtzeitig mit der Genossenschaft und bieten gegebenenfalls Sicherheiten an, mit denen sich der Zins aufgrund des dann niedrigeren Risikos verringern lässt.
Beim privaten Futtermittelhandel sind die Zinsen zum Teil günstiger. Auch hier ist aber eine schriftliche Vereinbarung über Höhe und Rückführung der Verbindlichkeiten zwingend. Damit vermeiden Sie, dass plötzlich der offene Saldo fällig gestellt wird, was Sie vermutlich in ernste Schwierigkeiten bringen würde.
Ein Risiko der Finanzierung auf diesem Weg – gleiches gilt für Schulden beim Lohnunternehmer – ist, dass Sie keine Möglichkeit mehr haben, über Preise zu verhandeln. Die nicht berechneten Zinsen werden leider nicht nur gelegentlich über Ihnen dann vorgegebene Preise für die Leistungen des Geschäftspartners abgerechnet, was dann versteckte Kreditkosten bedeutet.
Außerdem haben Sie eine gegebenenfalls nicht nur moralische Verpflichtung, keine alternativen Angebote anderer Anbieter zu nutzen, was Ihre geschäftlichen Entscheidungsmöglichkeiten ebenfalls einschränkt.
BWL Kompakt für Landwirte: Zahlen sind so wichtig wie die Arbeit auf dem Feld und mit den Tieren. In dieser fünfteiligen Beitragsreihe „Betriebswirtschaftliche Grundlagen für Landwirte“ dreht sich alles um Zahlen. Fachautor und Berater Rudolf Schüller, Mitarbeiter der Westfälisch-Lippischen Versicherungs- und Unternehmensberatung GmbH (WVU), erläutert die einzelnen Teile des Jahresabschlusses, gibt Zwischeninformationen und zeigt wichtige Kennzahlen auf - verständlich und mit der Brille, wie sie auch Ihr Kreditberater aufsetzt, um mögliche Risiken für die Bank möglichst frühzeitig zu erkennen.
Das sind die Themen:
Wie lese ich eine Bilanz? + Arbeitshilfe (Wochenblatt-Folge 8/2022)
Was steht in der GuV + Arbeitshilfe (Wochenblatt-Folge 9/2022)
Der Rückbericht: Ein Dokument mit sieben Siegeln? (Wochenblatt-Folge 10/2022)
Wichtige Kennzahlen I: Liquidität, Rentabilität, Vermögenslage + Formeln (Wochenblatt-Folge 11/2022)
Wichtige Kennzahlen II: Betriebliche Kennzahlen + Formeln (Wochenblatt-Folge 12/2022)
Kostenkalkulation und praktische Beispiele (Wochenblatt-Folge 13/2022)
Eine Immobilie richtig finanzieren (Wochenblatt-Folge 23/2022)
Wie finanziere ich Maschinen am besten? (Wochenblatt-Folge 24/2022)
Wie finanziere ich das Umlaufvermögen richtig? (Wochenblatt-Folge 25/2022)
Alle Themen sind gebündelt im Dossier: BWL für Landwirte - einfach erklärt
Der Klassiker fürs Konto
Kontokorrentkredit: Das klassische Instrument zur Finanzierung des Umlaufvermögens ist der Kontokorrentkredit. Diese zwischen dem Kreditinstitut und dem Kunden vereinbarte Kreditlinie kann zur Deckung kurzfristigen Finanzierungsbedarfs genutzt werden. In der Praxis ist der Kontokorrentkredit mit einigen Problemen verbunden: Zum einen ist er wie auch die Händlerfinanzierung relativ teuer, Zinssätze zwischen 5 % p.a. und 10 % p.a. sind zu beobachten. Allerdings kann das, wenn Sie beim Händler Skonto ziehen können, sich trotzdem rechnen.
Des Weiteren hängt die Höhe der Kreditlinie oft nicht vom tatsächlichen betriebswirtschaftlichen Bedarf ab, sondern eher von der Risikobereitschaft der Bank und den auf der Kundenseite vorhandenen Sicherheiten. Auch wird die Linie häufig nicht nur zur kurzfristigen Zwischenfinanzierung genutzt, sondern im (Soll-) Saldo finden sich kleinere Investitionen genauso wie die Tilgungsraten langfristiger Darlehen. Diese insbesondere, wenn die Tilgung die Liquidität aus der AfA (Absetzung für Abnutzungen) übersteigt.
Es gilt also, dem Kontosaldo besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Planen Sie Ihre Liquidität frühzeitig und sprechen Sie Ihre Bank rechtzeitig an, wenn Sie erkennen, dass die vorhandene Linie nicht ausreichen wird. Überziehungen der Kreditlinie sind mit das Gefährlichste, was Sie Ihrer Bonität bei der Bank antun können, da bestimmte Anzahlen von Überziehungstagen Maßnahmen der Bank zur Folge haben. Schon 30 Überziehungstage innerhalb eines Jahres erschweren beispielsweise Ihrem Kundenberater die abgesprochene Einräumung einer befristeten Linienüberschreitung. Wobei auch diese nicht immer wieder vorkommen dürfen.
Eine Möglichkeit, solche Überziehungen zu verringern, ist die rechtzeitige Umfinanzierung der Kontoinanspruchnahme durch ein mittel- oder langfristiges Darlehen. Zeigen Sie der Bank, dass der Kontosaldo zum Beispiel durch kleinere Investitionen entstanden ist, was die Umfinanzierung erleichtert. Aus Sicht Ihrer Hausbank ist die versteckte Finanzierung von Verlusten das Negativste, was im Kontosaldo stecken kann. Zeigen Sie, dass das bei Ihnen nicht der Fall ist.
Sollte es sich tatsächlich um Verluste handeln, welche die Liquidität eingeschränkt haben, sprechen Sie auch diesen Sachverhalt konkret an. „Schön reden“ hilft dabei nicht. Die Bank erwartet von Ihnen dann ein Konzept, wie Sie die Verluste eingrenzen und die Probleme beseitigen wollen. Bei der Erstellung einer solchen Unterlage helfen Steuerberater oder ein spezialisierter Finanzberater.
Vorsicht bei diesem Modell
Bei Darlehen zur „freien“ Verwendung ist Vorsicht geboten: Insbesondere im genossenschaftlichen Banksektor werden mittelfristige Darlehen ohne Zweckbindung angeboten. Diese werden über ein Verbundunternehmen bereitgestellt, so dass die Kreditlinien der Hausbank nicht beeinträchtigt werden. Die Darlehen sind meist ohne Sicherheiten und über zirka fünf Jahre zurückzuzahlen. Die Zinssätze orientieren sich knapp unterhalb derer von Kontokorrentlinien, da die Darlehen blanko gewährt werden, was einen entsprechend hohen Risikoansatz nach sich zieht.
Risiko bei dieser Art der Finanzierung ist, dass bei Zahlungsstörungen das finanzierende Institut sehr schnell Vollstreckungsmöglichkeiten nutzen wird, um einen Schuldtitel zu bekommen. Auch sind die Raten oft zu hoch und vergrößern damit die Liquiditätsprobleme des Betriebes mittelfristig wieder. Auch hier gilt, dass nur bei sorgfältiger Überlegung ein solches, vermeintlich einfach zu beschaffendes, Finanzierungsmittel genutzt werden sollte. Klären Sie vorher mit Ihrem Steuer- oder Finanzberater, ob diese Finanzierungsform für Sie geeignet ist.
Damit der Betrieb läuft
Mehrfach in diesem Beitrag wurde das Thema Liquiditätsplanung angesprochen. Nehmen Sie Ihre Zahlen der Vergangenheit, überprüfen diese kritisch und aktualisieren Sie mit den Werten und Preisen, die im Planungszeitpunkt gelten. Berücksichtigen Sie die jahreszeitlichen Schwankungen der Einnahmen und Ausgaben. Bei der Erstellung einer solchen Planung können Sie Unterstützung durch Ihren Steuerberater, die Beratung öffentlicher Stellen oder durch Ihren Verband erhalten. Nutzen Sie dieses Instrument, um die Zukunftsfähigkeit Ihres Hofes zu stärken.
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