Grundlagen der BWL für Landwirte

Eine Immobilie richtig finanzieren

Wer ein Haus ­kaufen oder bauen will, braucht vor allem eigenes Geld und einen Finanzplan. Wichtige Punkte sind Kaufnebenkosten, Kalkulation der Ratenzahlungen, Fördermittel und Versicherungen.

Die junge Generation auf dem Hof möchte häufig anders wohnen als Eltern und Großeltern – damit gehen auch neue Anforderungen an die Finanzierung einher. Wer sich eine Wohnimmobilie anschaffen möchte und ein Darlehen der Bank benötigt, sollte wissen: Billiges Geld allein reicht nicht.

Die Zinsen sind tief, aber ...

Auch wenn die Zinsen seit ­ihren historischen Tiefständen inzwischen gestiegen sind, bleibt das Zinsniveau insgesamt durchaus attraktiv zur langfristigen Finanzierung von Immobilien. Der zehnjährige Bauzins lag im Januar 2022 noch bei 1 %, Ende Mai 2022 sind es 2,8 %.

Das „billige“ Geld allein darf aber genauso wenig wie Zuschüsse und Fördermittel dazu führen, die kritischen Punkte langfristiger Finanzierungen aus dem Blick zu verlieren.

Drei entscheidende Fragen

Die Entscheidung für den Kauf oder Bau eines Wohnhauses bindet für Jahrzehnte. Daher ist eine ­sorgfältige Vorbereitung sinnvoll. Zunächst sind drei Fragenbereiche zu klären:

  1. Wie viel Geld bekomme ich / bekommen wir von der Bank? Wie viel Eigenkapital ist vorhanden? Welche Eigenleistungen kann ich /können wir tatsächlich schaffen?
  2. Was kostet die Immobilie rea­listisch? Dabei sind alle Neben­kosten von Vermessung über eventuelle Grunderwerbsteuern, Notarkosten bis hin zur Ausstattung (Küche, Möbel, Garten …) zu berücksichtigen.
  3. Welche monatliche Belastung ist tragbar?

Zur ersten Frage ist zu berücksichtigen, dass Finanzierungen ohne Eigenkapital nur in Ausnahmefällen bewilligt werden. Eigenmittel, sei es in Form von angesparten Guthaben beispielsweise in Bausparverträgen oder auch durch den Wert eines vorhandenen, unbelasteten Grundstücks, sind Voraus­setzung, um eine Finanzierung zu erhalten.

Der Anteil des Eigenkapitals an den Gesamtkosten sollte nicht unter 10 % liegen. Hier gilt generell, dass mehr besser ist, da der Beleihungsauslauf die Kreditkosten maßgeblich beeinflusst. Die Kosten eines Hauses sind von vielen Faktoren abhängig. Je nach Lage des Grundstücks sind Werte zwischen 120 € je m2 bis mehr als 500 € je m2 (in größeren Städten bei bevorzugten Wohnlagen) möglich.

Die Baukosten lassen sich aktuell nur schwer kalkulieren, da viele Gewerke im Moment zu Tagespreisen angeboten werden, was das Risiko für den Bauherrn deutlich erhöht. Die gewünschte Ausstattung kann einen Bau ebenfalls deutlich verteuern. (Anm. der Redaktion: Insider sprechen von 5000 € mehr Baukosten pro Monat. Bei Küchen müssen Bauwillige aktuell 2000 € mehr drauflegen.)

Was ist der Beleihungsauslauf bei Baufinanzierungen?: Ein wichtiger Begriff aus dem Kreditgeschäft ist der Beleihungsauslauf. Damit ist der prozentuale Anteil der aufgenommenen Darlehenssumme im Verhältnis zum Beleihungswert der Immobilie gemeint.
Es handelt sich um einen wesent­lichen Teil des Risikos einer Finanzierung und ist deshalb für die Bank ein wichtiger Faktor für die Berechnung der Kreditkonditionen. Je niedriger der Beleihungsauslauf ist, desto geringer ist das Verlustrisiko der Bank und desto günstigere Immobilienzinsen kann sie anbieten. Um den Beleihungsauslauf zu berechnen, werden alle Kredite addiert und durch den Beleihungswert ­dividiert.
Die Formel dazu lautet: Beleihungsauslauf = (Darlehenssumme + KfW-Darlehen + bestehende Vorlasten) / Beleihungswert.
Dazu ein Praxisbeispiel: Der Be­leihungswert eines Objekts beträgt 300  000 €, und Sie möchten dafür ein Darlehen von 150  000 € aufnehmen. Zusätzlich benötigen Sie ein KfW-Darlehen über 50  000 €, um die Finanzierung auf die Beine zu stellen. Wir gehen außerdem davon aus, dass keine Vorlasten vorhanden sind. Das bedeutet, auf dem Haus lasten keine fremden, noch ­offenen Kredite.
In dem Textbeispiel ­beträgt der Beleihungsauslauf: (150  000 € + 50  000 € + 0 €) / 300  000 € = 0,67 = 67 %. Die Immobilie wird also zu 67 % beliehen.
Der Beleihungswert einer Immobilie liegt unter dem Verkehrswert. Das ist der Wert, der am Markt aktuell zu erzielen wäre. Zur Verringerung des Finanzierungsrisikos nimmt die Bank Sicherheitsabschläge vom Verkehrswert vor. Diese betragen je nach Lage, Ausstattung und Marktgängigkeit der Immobilie 10 bis 35 %.

Nebenkosten sind hoch

Insbesondere beim Kauf sind die Nebenkosten ein erheblicher Faktor, der zu Buche schlägt: NRW kassiert 6,5 % Grunderwerbsteuern für den Baugrund und das darauf stehende Haus. Der Makler – sofern eingeschaltet – fordert seinen Anteil vom Kaufpreis. Die Courtage ist individuell verhandelbar. Diese kann 2 bis 6 % betragen.

Bei Makler­gebühren ist darauf zu achten, dass nach aktueller Rechtslage bei Verbraucherverträgen zum Kauf von Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen die Provision mindestens zu 50 % vom Verkäufer getragen wird. Für Notar und Behördliches beim Amtsgericht wie Umschreibung Grundbuch, Eintragung Grundschuld fallen weitere 1 bis 1,5 % vom Geschäftswert an.

Renovierungskosten sind beim Erwerb einer älteren Immobilie oft schwer zu beurteilen. Im Einzelfall kann es eine gute Investition sein, mit einem Bausachverständigen eine Besichtigung vorzunehmen. Das vermeidet womöglich böse Überraschungen. Die Kosten dafür erfragen Sie vorher; üblich sind zwischen 500 und 1000 € für eine Begehung mit anschließendem schriftlichen Bericht.

Bauen ist trotz der noch niedrigen Zinsen insgesamt teurer geworden. Bauwillige sollten sich verschiedene Kreditangebote einholen und vergleichen. (Bildquelle: Kopf)

Darlehen, Zinssatz, Dauer

Was sollten Bauherren und Wohnungskäufer sonst noch mit Blick auf die Finanzierung beachten? Bauherren und Immobilienkäufer finanzieren ihre vier Wände in der Regel mit einem Annuitätendarlehen. Dabei zahlen sie konstante Raten, die aus einem Tilgungs- und Zinsteil bestehen.

Je höher die Tilgung, desto schneller ist der Kredit zurückgezahlt.Banken bieten Darlehen mit Zinsbindungen von zehn Jahren und länger an. Dabei gilt grundsätzlich: Je länger die Zinsfestschreibung ist, desto höher wird der Zinssatz. Auch Sondertilgungen im Kreditvertrag sind möglich, kosten aber 0,1 bis 0,2 % Zinsaufschlag.

Durch das Recht auf Sondertilgungen darf der Kreditnehmer einen bestimmten Anteil der Kreditsumme, in der Regel 5 bis 10 % pro Jahr, zusätzlich zur monatlich vereinbarten Tilgung zurückzahlen. Ob Geld von Opa oder Oma, eine Schenkung oder Bonuszahlungen vom Arbeitgeber: Mit Sondertilgungen kann man die Kreditlaufzeit verkürzen und Zinsen sparen.

Nach zehn Jahren dürfen Kreditnehmer auch länger laufende Verträge kündigen. Sie können dann ohne Vorfälligkeitsentgelt den Kredit zurückzahlen.Banken sind in der Regel bereit, das Darlehen bis zu drei Monate ohne Zinsberechnung bereitzustellen. Wer den Kredit oder den größten Teil erst später benötigt, sollte mit der Bank über den Bereitstellungszins verhandeln.

Der Bereitstellungszins sollte nicht höher sein als der Zins für das Darlehen.Trotz der niedrigen Zinsen sollten Bauherren und Käufer Vergleichsangebote von zwei oder drei Banken einholen. Bei den langen Laufzeiten machen zwei oder drei Zehntelpunkte beim Zins schnell einige Tausend Euro aus, die man einsparen oder verlieren kann. Achten Sie dabei sowohl auf den Zinssatz als auch auf die Neben­bedingungen wie Kontoführungskosten, Schätzungsgebühren usw.

Fördermittel für Bauwillige

Die Rahmenbedingungen für Fördermittel werden von der Politik gesetzt und verändern sich daher auch unvorhergesehen. Jüngstes Beispiel dafür ist der Stopp der KfW-Fördermittel für Neubauten mit bestimmten energetischen Rahmenbedingungen im Frühjahr 2022. Um hier optimal beraten zu werden, empfiehlt sich das Gespräch mit einem Energieberater, der sowohl die sinnvollsten energetischen Maßnahmen empfiehlt als auch die gerade aktuellen Fördermaßnahmen von KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) und ­BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) kennt.

Je nach Förderprogramm ist die Einschaltung eines Energieberaters zwingend vorgeschrieben – die Kosten werden dann zumindest anteilig mit gefördert.Neben Zinsvergünstigungen gibt es noch weitere staatliche Hilfen insbesondere für Familien: Hierzu zählt beispielsweise das Bau­kindergeld, welches allerdings im Laufe des Jahres 2022 auslaufen wird (www.kfw.de).

In NRW gibt das Land weitere Fördermittel in Form günstiger Darlehen. Voraussetzung sind die Einhaltung ­bestimmter Einkommensgrenzen und der Bezug von Kindergeld. ­Details dazu finden sich auf den Seiten der NRW-Bank (www.nrwbank.de) und des Bauministeriums (www.mhkbg.nrw).

Das Risiko minimieren

Erzielt ein Partner das wesentliche Familieneinkommen, sollte zugunsten des anderen eine Risikolebensversicherung abgeschlossen werden. Diese kann insbesondere in den ersten zehn Jahren, wenn die Belastung der Immobilie noch sehr hoch ist, im Todesfall dazu beitragen, der Familie das Haus zu erhalten, da mit der Versicherungsleistung dann zumindest ein Teil der Darlehen zurückgezahlt werden kann.

Zeitgemäß ist es natür­lich, diese Versicherung für beide Partner abzuschließen, also auch für die Person, welche die Familien­leistungen erbringt. Als Faustformel für eine Risikolebensversicherung, die ohne Sparanteil abgeschlossen werden sollte, gilt 10 € Beitrag pro Monat je 100  000 € Versicherungssumme.

BWL Kompakt für Land­wirte: Zahlen sind so wichtig wie die Arbeit auf dem Feld und mit den Tieren. In dieser fünfteiligen Beitragsreihe „Betriebswirtschaftliche Grundlagen für Landwirte“ dreht sich alles um Zahlen. Fachautor und Berater Rudolf Schüller, Mitarbeiter der Westfälisch-Lippischen Versicherungs- und Unternehmensberatung GmbH (WVU), erläutert die einzelnen Teile des Jahresabschlusses, gibt Zwischeninformationen und zeigt wichtige Kennzahlen auf - verständlich und mit der Brille, wie sie auch Ihr Kreditberater aufsetzt, um mögliche Risiken für die Bank möglichst frühzeitig zu erkennen.
Das sind die Themen:
Wie lese ich eine Bilanz? + Arbeitshilfe (Wochenblatt-Folge 8/2022)
Was steht in der GuV + Arbeitshilfe (Wochenblatt-Folge 9/2022)
Der Rückbericht: Ein Dokument mit sieben Siegeln? (Wochenblatt-Folge 10/2022)
Wichtige Kennzahlen I: Liquidität, Rentabilität, Vermögenslage + Formeln (Wochenblatt-Folge 11/2022)
Wichtige Kennzahlen II: Betriebliche Kennzahlen + Formeln (Wochenblatt-Folge 12/2022)
Kostenkalkulation und praktische Beispiele (Wochenblatt-Folge 13/2022)
Eine Immobilie richtig finanzieren (Wochenblatt-Folge 23/2022)
Wie finanziere ich Maschinen am besten? (Wochenblatt-Folge 24/2022)
Wie finanziere ich das Umlaufvermögen richtig? (Wochenblatt-Folge 25/2022)
Alle Themen sind gebündelt im Dossier: BWL für Landwirte - einfach erklärt


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