Von wegen die GuV ist irgendeine komische Tabelle: Sie ist der Teil der Buchführung schlechthin. Hier lässt sich der unternehmerische Erfolg ablesen.
BWL Kompakt für Landwirte: Zahlen sind so wichtig wie die Arbeit auf dem Feld und mit den Tieren. In dieser fünfteiligen Beitragsreihe „Betriebswirtschaftliche Grundlagen für Landwirte“ dreht sich alles um Zahlen. Fachautor und Berater Rudolf Schüller, Mitarbeiter der Westfälisch-Lippischen Versicherungs- und Unternehmensberatung GmbH (WVU), erläutert die einzelnen Teile des Jahresabschlusses, gibt Zwischeninformationen und zeigt wichtige Kennzahlen auf - verständlich und mit der Brille, wie sie auch Ihr Kreditberater aufsetzt, um mögliche Risiken für die Bank möglichst frühzeitig zu erkennen.
Das sind die Themen:
Wie lese ich eine Bilanz? + Arbeitshilfe (Wochenblatt-Folge 8/2022)
Was steht in der GuV + Arbeitshilfe (Wochenblatt-Folge 9/2022)
Der Rückbericht: Ein Dokument mit sieben Siegeln? + Arbeitshilfe (Wochenblatt-Folge 10/2022)
Wichtige Kennzahlen I: Liquidität, Rentabilität, Vermögenslage + Formeln (Wochenblatt-Folge 11/2022)
Wichtige Kennzahlen II: Betriebliche Kennzahlen + Formeln (Wochenblatt-Folge 12/2022)
Kostenkalkulation und praktische Beispiele (Wochenblatt-Folge 13/2022)
Alle Themen sind gebündelt im Dossier: BWL für Landwirte - einfach erklärt
Gutes Wirtschaftsjahr?
In der GuV wird im Rahmen des Jahresabschlusses der Erfolg Ihres Unternehmens innerhalb einer Abrechnungsperiode ermittelt. Bei Landwirten ist das meist der Zeitraum vom 1. Juli eines Jahres bis zum 30. Juni des nächsten Jahres. Zusammen mit der Bilanz bildet die GuV den Hauptbestandteil des Jahresabschlusses.
Auch wenn grundsätzlich einige abweichende Möglichkeiten zur Erstellung der GuV gestattet sind, bilanzieren die meisten mittelständischen Unternehmen in der sogenannten Staffelform im Gesamtkostenverfahren (siehe Übersicht).
Download: Arbeitshilfe - GuV in Staffelform
Dabei werden alle Kosten, die innerhalb des Wirtschaftsjahres angefallen sind, berücksichtigt und den Erlösen im gleichen Zeitraum gegenübergestellt. Die Erlöse und Kosten werden dabei nach verschiedenen Arten gegliedert. Die jeweils ersten Gliederungsebenen mit wichtigen Untergliederungen sind in der Übersicht zu sehen.
Erlöse und Aufwendungen
Die GuV beginnt mit erfreulichen Zahlen – den Umsatzerlösen des Wirtschaftsjahres. Diese werden nach ihrer Herkunft gegliedert.
- Als wichtigste Punkte sind hier Ackerbau und Tierhaltung ganz oben aufgeführt. Die beiden Punkte Bestandsveränderungen (B und C im Gliederungsschema) sind wichtig, damit die Ergebnisse des Jahres auch richtig (also die tatsächliche Leistungserbringung) abgebildet werden können.
- Gut nachvollziehbar ist dies bei Tierbeständen. Hat der Landwirt am Jahresende mehr Tiere als am Jahresanfang, hat er quasi „auf Vorrat“ produziert.
- Die Herstellkosten (hier überwiegend Futterkosten) fallen schon im laufenden Jahr an.
- Damit die Relation zwischen Aufwand und Ertrag richtig dargestellt ist, wird die Erhöhung des Bestandes wie ein Ertrag behandelt. Bei einem Bestandsabbau wäre dies andersherum zu buchen.
- Mit fertigen und unfertigen Erzeugnissen sind im landwirtschaftlichen Betrieb Feldfrüchte gemeint. Diese unterscheiden sich je nach Anbau von Jahr zu Jahr.
- Unter sonstige betriebliche Erträge finden sich alle weiteren Zahlungen, die Sie erhalten. Hier werden alle Prämienzahlungen gebucht wie Betriebsprämien, Agrardieselerstattungen, Greeningprämien usw. Wenn Sie beispielsweise ein älteres Gerät veräußert haben, gehört der Verkaufserlös ebenfalls in diese Kategorie.
- Danach werden in der GuV alle Erträge addiert und es ergibt sich die Summe der betrieblichen Erträge.
Damit ist die Gewinn- und Verlustrechnung noch nicht beendet – es folgen die verschiedenen Aufwandspositionen. Die Gliederung orientiert sich dabei zum einen an den Erlösarten und zum anderen an verschiedenen Kostenarten.
Direkte Produktionskosten
- Im Bereich der Pflanzenproduktion werden die Saatgutkosten, der Düngeraufwand und der Pflanzenschutz aufgeführt.
- Die Leistungen eines Lohnunternehmers werden erst später in der GuV erfasst, hier geht es rein um den Materialaufwand.
- Bei den Kosten der Tierproduktion beginnt es mit dem Ankauf von Jungtieren, es folgen die Futterkosten und dann kommen die Leistungen des Tierarztes sowie weitere Materialien.
Der Vorteil dieser Darstellung liegt darin, dass die Erlöse und Aufwendungen im Pflanzenbau und für die Tierhaltung schnell nebeneinandergelegt werden können und direkt erkennbar wird, ob hier ein Ertrag erwirtschaftet wurde oder bereits an dieser Stelle negative Deckungsbeiträge entstanden sind.
- Der nächste große Abschnitt der Kosten ist der sonstige Materialaufwand. Hier finden sich alle Energiekosten, von Strom über Wasser bis zum Diesel.
- Die Kosten für Lohnarbeit und angemietete Maschinen werden ebenfalls hier ausgewiesen.
- Der Personalaufwand umfasst nicht nur die gezahlten Löhne und deren Nebenkosten, sondern auch Beiträge zur Berufsgenossenschaft und die zur betrieblichen Unfallversicherung.
- Alle weiteren Versicherungsaufwendungen finden sich unter H. II. Betriebsversicherungen weiter unten in der Staffel.
Bilanzielle Abschreibungen
- Der Wertverlust von Gebäuden und Maschinen wird unter G – Abschreibungen – erfasst. Hier wird allerdings meist im Rahmen der steuerlichen Vorgaben der ent-sprechende Korrekturposten zum Wertausweis in der Bilanz (A. I.) gebucht.
- Abnutzbare Güter dürfen am Ende des Jahres nicht mit den Anschaffungskosten bilanziert werden, da sonst das Vermögen des Unternehmens zu hoch ausgewiesen würde.
- Es gibt zwei Arten von Abschreibungen, die ein Landwirt kennen sollte:
1) Die planmäßige Abschreibung.
- Hier werden die Anschaffungskosten auf die Jahre, die man den Vermögensgegenstand voraussichtlich nutzen kann, verteilt. Wie schon geschrieben, richtet sich das nicht immer nach praktischen Erwägungen, sondern nach den AfA-Tabellen der Finanzämter. AfA steht für Absetzungen für Abnutzung.
- Ein Schlepper beispielsweise wird in der Regel über acht Jahre abgeschrieben. Die meisten Betriebe nutzen ihre Schlepper länger. Allerdings orientieren sich Banken häufig an der vom Finanzamt vorgegebenen sogenannten betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer. Damit muss der Schlepper innerhalb dieser Zeitspanne bezahlt werden, obwohl der Betrieb ihn länger als acht Jahre nutzen wird.
2) Außerplanmäßige Abschreibungen
- Diese treten bei unerwarteten Ereignissen auf. Dies kann zum Beispiel ein Brand sein, nach welchen das Wirtschaftsgut nicht mehr nutzbar ist. Die AfA gehören zum ausgabenlosen Aufwand. Das bedeutet, dass dieser Position direkt keine Zahlung, kein Geldfluss zugeordnet ist.
- Nach der Bilanztheorie kann in dieser Höhe Liquidität angesammelt werden, um in Zukunft eine Ersatzinvestition zu tätigen. Praktisch ist das meist der Gegenposten für die Tilgungsratender Darlehen, mit denen das Wirtschaftsgut finanziert wurde.
- Diese Raten belasten die Liquidität und würden ohne den Korrekturposten Abschreibung dazu führen, dass sich Ertragslage und Liquidität weiter auseinander entwickeln würden.
- Welche der verschiedenen zugelassenen Abschreibungsarten (linear, also in gleichen Raten je Nutzungsjahr, oder degressiv, mit anfänglich höheren und dann sinkenden Beträgen von Jahr zu Jahr) die für Ihr Unternehmen sinnvollste ist, erläutert Ihnen Ihr Steuerberater.
- Eine Besonderheit gibt es noch bei den sogenannten geringwertigen Wirtschaftsgütern, das sind Gegenstände, die selbstständig nutzbar sind und weniger als 800 € netto kosten. Diese können sofort als Aufwand in voller Höhe abgeschrieben werden.
Weitere Kosten
- Unter H. I. findet sich der Posten Unterhaltung. Das umfasst Kosten für die Instandhaltung von Gebäuden und Reparaturen von Maschinen und Anlagen.
- Daran schließen sich die Zahlungen für betriebliche Versicherungen an.
- Private Versicherungen werden nicht hier, sondern in der Bilanz unter den Entnahmen gebucht.
- Im sonstigen Betriebsaufwand wird alles erfasst, was an weiteren Kosten anfällt. Hier finden sich beispielsweise die Telefonrechnung, die GEZ-Gebühren für das Radio im Schlepper, die Beiträge zur Landwirtschaftskammer und auch die Rechnungen für Buchhaltung und Steuerberatung.
- Berufsbekleidung und Zeitschriftenabonnements werden ebenfalls hier erfasst.
- Alle betrieblichen Aufwendungen werden dann addiert. Die Summe der Erträge abzüglich der Aufwendungen ergibt dann das (hoffentlich positive) Betriebsergebnis.
- Danach folgen noch einige Posten, beispielsweise die Zinsen (sowohl gezahlte als auch erhaltene Zinsen auf betrieblichen Konten). Die gezahlten Zinsen lassen sich nach kurzfristigen und langfristigen Zinsen gliedern, was einen Hinweis auf mögliche Einsparungspotenziale gibt.
Immer dann, wenn die kurzfristigen Zinsen zu hoch sind, sollte man über eine Umfinanzierung nachdenken. Da hier auch Verzugszinsen separat ausgewiesen werden, kann der Fachmann schnell erkennen, wie es um die Zahlungsmoral des Betriebes bestellt ist.
- Das Ergebnis vor Steuern ist dann der nächste Posten. Beim landwirtschaftlichen Einzelunternehmen sind die Steuern eine private Angelegenheit, weshalb sie (wie die privaten Versicherungsbeiträge) in der Bilanz unter Entnahmen ausgewiesen werden.
- Zum Schluss werden noch sonstige Steuern (meist Grundsteuern) dargestellt.
Gewinn oder Verlust?
Es ergibt sich dann das Jahresergebnis (Gewinn oder Verlust), das sich im Kapitalkonto auf der Passivseite der Bilanz wiederfindet.
Alle vorgenannten Posten sind im Jahresabschluss des BMEL (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft) mit Codes versehen, welche die Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Betrieben erleichtern.
Bei Vergleichen ist die Aufstellung des Betriebes ein wichtiger Punkt. Produzieren Sie beispielsweise Ihr Tierfutter komplett selbst, ist das nicht direkt mit einem Betrieb vergleichbar, der etwa Silomais zukauft. Hier empfiehlt es sich, die selbst produzierten Mengen mit Vergleichszahlen aus dem Landhandel zu bewerten, um dann beispielsweise zum einen erkennen zu können, wie gut der Ertrag aus dem eigenen Anbau war, und um eine objektive Vergleichsbasis zu anderen Betrieben des gleichen Produktionszweiges zu haben.
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