Auf jedem Hof entstehen zur Erzeugung der Leistungen Kosten. Diese zu kennen, ist unerlässlich. Nur so können Sie in Verhandlungen mit Ihren Abnehmern brauchbare Ergebnisse erzielen. Gerade in Zeiten steigender Kosten ist es wichtig, möglichst zeitnah reagieren zu können.
42€ pro Arbeitsstunde
Bei den folgenden Beispielen werden Arbeitskosten von jeweils mindestens 33€ für ungelernte Tätigkeiten, 42€ für Gesellenstunden und 52€ je Meisterstunde zu Grunde gelegt. In Anlehnung an die Stundenkalkulationen des Kuratoriums für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e.V. (KTBL) werden 42€ als durchschnittlicher Stundensatz angesetzt. In allen Wirtschaftsbereichen müssen Mitarbeiter nicht nur ihren Lohn und die Nebenkosten verdienen, sondern auch zum Gesamtergebnis des Betriebes beitragen. Das gilt in der Landwirtschaft genauso, weshalb eine Rechnung nur mit den effektiv entstehenden Lohnkosten viel zu kurz greift. Der landwirtschaftliche Geselle ist genauso qualifiziert wie der in der Werkstatt oder einem anderen Unternehmen – sehen Sie sich die Preise an, die Ihnen berechnet werden und handeln Sie entsprechend.
Kostenrechnung allgemein
Klassisch würde man in der Vollkostenrechnung nach Kostenarten, Kostenstellen und Kostenträgern unterscheiden. Zur Ermittlung der gesamten Produktionskosten ist diese Unterscheidung nicht zwingend erforderlich. Daher vereinfachen wir in diesem Beitrag die Kostenermittlung, sie wird damit auch praxisnäher und einfacher durchführbar. Es werden die vollständigen Kosten einer Periode (Wirtschaftsjahr oder kürzerer Zeitraum) ermittelt und den erbrachten Leistungen gegenübergestellt. Das Ergebnis sind Stückkosten je Einheit (Tier / kg Schlachtgewicht oder kg Milch).
Kalkulatorische Kosten
Neben den tatsächlich angefallenen Kosten, die auf den Konten gebucht werden, berücksichtigen wir am Schluss der Rechnung die kalkulatorischen Kosten. Das sind z.B. kalkulatorische Pachten für die eigenen Flächen, kalkulatorische Zinsen für das eingesetzte Vermögen und der kalkulatorische Unternehmerlohn, aus dem die Lebenshaltungskosten des Landwirts und seiner Familie, die Vorsorgeaufwendungen sowie die Steuern getragen werden müssen. Die anzusetzenden Beträge orientieren sich dabei immer an dem, was bei einer alternativen Nutzung zu erzielen wäre, also beispielsweise an der Pacht, die für zugepachtete Flächen bezahlt wird.
Anzumerken ist, dass die zur Kostenermittlung angesetzten Abschreibungsbeträge von denen der Buchhaltung abweichen können. Einen Schlepper kann der Landwirt beispielsweise steuerlich über acht Jahre abschreiben (vgl. Folge 9/2022, Seite 20 f) . Tatsächlich kann er ihn aber z.B. zwölf Jahre nutzen und mit den daraus resultierenden Zahlen rechnen.
Bei den Beispielen ist angenommen, dass der Betrieb nur ein Produkt (Ackerbau, Tierart oder Milch) erzeugt. Bei beispielsweise Ackerbau, Bullen- und Schweinemast in einem Betrieb kommt man um eine Zuordnung der Gemeinkosten auf die einzelnen Bereiche nicht herum. Das sollten Sie mit ihrem Berater gemeinsam erarbeiten. Gute Erläuterungen für einen ersten Überblick dazu finden Sie im Internet unter https://daten.ktbl.de/downloads/dslkr/Leistungs-Kostenrechnung.pdf.
Das Beispiel zur Bullenmast bezieht sich auf die vorige Ausgabe (Folge 12/2022, Seite 24 f). Die Preise sind Stand März 2022.
Direkte Kosten und Vollkosten
Neben den Futterkosten ist die Anschaffung des Kalbes ein erheblicher Posten. An direkten Kosten sind noch Tierarzt, Energie, anteilige Betriebsmittel und Maschineneinsatz sowie Beiträge und ähnliche zu berücksichtigen. Ebenso gehören die durchschnittlichen Verluste zu den Kosten, die berücksichtigt werden müssen, hier mit 3% angesetzt. Um zu den Vollkosten zu gelangen, kommen jetzt weitere anteilige Kosten hinzu:
Der Stallplatz wird mit 4000€ angesetzt, daraus ergibt sich eine jährliche Abschreibung bei einer unterstellten Nutzungsdauer von 20 Jahren von 200€. Dieser Zeitraum ist kürzer als der mögliche anzusetzende für das Gebäude und länger als der für die Einrichtung und stellt von daher einen Mittelwert dar. Das eingesetzte Kapital umfasst die Hälfte der Baukosten sowie 50% des als Summe/Tier ausgewiesenen Betrags und wird in diesem Beispiel mit 2,5% verzinst. Daraus ergeben sich die 123,25€. Nach KTBL fallen sechs Arbeitsstunden je Tier an, diese sind mit 42€ je Stunde berechnet. Daraus errechnen sich Vollkosten von 2181,05€ je verkauftem Bullen, was bei 420 kg Schlachtgewicht zu Kosten von 5,19€ je kg führt. Nochmal: Damit sind nur die Kosten gedeckt – erst bei höheren Preisen wird echter Gewinn erzielt.
Sauenhaltung: 6500 €
Nach dem aktuellen Stand der Diskussion (Stichwort Tierwohl) muss ein Sauenplatz mit zirka 6000 € kalkuliert werden. Mit den Anschaffungskosten (350 €) und Futterkosten der Jungsau bis zur ersten Belegung (150 €) sind insgesamt 6500 € Kapitaleinsatz erforderlich.
Kalkulation Ferkelaufzucht
Im Beispiel gehen wir von den Ist-Kosten für 29 verkaufte Babyferkel pro Sau und Jahr aus. Diese summieren sich je Ferkel auf knapp 73 €. Werden alle Kosten nach dem tatsächlichen Anfall berechnet, ist dieser Aufwand für Tierwohlferkel realistisch. Die Ferkelaufzucht verursacht weitere Kosten von rund 29€ je Ferkel, die bei Stallplatzkosten von 350€ je Ferkelplatz und der entsprechenden Absetzung für Abnutzung (AfA) und Verzinsung mit den übrigen Komponenten zu einem Preis von zirka 102€ je Ferkel führen.
Kalkulation Schweinemast
Der letzte Bereich in diesem Beispiel ist dann die Mast. Der Ferkelpreis ist durch den Viehhandel noch gestiegen. Die Futterverwertung und Futterkosten machen den zweiten großen Posten in der Berechnung aus. Auch hier kommen in der Vollkostenbetrachtung wieder die anteiligen Gebäudekosten hinzu, ebenso die kalkulatorische Verzinsung. Der ausgewiesene Kostensatz von etwa 2,45€ je kg Schlachtgewicht mag auf den ersten Blick erschreckend hoch sein – er spiegelt aber für dieses Beispiel (Neubau, aktuelle Futterkosten usw.) die tatsächlich zu berücksichtigenden Kosten wieder.
Jeder Betrieb ist anders
Soweit zu den praxisnahen Beispielrechnungen. Ihre betriebsindividuellen Werte ergeben sicherlich andere Zahlen. Die anzusetzenden Positionen entsprechen aber auch den hier dargestellten.
Die eigenen Kosten zu kennen und mit ihnen zu argumentieren bedeutet leider nicht automatisch, dass ihre Geschäftspartner diese auch so bezahlen – es ist aber ein wichtiger Schritt hin zum Ziel einer ertragreichen Landwirtschaft.
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