Keine Angst vor dem Rückbericht. Das Zahlenwerk ist zwar pflegeintensiv, doch es zahlt sich aus. Je detaillierter die Zahlen sind, desto besser klappt es in Sachen Unternehmens- und Liquiditätsplanung.
BWL Kompakt für Landwirte: Zahlen sind so wichtig wie die Arbeit auf dem Feld und mit den Tieren. In dieser fünfteiligen Beitragsreihe „Betriebswirtschaftliche Grundlagen für Landwirte“ dreht sich alles um Zahlen. Fachautor und Berater Rudolf Schüller, Mitarbeiter der Westfälisch-Lippischen Versicherungs- und Unternehmensberatung GmbH (WVU), erläutert die einzelnen Teile des Jahresabschlusses, gibt Zwischeninformationen und zeigt wichtige Kennzahlen auf - verständlich und mit der Brille, wie sie auch Ihr Kreditberater aufsetzt, um mögliche Risiken für die Bank möglichst frühzeitig zu erkennen.
Das sind die Themen:
Wie lese ich eine Bilanz? + Arbeitshilfe (Wochenblatt-Folge 8/2022)
Was steht in der GuV + Arbeitshilfe (Wochenblatt-Folge 9/2022)
Der Rückbericht: Ein Dokument mit sieben Siegeln? (Wochenblatt-Folge 10/2022)
Wichtige Kennzahlen I: Liquidität, Rentabilität, Vermögenslage + Formeln (Wochenblatt-Folge 11/2022)
Wichtige Kennzahlen II: Betriebliche Kennzahlen + Formeln (Wochenblatt-Folge 12/2022)
Kostenkalkulation und praktische Beispiele (Wochenblatt-Folge 13/2022)
Alle Themen sind gebündelt im Dossier: BWL für Landwirte - einfach erklärt
Die Rückberichte auf den Punkt erklärt
Die Rückberichte sind ein Instrument zur zeitnahen Unternehmens- und vor allem Liquiditätsplanung. Vorausgesetzt, die Buchhaltung wird richtig gepflegt. Zu den Rückberichten zählen der Geldbericht und der Natural- und Viehbericht.
Bewegung der Finanzkonten
Im Geldbericht werden auf der Basis der Einnahmen und Ausgaben die Bewegungen der Finanzkonten ermittelt. Dies ist nicht völlig deckungsgleich mit einer Cash-Flow-Betrachtung (der sog. Kapitalflussrechnung), welche sich immer weiter durchsetzt.
Kapitalflussrechnung ist hier ein leicht irreführender Begriff. Zum Kapital eines Unternehmens zählen auch die Sachwerte, während hier eine Geldflussberechnung gemeint ist.
Der Ausgaben- und Einnahmenteil des Geldberichts weist etliche Konten aus, die Sie bereits aus der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) kennen. Der Unterschied zum Jahresabschluss liegt zum einen in der Aktualität der Zahlen. Zum anderen weist der Geldbericht weder Abschreibungen noch Bestandsveränderungen aus. Die Abschreibungen werden meist erst im Jahresabschluss gebucht.
Naturalien- und Viehbericht
Arbeitshilfe zu Download (aktualisiert 2022)
Bestandsveränderungen können regelmäßig auch im laufenden Jahr erfasst werden: Diese finden sich dann im Natural- und Viehbericht.
- Die Bestands- und Bewegungsdaten dieses Teilberichts ermöglichen eine schnelle Übersicht der Naturalbewegungen. Als Grundlage für ein innerbetriebliches Controlling, aber auch als Basis für die Inventur sind sie gut geeignet.
- Auf den Sachkonten sollten deshalb sowohl im Aufwand (Diesel, Futtermittel, Saatgut usw.) als auch im Ertrag die entsprechenden Mengen und Mengeneinheiten gebucht werden. Dabei ist auch sauber zwischen Saatgut, Futter oder Handelsware zu unterscheiden. Die eigenproduzierten Mengen sind ebenfalls detailliert zu erfassen. Dann haben Sie verlässliche Zahlen, anhand derer Sie Ihren Erfolg nahezu jederzeit kontrollieren können.
- Im Viehbericht werden, ausgehend vom jeweiligen Anfangsbestand die Zukäufe, Geburten, Versetzungen (zwischen den verschiedenen Altersgruppen, zum Beispiel bei Kälbern hin zu Jungbullen), Verkäufe und auch Tierverluste dargestellt. Die rechnerischen Durchschnittsbestände und die Durchschnittspreise sowohl für Zukäufe als auch für Verkäufe geben einen schnellen ersten Eindruck über die Entwicklung im laufenden Jahr.
Den Blindflug vermeiden
Durch eine zeitnahe Buchhaltung vermeiden Sie hier einen Blindflug, der massive Folgen für den Betrieb haben kann. Aktuell ist es zwar so, dass beispielsweise die Milchpreise nach langer Stagnation steigen. Gleichzeitig steigen aber auch die Kosten überdurchschnittlich, sodass im Einzelfall trotz höherer Zahlen gar kein höherer Ertrag zu erwarten ist. Wer sich in einer solchen Situation nur auf sein Bauchgefühl bei den Zahlen in der Monatsabrechnung verlässt, bekommt eventuell später massive Magenschmerzen.
- Finanzkonten: Auswertungen zu den Finanzkonten, also vor allem die Entwicklung der Darlehenskonten und des Girokontosaldos helfen ebenfalls, eventuelle Schwachstellen im finanziellen Bereich schnell aufzudecken. Problematisch sind bei den meisten landwirtschaftlichen Betrieben nicht die Zinslasten, sondern die Höhe der Tilgungen. Für diese fehlt häufig, insbesondere wenn damit beispielsweise Entnahmen der Vergangenheit finanziert wurden, die entsprechenden Gegenposten (= die Abschreibungen), was dann immer wieder zu Belastungen der Liquidität führt.
- Privatkonten: Einen relativ großen Umfang nehmen die Privatkonten im Rahmen des Geldberichts ein. Hier werden alle laufenden Zahlungen, sei es für das Altenteil, sei es für Krankenkassenbeiträge, Alterskassenbeiträge, Steuerzahlungen usw. aufgelistet. Ebenso sind alle entsprechenden Erstattungen und Einlagen hier gebucht. Damit erhalten Sie jederzeit einen Einblick in die Gesamtkosten der privaten Lebenshaltung.
- Kontenschreibung: Aus Ihrer Buchführung kann Ihr Steuerberater auch einzelne Konten mit allen Buchungen des laufenden Jahres ausdrucken. Diese Kontenschreibung genannte Auswertung kann im Einzelfall nützlich sein, um ungewöhnliche Kostenentwicklungen wie beispielsweise stark angestiegene Reparaturaufwendungen im Einzelfall nochmals zu prüfen.
- Vergleichsauswertungen: Im Industrie- oder Handwerksbetrieb fallen alle vorgenannten Auswertungen in die Kategorie der „betriebswirtschaftlichen Auswertung (BWA)“. Neben den laufenden Zahlen sind hier auch verschiedenste Vergleichsauswertungen möglich. Dies reicht vom gleichen Monat des Vorjahres über Quartals- und Halbjahreszusammenfassungen mit entsprechenden Vorjahreswerten bis hin zu mehrjährigen Vergleichen.Aus solchen Unterlagen können Sie bereits im laufenden Jahr erkennen, was sich gegenüber bestimmten Vorperioden wie verändert hat und rechtzeitig Maßnahmen einleiten, wenn es gilt, unliebsamen Entwicklungen entgegenzusteuern.
Rückbericht braucht Pflege
Daher an dieser Stelle nochmals der Appell: Alle Auswertungen sind nur so gut, wie die ihnen zugrunde liegende Buchhaltung aktuell ist. Je detaillierter die Zahlen erfasst werden, desto höher ist die Aussagekraft der einzelnen Unterlagen. Fragen Sie Ihren Steuerberater, welche Auswertungen er für Ihren Betrieb für sinnvoll hält und werten Sie diese regelmäßig aus. Im Rating der Banken wird unter anderem beurteilt, inwieweit der Unternehmer mit den Zahlen seines Betriebes vertraut ist. Hier können Sie punkten. In der kommenden Woche, in Wochenblatt-Folge 11, geht es in dieser Serie um die Kennzahlen, welche der Unternehmer im Blick haben sollte, um seinen Betrieb erfolgreich zu steuern.
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