Kunstkurs im Sauerland

Ein Dorf macht Kunsturlaub: Kallenhardter Kunsttage

Ob Beton, Metall oder Stein – auf den Kallenhardter Kunsttagen gilt das Motto: Einfach machen.

Klonk, klonk, klonk – schallen Hammerschläge über das Bergdorf Kallenhardt im Kreis Soest im Sauerland. Bei genauem Hinhören ist auch noch das schabende Geräusch von Schleifpapier und Gelächter von einem Duzend Menschen zu vernehmen. Sie gehören zu den 63 Teilnehmern und Teilnehmerinnen der Kallenhardter Kunsttage.

Drei Tage lang malen, schweißen und feilen sie an ihren Kunstwerken quer durch den Ort verteilt. Im Zentrum des Dorfs sind weiße Pavillons aufgebaut, unter denen Steinhauer neben Holzbearbeitern fleißig werken. Mitten unter ihnen: Rudi Henneböhl. „Das Arbeiten und vor allem das Zusammensein hier ist etwas ganz besonderes“, erzählt er strahlend. Der 86-Jährige ist der älteste Dozent und schon seit 15 Jahren dabei – genauso ­lange, wie es die Kunsttage und den dazugehörigen Verein gibt.

Der Feinschliff: Hier werden die letzten Schichten Beton aufgetragen, bevor die Skulptur ebenso wie alle anderen Kunstwerke im Dorf ausgestellt wird. (Bildquelle: Nienhaus)

Startpunkt: Steinbruch

2009 fand der Workshop zum ersten Mal statt. Seitdem verwandelte sich das 1600-Seelen-Dorf jedes Jahr in einen Ort der Kunst – bis auf zwei Jahre Coronapause. „Wir haben geweint, weil wir nicht zusammen kommen konnten“, sagt Rudi. Bei der Begeisterung mit der er seinen Workshop betreut, glaubt man ihm das aufs Wort.

Anders als die anderen Kurse trifft sich die Gruppe der Steinhauer bereits einen Tag vor Beginn der Kunsttage, um gemeinsam zum ­nahe gelegenen Steinbruch nach Rüthen zu fahren. Hier sucht sich jeder einen Sandstein aus, mit dem sich die eigene Idee verwirklichen lässt. Natürlich ist auch Rudi mit von der Partie. „Er schaut ganz ­genau hin, damit wir uns keinen zu harten Stein aussuchen, oder ­einen, der eine lästige Ader hat“, erklärt Luise Steinhauer, eine der Teilnehmerinnen.

Teilnehmerin Luise Steinhauer hat das erste Mal mit acht Jahren bei den Kunsttagen mitgemacht. Seither ist die 23-Jährige jedes Jahr dabei. (Bildquelle: Nienhaus)

Die 23-Jährige ist schon seit Beginn der Kunsttage mit dabei und hat sich seither kein Jahr entgehen lassen. „Ich habe auch schon mal getöpfert und war einmal im Holzkurs, aber ansonsten war ich immer im Team Stein“, erzählt sie mit einem Blick auf ihren Dozenten. „Solange Rudi den Kurs leitet, möchte ich auch nichts anderes machen.“

Vorkenntnisse müssen die Teilnehmenden nicht mitbringen. „Wichtig ist mir vor allem, dass jeder jeden Handschlag selbst tut“, sagt Rudi bestimmt. „Das macht am meisten Spaß.“

Dieses Leitmotto wird auch in den übrigen acht Kunstkursen beherzigt. Die Teilnehmenden melden sich im Voraus für ­einen der Kurse an. Dabei gibt es „Holz mit Hubert“, „Silberschmuck bei Uschi“, „Metall mit Günter“, „Beton mit Josch“ sowie noch einen Kurs zum Upcycling, einen weiteren Holzkurs und zwei Malkurse. Jeder Kurs kostet 140 € pro Person. Hinzu kommen Kosten für die Materialen.

Auf Farbe und Leinwand lernten die Teilnehmenden neue Maltechniken wie das Rakeln kennen. (Bildquelle: Nienhaus)

Von Holz bis Metall

Ebenso unterschiedlich wie die Themen sind die Dozenten. So haben manche ihr Hobby zum Beruf gemacht und sind selbst Künstler, andere kommen aus dem Handwerk. „Ich bringe nur mein fachliches Wissen ein und helfe mit den Werkzeugen“, sagt Gregor Meschede, gelernter Tischler und Leiter eines Holzkurses. „Das Kreative kommt dann von meinen Kursteilnehmern.“

Hier entsteht gerade eine Schale aus Pflaumenholz. Die Ideen kommen von den Teilnehmenden, die Dozenten unterstützen mit ihrem handwerklichen Wissen. (Bildquelle: Nienhaus)

Anleitung braucht es auch, denn so manches Gerät, wie der Plasmaschneider im Eisenkurs, oder das Werken mit Beton ist für viele neu.

In der Mittagspause strömen die Kunstschaffenden von den Pavillons, aus der nahe gelegenen Grundschule, dem Pfarrheim und aus ­einer einige Kilometer entfernten Halle zusammen. Die Orte sind im Dorf verteilt. „Es ist gar nicht so einfach, genügend Platz für so viele Künstler und Künstlerinnen zu finden“, sagt Sandra Müller-Steinhauer, eine der vier ehrenamtlichen Organisatorinnen.

Im Kurs „Metall mit Günter“ übten sich die Teilnehmenden im Ungang mit Plasmaschneider und Schweißgeräten. (Bildquelle: Nienhaus)

Mittags wird gemeinsam gegessen. Statt Pommes und Currywurst gibt es heute afghanisches Essen. An den Bierzeltgarnituren mischen sich die Gruppen und es wird von Problemen und dem Status quo der ­eigenen Kunstwerke berichtet. Morgen muss alles fertig sein – denn dann wird ausgestellt. So haben die Teilnehmenden ihren Reis schnell verspeist, damit weiter gewerkelt werden kann.

Urlaub oder Urlaub?

Am letzten Tag dürfen alle Kallenhardter die Kunst bei einer Ausstellung genießen. Tatsächlich kommt der Großteil der Künstler nicht aus dem Dorf, sondern aus der umliegenden Region. „Mir ist das ständige Klopfen nach einigen Jahren extrem auf den Geist gegangen“, erzählt Ralf Kühnen lachend, der direkt neben den Pavillons wohnt, unter denen an Holz und Stein gearbeitet wird. Da konnte ich mich entscheiden: In den Urlaub fahren oder mitmachen.“ Der Meißel in seiner Hand macht jede weitere Erklärung überflüssig.

Auch Teil der Ausstellung: Metall­hirsche,silberne Spinnen und wie hier Eisenhirsche. (Bildquelle: Nienhaus)

Urlaub ist auch das Wort, das die meisten Teilnehmer und Teilnehmerinnen verwenden, wenn sie nach den Kunsttagen gefragt werden. Trotz langer Tage inklusive Muskelkater oder Staub und Dreck in der Nase sind viele der Kunstschaffenden schon öfter dabei, als man es an einer Hand abzählen kann. Und so wird das Hämmern auch im nächsten Jahr wieder Kallenhardt erfüllen und die Devise lauten: In den Urlaub fahren, oder Urlaub auf den Kunsttagen machen.

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