Das Erbe der Landesgartenschauen
Rund ein halbes Jahr stehen sie im Rampenlicht, sind Ziel zahlreicher Ausflügler und Gartenliebhaber. Doch was bleibt, wenn der Gartenschausommer zu Ende ist?
Die Erste: Hamm
Die Landesgartenschau in Hamm 1984 war ein Novum: Sie war nicht nur die erste nordrhein-westfälische Gartenschau überhaupt, sie nahm sich mit der ehemaligen Zeche Maximilian auch ein Stück Industriekultur vor. Entstanden ist der Maximilianpark Hamm, der Kunst und Landschaftsbau, Industriekultur und Staudenbeete vereint. Die Landesgartenschau sollte einen Aufbruch in eine bessere Zukunft markieren. Symbol des Wandels war und ist ein riesiger begehbarer Glaselefant, den der Künstler Horst Rellecke an der ehemaligen Kohlenwäsche installierte.
Fast 40 Jahre später ist nicht nur der Glaselefant als Wahrzeichen Hamms geblieben. Der Maximilianpark Hamm ist bis heute ein beliebter Freizeit- und Erholungspark und lockt auch lange nach der Gartenschau international bedeutende Landschaftsarchitekten nach Hamm. So gibt es seit 2011 einen Staudengarten des Gartenkünstlers Piet Oudolf zu bewundern.
Übrigens: Streng genommen fand die erste nordrhein-westfälische Schau 1970 in Grefrath statt. Etwa 300.000 Gäste besuchten den Erholungs- und Sportpark „Im Schwingbogen“, der die Gemeinde rund 1,2 Mio. DM kostete. Hamm markiert die erste Gartenschau in ihrer heutige Form – verstanden als „Motor der Stadtentwicklung“.
Die Teuerste: Hemer
Die Landesgartenschau 2010 in Hemer fand auf geschichtsträchtigem Gelände statt: Während des Zweiten Weltkrieges lag dort eines der größten Kriegsgefangenenlager Deutschlands. Nach Ende des Weltkrieges wurde das Lager als Militärstandort genutzt. Mit dessen Auflösung 2007 stand die Stadt Hemer vor der Aufgabe, die frei werdenden Gebäude und Flächen neu zu nutzen. Diese städtebauliche Umgestaltung wurde gemeinsam mit der Landesgartenschau angepackt.
Keine drei Jahre nach Abzug der Bundeswehr eröffnete die Schau auf 32 ha ihre Tore. Der hohe Sanierungsbedarf des Kasernengeländes sowie Investitionsbedarf der Stadt Hemer führten zu einem Rekordhaushalt: Mit knapp 23 Mio. € Investitions- und 12,7 Mio. € Durchführungshaushalt schlug Hemer zu Buche – und war damit bis zur Schau in Höxter die teuerste Gartenschau NRWs. Ein Teil des Geländes eröffnete 2011 als kostenpflichtiger „Sauerlandpark Hemer“ wieder. Themengärten, Spielplätze, der 23 m hohe Jübergturm sowie der Irrgarten sind geblieben.
Die Erfolgreichste: Oelde
Gemessen an den Besucherzahlen war die Landesgartenschau 2001 in Oelde, Kreis Warendorf, die erfolgreichste der nordrhein-westfälischen Schauen. 2,23 Mio. Gäste besuchten das 44 ha große Gelände. Allerdings wurde die Zählweise mittlerweile digitalisiert, weshalb Besucherzahlen früherer Gartenschauen schwer mit den heutigen Zahlen zu vergleichen sind. Die Oelde-Macher setzten von Beginn an auf die Zielgruppe Familien und Kinder. Spielburg, Baumhäuser und Floßfähre warteten auf die kleinen Besucher. In der historischen Wassermühle wurde das interaktive Kindermuseum „Klipp Klapp“ eröffnet.
Auch heute bleibt das Gartenschau-Areal seiner Zielgruppe treu. Ein Teil des Geländes wird als kostenpflichtiger „Vier-Jahreszeitenpark“geführt und richtet sich weiter konsequent an Kinder und Familien. Es finden Veranstaltungen und Konzerte statt, neben dem Kindermuseum gibt es im Park ein Freibad sowie im Winter eine Eisbahn.
Die Einzige: Kamp-Lintfort
Starten oder verschieben? Als 2020 die Corona-Pandemie ihren Anfang nahm, wurde diese Frage nicht nur in Kamp-Lintfort diskutiert. Am Ende war die Landesgartenschau am Niederrhein jedoch die einzige, die im ersten Corona-Jahr bundesweit an den Start ging. Unter dem Motto „Kloster, Kohle, Campus“ wurde die mitten in der Stadt liegende, 25 ha große Industriebrache des ehemaligen Zechengeländes der Schachtanlage Friedrich Heinrich 1/2 zur Parkanlage umgestaltet. Auch das denkmalgeschützte Kloster Kamp mit seinem Terrassengarten wurde in die Planung eingebunden. Die Gartenschau verbindet so zwei historische Wurzeln der Stadt.
Nach der Schau bleibt der Zechenpark mitsamt Spielplatz, Streichelzoo und befahrbarem Förderturm erhalten. Die Gartenschau markierte allerdings nur den Anfang bei der Entwicklung des Zechengeländes. Auf dem ehemaligen Industrieareal soll ein vollkommen neuer Stadtteil mit bis zu 1000 Wohnungen entstehen: das Quartier „Friedrich Heinrich“. Angepeiltes Ziel ist ein erster Spatenstich im Jahr 2024. Und einen weiteren Anstoß lieferte die Schau: die Reaktivierung der Bahnstrecke von Kamp-Lintfort nach Moers. Denn Kamp-Lintfort ist die drittgrößte Stadt in Deutschland ohne eigenen Schienenanschluss. Während der Gartenschau wurde die stillgelegte Bahnstrecke bereits für den Pendelverkehr reaktiviert. Der reguläre Betrieb soll voraussichtlich 2026 starten.
Wie geht es weiter nach 2029?
Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat Landesgartenschauen für die Jahre 2026 und 2029 ausgeschrieben – und an Neuss schon den Zuschlag für 2026 erteilt. Die Ausschreibung für das Jahr 2029 läuft noch bis März 2024, unter anderem Steinfurt und Verl arbeiten an einer Bewerbung. Auch nach 2029 soll es mit den Landesgartenschauen in NRW weitergehen. Dies teilte das Landwirtschaftsministerium auf Wochenblatt-Nachfrage mit. Die nächste Ausschreibungsrunde ist für 2025 geplant.
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