Und die Bauern warten ...

Nach dem Rücktritt von Christina Schulze Föcking vergangene Woche muss NRW-Ministerpräsident Armin Laschet eine neue Ministerin oder einen neuen Minister finden – mit Mut und „dickem Fell“, politischer Erfahrung und Fachkompetenz gleichermaßen. Das wird nicht einfach sein.

Ein knappes Jahr war Christina Schulze Föcking Landwirtschaftsministerin in Düsseldorf. Zwei wichtige Erkenntnisse hat diese kurze Amtszeit gebracht.

1. Der Verfall der politischen Kultur in unserer Gesellschaft ist viel größer als bisher angenommen. Noch nie ist ein Regierungsmitglied so gezielt und mit so unfairen Mitteln öffentlich zum Abschuss freigegeben worden. Das muss allen Demokraten zu denken geben, nicht nur den politischen Freunden der früheren Ministerin.

2. Für die Landwirte in Nordrhein-Westfalen war das erste Jahr der Regierung Laschet ein verlorenes Jahr. Sie warten weiter auf wegweisende Entscheidungen, die ihnen und ihren Familien das Leben und Wirtschaften auf den Höfen erleichtern sowie einen Kurs für die Zukunft aufzeigen. Über erste Ansätze einer sachgeprägten Veränderung der Landesagrarpolitik ist Schulze Föcking nicht hinausgekommen. Angekündigt hatten sie und ihr Staatssekretär Heinrich Bottermann eine Menge, aber nicht umsetzen können. Ob das allein an den unwürdigen Angriffen lag, bleibt heute dahingestellt.

Armin Laschet muss nun eine neue Ministerin oder einen neuen Minister finden – mit Mut und „dickem Fell“, politischer Erfahrung und Fachkompetenz gleichermaßen. Das wird nicht einfach sein. Eine längere Vakanz kann sich kein Ministerium leisten. Aber noch wichtiger als eine schnelle Neubesetzung ist es, die richtige Person auszuwählen. Jedenfalls reicht es nicht, nach Geschlechterquote, Regionalproporz oder ähnlichen „Qualifikationen“ zu schauen. Hier nur zwei Themen, die auf den Nägeln brennen:

NRW ist Veredlungshochburg. Die jüngsten Bundestagsbeschlüsse zur Reduzierung der Ammoniakemissionen sowie die neue Düngeverordnung belasten die Tierhalter schwer. Die Forderung nach kostspieliger Sanierung von Fahrsilos und Mistplatten lässt etlichen Betrieben keinen Ausweg als die Aufgabe der Tierhaltung. Welche Perspektiven haben die Betroffenen?

Die Gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Union (GAP) steht an einem Scheideweg. Letztendlich geht es darum, ob zwischen kapitalgesteuerten Großkonzernen auf der einen und Bilderbuch-Ökobauernhöfen auf der anderen Seite die viel beschworenen Familienbetriebe dauerhaft noch eine Chance haben. Für eine gelungene Reform der GAP ist es wichtig, dass Deutschland in Brüssel mit einer Stimme spricht – und die richtigen Ziele verfolgt. NRW hat in diesem Jahr den Vorsitz in der Agrarministerkonferenz des Bundes und der Länder. Und ausgerechnet jetzt ist der Ministerposten verwaist.

Düsseldorf muss bald wieder handlungsfähig sein, damit auch in Berlin und Brüssel die Weichen richtig gestellt werden können.

Mehr zum Rücktritt von Christina Schulze Föcking lesen Sie hier:

NRW-Landwirtschaftsministerin Christina Schulze Föcking hat ihren Rücktritt erklärt. Dies gab sie am Dienstag (15.05.2018) auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz bekannt.

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