Milchpreise

DMK: Wann gibt´s mehr Milchgeld

Etliche Lieferanten Deutschlands größter Molkereigenossenschaft sind enttäuscht: Der Grundpreis lag im August bei 34,10 Cent/kg – das reicht nicht. Was sind die Gründe und wann geht es bergauf?

Von 57,10 Cent/kg Grundpreis im Januar auf 34,10 ct/kg im August: Das ist ein Rückgang von 23 Cent/kg Milch innerhalb von acht Monaten. Wie erklären Sie diese Preissituation Ihren Mitgliedern, Herr Dr. Hein?

Wir beobachten aktuell die Rückseite der Medaille des historischen Milchjahres 2022 mit 61 Cent/kg Milchgeld in der Spitze. Seit Beginn dieses Jahres hat die gesamte Branche den Marktentwicklungen folgend ihre Auszahlung reduzieren müssen.

Wie viel welche Molkerei das Milchgeld reduziert, hängt maßgeblich mit den Verwertungen, bzw. ihrem Produktportfolio zusammen. Wir haben zu Beginn des Jahres die Preise im Vergleich zu anderen Milchverarbeitern länger auf einem höheren Niveau gehalten. Im zweiten Halbjahr liegen wir allerdings hinter unseren Ambitionen.

Trotzdem sind wir im Schnitt des Jahres 2023 noch bei mehr als 40 Cent/kg Milch.

Dr. Klaus A. Hein, Geschäftsführer Deutsches Milchkontor eG (Bildquelle: DMK)

Setzt das DMK auf das falsche Produktportfolio?

Wir gehörten mit diesem Portfolio im letzten Jahr zu den Spitzenauszahlern. So falsch kann unser Sortiment also nicht sein.

Allerdings produzieren wir vor allem Käse. Hier beobachten wir aktuell starke Schwankungen bei den Verwertungen. Käse ist aufgrund der Reifezeiten mit hohen Beständen auf Lager. Der Wert unseres Bestandes war Anfang des Jahres deutlich höher als er es jetzt ist, was in der Folge zu einer ergebnisrelevanten Bestandsabwertung führt - sprich die schon produzierte Ware im Lager ist jetzt weniger wert, als sie es Anfang des Jahres war.

Das ist derzeit der Unterschied zu anderen Molkereien, die aufgrund von Frischeprodukten kaum Lagerbestand haben.

Sind Sie zufrieden mit der aktuellen Auszahlungsleistung Ihrer Molkerei?

Wir haben drei Jahre in Folge auf bzw. 2022 über dem Schnitt auszahlen können. Natürlich sind wir da dieses Jahr nicht zufrieden. Die Stimmung ist regional aber sehr unterschiedlich.

Gibt es vermehrt Kündigungen?

Nein. Wir verarbeiten dieses Jahr sogar mehr Milch als 2022.

Können DMK-Lieferanten ihr Milchgeld über die Mehrwertprogramme QM+ und QM++ aufwerten?

QM+ für Haltungsform Stufe 2 haben wir angeboten. Leider gibt es von der Marktseite keinerlei Nachfrage. Der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) hat QM+ nicht gespielt, sondern direkt auf Haltungsform 3, also QM++, gesetzt.

Allerdings gibt es auch für QM++ ausschließlich Anfragen für Trink- und H-Milch. Wir planen an unserem Standort in Erfurt die Umstellung der H-Milch auf QM++, bzw. Haltungsform 3 für Handelsmarken ab Januar. Das betrifft etwa 3 bis 5 % unserer Milchmenge.

Welchen Mehrwert bekommen Ihre Lieferanten für QM++?

Die Landwirte im Erfassungsgebiet Erfurt können ihre Betriebe umstellen und erhalten einen Bonus von 3 Cent/kg Milch. Mitglieder, die nicht dort ansässig sind, können sich ebenfalls QM++ zertifizieren lassen und so zumindest Boni für die Schlachtkühe generieren. Wir übernehmen die Auditkosten.

Was ist mit der gelben Linie?

Bisher gibt es keine Signale von Seiten des Handels auch Käse in Haltungsform 3 auszuloben. Wir sind hierzu bereit. Insgesamt ist das Marktgeschehen dynamisch und wird sich 2024 weiterentwickeln.

Eine Herausforderung wird, dass wir die Zuschläge für QM++ dauerhaft beim LEH durchsetzen.

Nachdem Ihre Mitglieder im vergangenen Jahr kurz aufatmen konnten, ist das DMK erneut Schlusslicht im Norden. Das drückt bei vielen Betrieben auf die Liquidität. Wann geht es wieder bergauf mit dem Milchgeld?

Die Frage spiegelt nicht die Tatsachen: Ich habe gerade gesagt - hinter uns liegen gute Jahre im Wettbewerbsvergleich - daran wollen wir 2024 natürlich wieder anschließen. Wir rechnen bei einer besseren Verwertungsbasis auch mit einem entsprechend steigenden Milchpreis in den nächsten Monaten.

Das DMK schreibt sich, wie in der aktuellen Milchwelt-Ausgabe zu lesen ist, das Thema Nachhaltigkeit auf die Fahnen. In welcher Form kommt ihr Nachhaltigkeitsbestreben auf den Höfen Ihrer Mitglieder an?

Landwirte wollen ihren Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit leisten, dazu muss aber die Wertschöpfung bei ihnen auf den Höfen ankommen. Die CO2-Reduktion bringt uns bisher keinerlei monetären Mehrwert. Leider führen wir teilweise Diskussionen, um überhaupt am Markt zu bleiben. Wir müssen uns also damit beschäftigen um als Branche zukunftsfähig zu sein und hier auch im Sinne der Betriebe mitgestalten zu können. Das Thema Nachhaltigkeit ist anders gesagt aktuell unsere „Licence to produce“.

Der deutsche LEH ist momentan mit den Themen Tierwohl und Inflation völlig ausgelastet. Dort gibt es gerade keine Chance auf eine Kommerzialisierung von CO2. Anders sieht es aber perspektivisch bei internationalen Lebensmittelkonzernen aus.

Aus meiner Sicht ist es nicht zielführend, wenn wir mit unseren Mitbewerbern in einen Nachhaltigkeitswettbewerb eintreten. Wir können und wollen das Thema nur gemeinsam mit unseren Landwirten angehen.

Sie sind also kein Fan von den verschiedenen Tools zur Berechnung des CO2-Fußabdrucks.

Nein. Wir erfassen in unsererm Milkmaster-Programm den CO2-Fußabdruck mit dem Agrarklimacheck, der auf der Bewertungsgrundlage der niedersächsischen Landwirtschaftskammer aufbaut.

Mein Wunsch ist, dass wir die Toollandschaft überschaubar halten und uns für einen Tool in Deutschland und am liebsten auch auf EU-Ebene entscheiden. Ansonsten bleiben wir in einer Spirale des Überbietens bei nicht vorhandener Wertschöpfung.

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