Schlechte Strohqualitäten 2023
Womit Rinder einstreuen?
Pilziges und feuchtes Getreidestroh ist diesen Sommer keine Seltenheit. Doch was bedeutet das für den Einsatz im Milchkuh-, Kälber- und Bullenstall?
Zumindest die Gerstenernte verlief in diesem Jahr bei den meisten Landwirten gut: Qualitativ hochwertiges Korn und viel Stroh kamen zusammen. Wer auf Gerste gesetzt und die Lager bereits gefüllt hat, ist erleichtert. Ganz anders sieht es mit Weizen, Triticale und Roggen aus. Starkregen und viel zu kurze Regenpausen haben die Ernte in den meisten Regionen erschwert. Während der Ernte stand so mancher Landwirt verzweifelt auf dem Acker: Etliche Bestände lagen, teilweise hat das Getreide auf dem Boden bereits wieder gekeimt.
Pilze und Schimmel
Milchviehhalter sowie Bullenmäster fragen sich: Womit streuen wir diesen Winter ein? Für Dr. Georg Teepker, Berater für Rinderhaltung bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, ist klar: „Alle, die genügend Gerstenstroh oder noch alte Lagerbestände haben, können aufatmen.“ Doch auch Weizen-, Triticale- oder Roggenstroh lassen sich teilweise nutzen. „Allerdings sollten Landwirte ihre Kälber und Frischmelker nicht mit pilzigem Stroh streuen“, betont er. Durch Pilzbelastung in der Stallluft steigt die Infektanfälligkeit.
Vor allem Schimmel und Pilze sind in diesem nassen Jahr ein Problem, weiß auch Gert Borcherding vom Beratungsring Altkreis Lingen, Emsland. Das Roggenstroh scheint vielerorts noch besser zu sein als Triticale und Weizen. „Insgesamt gibt es genügend Stroh. Rinderhalter müssen notfalls bessere Qualitäten zukaufen und schlechtes Stroh gegebenenfalls häckseln, um den Düngewert zu nutzen.“
Beide Berater betonen, dass man die Ernte realistisch betrachten müsse: „Das Stroh, welches noch geht, muss sinnvoll genutzt werden.“ Große Tretmistställe für 600 Mastbullen beispielsweise brauchen eine Menge Stroh im Jahr. „Ältere Bullen können auch schlechtere Qualitäten wegstecken. Allerdings streut das Stroh voraussichtlich schlechter“, erklärt Borcherding. Teepker fügt hinzu: „Wichtig ist, das nicht zu 100 % trockene Stroh in Rundballen zu pressen.“ Diese sind nicht so stramm gepresst wie Quaderballen. „Ansonsten gleicht ein Strohballen beim Zerstreuen schimmeligen Betonplatten.“
Alternativen zu Stroh
Es gibt auch Alternativen zu Getreidestroh:
- Rapsstroh: Allerdings ist die Rapsernte bereits beendet.
- Sägespäne oder Sägemehl aus den Holzwerken: Könnte sich zumindest dafür eignen, Liegeboxen im Kuhstall zu streuen.
- Maisstroh: Der Mais steht noch. Allerdings wird Maisstroh voraussichtlich zu feucht sein.
- Abgepresstes Gärsubstrat: Kommt in einigen Betrieben in den Liegeboxen der Kühe erfolgreich zum Einsatz. Rechtlich aber ein schwieriger Graubereich. Gute Boxenpflege und intensive Beobachtung der Herdengesundheit sind Voraussetzung.
- Sand: Könnte eine Möglichkeit für Kranken- oder Abkalbeställe sein. Das Saugvermögen und die Trittsicherheit sind sehr gut.
- Fertige Einstreumöglichkeiten: Landwirte können Stroh beispielsweise aus den Niederlanden oder Frankreich zukaufen. Gerade in Frankreich ist die Ernteprognose höher als in den Vorjahren. Allerdings gab es auch dort einen nassen Sommer.
Hierzulande kostet gutes Stroh momentan schätzungsweise 80 bis 100 €/t, sagt Borcherding. Das Preisniveau kann jedoch steigen.
Auswuchsgetreide
Neben fehlendem Stroh kann auch das Getreide in der Ration zum Problem werden. Viele Landwirte haben mit Auswuchsgetreide (Körner keimen schon in der Ähre oder Rispe) zu kämpfen. „Durch den Keimvorgang werden Stärke und Eiweiß mobilisiert“, erklärt Andrea Meyer, Fütterungsberaterin bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen.
„Durch den Abbau von Reineiweiß steigt der Gehalt an Nicht-Protein-Stickstoff (NPN), dies ist aber auf dem Analysenbefund nicht erkennbar.“ Das Enzym Amylase baut einen Teil der Stärke zu Zucker ab und erhöht dadurch den Zuckergehalt. Folglich schmecken die Körner süßlicher. „Der schnelle Stärkeabbau kann bei Wiederkäuern zu pH-Veränderungen im Pansen (Acidose-Risiko) führen, deshalb sollten Rinderhalter den Einsatz von Auswuchsgetreide in der Ration begrenzen“, sagt Meyer.
Es bestehe zudem die Gefahr einer Pilz- bzw. Toxinbelastung, wobei eher mit Lager- als mit Feldpilzen zu rechnen sei. Kälber reagieren darauf empfindlich und sollten deshalb kein Auswuchsgetreide fressen, betont Meyer. Ansonsten können etwa 30 % Auswuchsgetreide der gesamten Getreidemenge verfüttert werden.
Sie rät Landwirten, ihr Getreide analysieren zu lassen, um Informationen zum Futterwert und zum Hygienestatus zu bekommen. Ganz wichtig ist eine schnelle Konservierung.
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