Sieben Technik-Tipps

Ernte: Schnell, aber bodenschonend

Auch wenn das Getreide zügig vom Acker muss, der Boden darf nicht darunter leiden. Mit einfachen Mitteln vermeiden Sie unnötige Bodenverdichtungen und ersparen sich damit Ärger in den Folgekulturen.

Die Ernte des noch verblie­benen Getreides wird auf weitgehend wassergesättigten Böden stattfinden. Damit ist die Gefahr für Bodenverdichtungen besonders groß. Jetzt heißt es umdenken. Denn mit den bei Trockenheit geübten Arbeitsabläufen sind großflächige Schäden an der Bodenstruktur vorprogrammiert. Schäden, die sich meist nicht einfach reparieren lassen und Auswirkungen auf die Erträge der Folgekulturen haben werden.

Mit nur wenigen Änderungen an den Arbeitsabläufen lassen sich negative Auswirkungen auf den Boden vermindern, ohne die Ernte übermäßig in die Länge zu ziehen.

Bei uns geben der Mähdruschexperte Prof. Thomas Rademacher von der Technischen Hochschule Bingen und Landtechnik-Fachmann Alexander Czech von der Landwirtschaftskammer NRW ihre Tipps für eine bodenschonende Ernte.

Reihenfolge festlegen

Nicht jeder Schlag ist gleich. Wirtschaften Sie auf unterschiedlichen Böden, raten unsere Fachleute: Nehmen Sie die Flächen in Augenschein und nutzen Sie auch den Spaten für die Bodenbeurteilung. Legen Sie dann die Erntereihenfolge nach Befahrbarkeit fest.

Am Feldrand abtanken

Getreide während der Fahrt vom Mähdrescher auf den Anhänger überzuladen, spart Zeit und ist unter trockenen Bedingungen kein Problem. Gegenwärtig ist der Bodenschutz jedoch wichtiger als der Faktor Zeit – bedenken Sie die Folgekosten der Bodenverdichtungen.

Deshalb den Korntank nur teilbefüllen und am Feldrand über­laden. (Bildquelle: Asbrand)

Alternativ nutzen die Abfuhrgespanne ausschließlich die vorhandenen Fahrgassen und fahren darin so nahe wie möglich an den Mähdrescher heran.

Weniger Bodendruck

Auch wenn das Befahren der Böden derzeit grenzwertig ist, das Getreide muss vom Feld. Um den Boden dabei so wenig wie möglich zu belasten, müssen die Zahl der Überfahrten und die Radlast der Fahrzeuge auf dem Acker so gering wie möglich sein. Den Reifeninnendruck zu reduzieren, ist die einfachste und kostengünstigste Maßnahme. Je nach Reifenbauart kann die Halbierung des Innendrucks zu einer Verdoppelung der Aufstandsfläche führen – das funktioniert aber nicht ohne „Nebenwirkungen“.

Denn die Tragfähigkeit eines Reifens ist ganz wesentlich von seinem Reifeninnendruck und der Fahrgeschwindigkeit abhängig. Ein geringerer Reifeninnendruck ist immer mit einer herabgesetzten Trag­fähigkeit verbunden.

Das Absenken des Reifendrucks am Mähdrescher bedeutet dann meist, dass der Korntank nicht mehr voll ausgeladen werden kann. Abgesehen davon sollte das Korntankvolumen jetzt ohnehin nicht ausgereizt ­werden.

Auch Bandlaufwerke weisen eine größere Aufstandsfläche als Einzelbereifungen auf. Wenn möglich, sollte auf besonders kritischen Flächen diese Variante den Vorzug erhalten. Allerdings werden die wenigen Lohnunternehmerfahrzeuge begehrt sein. (Bildquelle: Wobser)

Auskunft über den Zusammenhang von Reifeninnendruck und Tragfähigkeit geben die technischen Reifendaten der Hersteller. Viele Hersteller bieten diese als Übersicht oder Download im Internet an.

Einen kleinen Vorteil haben Fahrzeuge, die mit IF- oder VF-Bereifung ausgerüstet sind. Bei gleicher Traglast verkraften sie etwa 20 bzw. 40 % geringeren Luftdruck als Standardreifen.

Den Rand stehen lassen

Ist ein Schlag durch Gräben oder Wald begrenzt, lautet eine Empfehlung, zunächst eine Mähwerksbreite zum Rand stehen zu lassen. In diesen Bereichen sind nasse Stellen besonders häufig. Bekannte „Feuchtbiotope“ auf dem Feld sollten von vorneherein gemieden und die Pflanzen zu einem späteren Zeitpunkt gemäht oder eingearbeitet werden.

Keine Lkw-Reifen

Unter den gegenwärtigen Bodenbedingungen haben Anhänger mit Lkw-Reifen nichts auf dem Acker zu suchen. Müssen Sie dennoch aufs Feld, wählen Sie Fahrzeuge mit spezieller Ackerbereifung. Auch für Anhänger gibt es inzwischen VF-Reifen, die trotz reduziertem Innendruck eine hohe Tragfähigkeit besitzen. Muss das Getreide direkt ab Feld weite Strecken auf der Straße zurücklegen, auf Anhänger mit Straßenbereifung umladen oder gleich mit einem Überladewagen arbeiten.

Nicht seitlich ziehen!

Hat sich der Mähdrescher festgefahren und muss aus der misslichen Lage befreit werden, Schleppseile auf keinen Fall an der Anhängekupplung oder Hinterachse befestigen. Beide vertragen keine hohen Zugkräfte. Das Zugmaul kann beispielsweise abreißen und wird dann zum gefährlichen Geschoss.

Besser ein Seil unter dem Mähdrescher hindurch zur Vorderachse legen. Was Mähdrescher überhaupt nicht vertragen, ist seitlicher Zug. Deshalb immer schön gerade nach vorne oder hinten ziehen.

Auch Strohpressen hinterlassen Spuren

Wenn die Bodenfeuchtigkeit die Getreideernte gerade noch zulässt, sollten Sie auf jeden Fall auf die Strohbergung verzichten.

Das Pressen und Abfahren der Ballen bedeutet ein weiteres Überrollen der Flächen mit schwerem Gerät. (Bildquelle: Wobser)

So bringt eine Claas Quadrant 5200 rund 8 t Leergewicht auf die vier Räder. Hinzu kommt das Gewicht der fertigen Ballen in der Presse. Mit Finecut-Schneidwerk bringt die gleiche Presse sogar gut 12 t auf die Waage. Und wie steht es um die Ballentransportwagen? Wegen der notwendigen Tragfähigkeit fahren sie meist mit Lkw-Bereifung. 8 bar Innendruck sind Standard und führen zu besonders tiefen Spuren und Bodenverdichtungen (siehe Foto unten). Wird dringend Stroh gebraucht, ernten Sie es von den trockensten Flächen und bleiben mit dem Strohwagen unbedingt in den Fahrgassen.

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