Investieren und Finanzieren in der Landwirtschaft

Steigende Zinsen: Mit dem Kredit noch warten?

Seit der Zinswende im vergan­genen Jahr ist es für Landwirte teurer geworden, sich Geld für Investitionen zu leihen. Wie entwickeln sich die Zinsen? Sollte man mit dem Kredit noch warten?

Stallbau, Landkauf oder ein neuer Mähdrescher – solche Investitionen finanziert kein Landwirt aus der Portokasse. Derzeit zögern ­viele mit Investitionen.

Stimmung hat sich verschlechtert

Das Konjunkturbarometer Agrar des Deutschen Bauernverbandes und der Landwirtschaftlichen Rentenbank zeigt, dass Landwirte ihre aktuelle wirtschaftliche Situation weniger optimistisch bewerten als vor einem Jahr. Das liegt zum einen an hohen Betriebsmittelkosten und Zukunftssorgen wegen der unsicheren politischen Rahmenbedingungen. Zum anderen an gestiegenen Zinsen für neue Kreditfinanzierungen.

Förderkredite sind teurer geworden

Das betrifft auch die Förderkredite der Rentenbank. Vergangenes Jahr passte sie ihre Konditionen gemäß der Zinsentwicklungen am Markt 24-mal an. Die letzten Male ging es nur nach unten – Anfang des Jahres erfolgte eine leichte Erhöhung. Einige Landwirte trifft das unerwartet. „Für ein Ratendarlehen soll ich jetzt 4,30 % bei 20 Jahren Laufzeit und 20 Jahren Tilgung bezahlen. Das ist mir zu viel“, berichtet ein Landwirt. Er will für rund 500  000 € Land kaufen. Jetzt zögert er, obgleich der Kaufvertrag in der Schublade liegt. „Was soll ich jetzt tun? Abwarten?“, fragt er.

Zinssatz und unternehmerisches Kalkül

„Die Höhe des Zinssatzes ist ein wichtiges Entscheidungskriterium bei der Finanzierung von Investitionen. Wichtiger aber sind Fragen nach der Wirtschaftlichkeit der Investition und der Tragfähigkeit des Geschäftsmodells“, sagt Christian Pohl, Pressesprecher der Rentenbank. „Investitionen verschieben, heißt auch, Chancen zu verschieben. Unternehmerinnen und Unternehmer müssen daher abwägen, ob sie die Investition tätigen“, so Pohl weiter. Mit Blick auf die aktuelle Konditionenanpassung ergänzt er: „Einen Ausblick für den weiteren Jahresverlauf zu wagen, ist natürlich schwer.“ Er erwarte bei anhaltender Volatilität auf den Kapitalmärkten zumindest keine nennenswert steigenden Zinsen.

Moderate Schwankungen

Momentan liegt ein Ratendarlehen in der günstigsten Preisklasse bei zehn Jahren Zinsbindung und zehn Jahren Laufzeit und bis zu drei tilgungsfreien Jahren bei 3,75 % nominal. Für Landkäufe sind lange Darlehenslaufzeiten ­üblich. Bei einem Darlehen mit 20 Jahren Laufzeit und 20 Jahren Zinsbindung sind es die genannten 4,30 % nominal. Ende Dezember waren es 3,65 % bzw. 4,20 %.

Der Nominalzins bezeichnet den Sollzins. Der Effektivzins setzt sich aus dem Nominalzins und weiteren Kosten zusammen.

Keine Anzeichen für massive Zinsanstiege

„Wir sprechen hier also über moderate Schwankungen“, ordnet Pohl ein. So überraschend, wie es sich für den potenziellen Kreditnehmer anfühlt, ist es daher nicht. „Die Zinsen sind höher als noch vor zwei Jahren“, stimmt Pohl zu, „aber das waren auch besondere Zeiten.“ Ohne eine Prognose abzugeben, sieht der Experte keine Anzeichen für massive Zinsanstiege in absehbarer Zeit, aber auch so schnell keine Rückkehr zu Zinssätzen von 1 %.

Schwaches Wirtschaftswachstum

Davon ist in Anbetracht der gesamtwirtschaftlichen Lage auszugehen. Der Sachverständigenrat der Bundesregierung erwartet für 2024 eine durchschnittliche Inflationsrate von 2,6 % und ein Wirtschaftswachstum von 0,7 %. Um das Wachstum anzukurbeln und die Investitionstätigkeit zu erhöhen, mahnt der Rat, Investitionen, etwa über Sonderabschreibungen, steuerlich zu fördern und gleichzeitig Bürokratie abzubauen. Das würde den investitionswilligen Landwirten sicher bei ihren Entscheidungen helfen.

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