Mehrwertprogramme Milch

QM++: Mehr Milchviehhalter machen mit

Der Handel forciert die höheren Haltungsstufen für Trinkmilch der Eigen­marken. Fast 2500 Milchbauern machen bei den Mehrwertprogrammen QM+ und QM++ mit. Was haben Kuhhalter davon?

Seit April 2022 können sich Milchviehhalter für QM+ und seit Juni 2022 für QM++ zertifizieren lassen. Die beiden Mehrwertprogramme für Milch entsprechen den Haltungsformen 2 und 3 (Kasten). Herr Börger, wie ist der aktuelle Stand? Wie viele Betriebe machen mit?

Bis Ende des Jahres sind etwa 2500 Milchbauern erfolgreich auditiert, das sind etwa 7 bis 8 % der deutschen Rohmilchproduktion. Drei Viertel dieser Betriebe sind für QM++ zertifiziert, ein Viertel für QM+. Die Teilnehmerzahl steigt.

Mehrwert für Milch
Die Mehrwertprogramme QM+ und QM++ für Milch können über die Haltungsformkennzeich­nung des Lebensmitteleinzelhandels vermarktet werden:
- QM+ entspricht der Haltungsform 2. Außerdem können Kuhhalter die Schlachtkühe ohne zusätzliches Audit als ITW-Kühe und im „Best Beef“-Programm von McDonald’s vermarkten.
- QM++ entspricht der Haltungsform 3 des Handels. Tierhalter können die Schlachtkühe ohne zusätzliches Audit über Rindfleischprogramme der Haltungsform 3, die ITW sowie das „Best Beef“-Programm von McDonald’s vermarkten.

Wie laufen die Programme im Lebensmitteleinzelhandel (LEH)?

Obwohl die gesamte Lebensmittelkette Marktverwerfungen meistern musste, bleibt die Haltungsform (HF) von großer Bedeutung. Ich schätze, dass spätestens ab Juli 2024 alle wesentlichen LEH-Eigen­marken für Trinkmilch mit der Haltungsform gelabelt sind.

Ludwig Börger ist Geschäftsführer bei QM-Milch. (Bildquelle: QM)

Außerdem scheinen die Aufpreise für Milchviehhalter teilweise so attrak­tiv zu sein, dass sie die Teilnahme bei Molkereien und Milcherzeugergemeinschaften einfordern. Allerdings gilt das vor allem für HF 3. Für HF 2 ist bei Trinkmilch und Rindfleisch derzeit kaum Nachfrage festzustellen.

Welchen Zuschlag können Milchviehhalter generieren?

Der Mehrwert für QM+ ist in einer Branchenvereinbarung festgelegt und liegt bei 1,2 Cent/kg Milch.

Für QM++ gibt es keine Verein­barung, der Mehrerlös bildet sich am Markt. Mein Eindruck: Der Zuschlag pendelt sich aktuell je nach Molkerei bei etwa 3 bis 4 Cent/kg Milch ein, meist verbunden mit weiteren Mehrwertprogrammen wie GVO-Freiheit. Hinzu kommt, dass Milchbauern für die QM++-Schlachtkühe einen zusätzlichen Bonus bekommen. Die Tiere sind für alle Programme der HF 3 der führenden Schlachtunternehmen anerkannt.

Welche Molkereien machen bei QM+ und QM++ mit?

Wir arbeiten mit etwa 20 Molkereien zusammen. Teilnehmende Milchwerke sind unter anderem: DMK, Arla, Hochwald, Lactalis, Zott, frischli und Bauer, aber auch kleinere Unternehmen wie Naarmann. Besonders im Süden wird auch QM+-zertifiziert, da Ziel ist, die Betriebe mit Kombihaltung (Anbindung und Weide) mitzunehmen.

In HF 3 sind für Milch neben QM++ weitere Label zugelassen: DLG-Tierwohllabel, Pro Weideland (Ammerland), Tierschutzmilch sowie ein Programm der Molkerei Hochland. Stehen diese Programme in Konkurrenz zu QM++?

Ja, es gibt Wettbewerb. Den scheuen wir nicht, unser Programm scheint attraktiv für Molkereien und Landwirte zu sein, gleich­zeitig belastbar bei der Gewährleistung eines hohen Maßes an Tierwohl. Schaut man sich die 20 größten deutschen Molkereien an: Acht machen noch nichts, acht sind mit uns unterwegs, die restlichen Unternehmen setzen auf eines der anderen Programme.

Die Landwirte kennen das QM-System. Für die Molkereien sind die QM-Programme ebenfalls praktikabel, da zum Beispiel ein Downgrading möglich ist. Sie können die Milch also der Nachfrage entsprechend auch in niedrigeren Haltungs­stufen vermarkten.

Milchviehhalter machen sich Sorgen, dass der LEH HF 3 künftig zum Standard macht, ähnlich wie es bei GVO-freier Milch war. Eine berechtigte Sorge?

Die Ankündigungen des LEH zur Umstellung auf HF 3 betreffen bisher nur die Trinkmilch. Im LEH gibt es Überlegungen, weitere Produktgruppen umzustellen.

Ich halte es für unwahrscheinlich, dass kurzfristig ausreichend Rohmilch in HF 3 zur Verfügung steht, diese also zum neuen Standard wird.

Macht der Handel doch Anstalten, auch die gelbe Linie umzustellen?

Es gibt in jedem Fall Gespräche. Nicht umsonst sind unternehmensspezifische Label von Käseherstellern in HF 3 zu finden. Mehr ist nicht spruchreif.

Haben neben dem LEH internationale Lebensmittelkonzerne Interesse an QM+ und QM++?

McDonald’s ist ein Beispiel dafür. QM+ oder QM++-zertifizierte Milchviehhalter haben Zugang zum „Best Beef“-Programm. Als Tierwohlbonus zahlt McDonald’s 8 bis 12 Cent/kg Schlachtgewicht. Die genaue Höhe richtet sich nach der Nutzungsdauer der Kühe.

Was ist Ihr Ziel für die Zukunft? Wie viel Milch muss QM+- oder QM++-zertifiziert sein, damit Sie von erfolgreichen Programmen sprechen?

Wir haben bei QM nicht den Anspruch, das nächste Nischenprogramm aufzusetzen. Ich halte mittelfristig 20 bis 30 % der Rohmilchproduktion für QM+ und QM++ realistisch.

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