Markenfleischprogramm

Bauernliebe: Programm für Strohbullen

Familie Heimann mästet Jungbullen für das Markenfleischprogramm Bauernliebe. Für die Familie wichtig: Haltungsform Stufe 3 bedeutet mehr Anerkennung in der Gesellschaft.

Von weitem gleicht der Bullenmaststall einem Kuhstall: Beide Längsseiten sind komplett offen, die Futtertische liegen außen. Die Bullen von Familie Heimann aus Ahlen, Kreis Warendorf, stehen in Großgruppen mit á 27 Tieren in einem Offenfrontlaufstall auf Tretmist. Der Stall hat ein 3 %-iges Gefälle. In der Stallmitte befindet sich der Mistgang. Hier treten die Bullen von beiden Stallseiten den Mist raus. „Alle zwei Tage schieben wir den Gang ab und der Mist wird abgeholt und zu Biogasanlagen gebracht“, erklärt Markus Heimann. Gemeinsam mit seinem Vater, Hubertus, bewirtschaftet er den Betrieb mit 160 Bullenplätzen und 400 Aufzuchtplätzen für Fresser.

Programm Bauernliebe

Die Ställe für Fresser und Bullen baute die Familie 2018 und 2019 - modern und für viel Tierwohl. Die Bullen haben 4,5 m2 Platz/Tier. Dafür erhalten die Landwirte die Strohprämie vom Land NRW. Heimanns streuen in etwa einen Quaderballen pro Tag. Das Stroh können sie von oben in die Buchten schmeißen. Denn über dem Mistgang befindet sich eine Holzempore. Dort wird das Stroh auch gelagert. „Von oben habe ich zudem einen sehr guten Blick auf alle Tiere, besser als vom Futtertisch aus“, freut sich der Junior. In jeder Bucht befinden sich vier Schalentränken.

„Seit 2020 sind wir im Programm Bauernliebe“, sagt Markus Heimann. Bauernliebe ist ein Markenfleischprogramm von Edeka Rasting und Westfleisch. Es ist in Haltungsform Stufe 3 im Label des Lebensmitteleinzelhandels (LEH), haltungsform.de, angesiedelt.

In der Woche schlachtet Westfleisch 160 Bauernliebe-Bullen für Rasting. „Rinder-Hackfleisch und Edelteile lassen sich gut vermarkten“, erklärt Julia Strathmann, Projektmanagerin Tierwohl bei Rasting. „Im Juni 2020 sind wir mit der Vermarktung in Bedientheken teilnehmender Edeka-Märkte und Marktkauf gestartet. Seit Juli dieses Jahres können 750 Märkte der Edeka Rhein-Ruhr auch Bauernliebe-SB-Fleisch anbieten“ Insgesamt sei das Geschäft aber noch schwierig. „Die Verbraucher müssen erst langsam an die höheren Haltungsstufen herangeführt werden“, so Strathmann.

Das sind die Kriterien

Familie Heimann muss für das Label folgende Kriterien erfüllen:

  • Fleischbetonte Zuchtlinien: Heimanns ziehen die Fresser selber auf. Die Kälber kommen von Westfleisch und sind in der Regel Fleckviehtiere.
  • Haltung auf Stroh und ab 400 kg auf 4 m2. Durch die Strohprämie haben die Tiere in Ahlen 4,5 m2 Platz.
  • Offenfrontlaufstall: Die Seiten des Stalls bei Heimanns sind komplett geöffnet. Voraussetzung sind mindestens 30 % Öffnung an beiden Längsseiten oder 60 % an einer Seite.
  • CO2-Bilanz berechnen.
  • Befunddatenerfassung durch Westfleisch.
  • Antibiotikamonitoring: Bei Mastbullen bereits Gang und gebe.
  • Betreuung durch einen Hoftierarzt.
  • Regelmäßige Schulungen des Betriebsleiters zum Thema Tiergesundheit.
  • GVO-freie Fütterung: Für Heimanns bedeutet dieses Kriterium den größten Aufwand. „Die Fütterung ist für uns jetzt rund 15 € teurer pro Bulle“, hat Markus Heimann ausgerechnet. Die Ration besteht aus Mais, Kraftfutter und Gerstenstroh. Die Mäster fahren eine hohe Leistung von 840 g Netto-Tageszunahmen. „Das erreichen wir durch zweimaliges Füttern pro Tag und viel Platz pro Bulle“, ist sich Hubertus Heimann sicher.

Bindung an Westfleisch

Voraussetzung für das Programm ist, neben der Einhaltung der verschiedenen Kriterien, dass der Betrieb einen Partnervertrag Rind und einen Zusatzvertrag Bauernliebe mit Rasting und Westfleisch abschließt. Diesen können die Betriebe für ein oder drei Jahre festlegen. „Im Vertrag mitteln wir einen vier Wochen-Preis. Auf diesen bekommen die Bauernliebe-Betriebe dann einen Bonus von 45 € pro Tier“, erklärt Hubertus Surmann, Westfleisch-Mitarbeiter.

Gemeinsam für das Marken­fleisch­programm Bauernliebe, von links: Landwirt Hubertus Heimann, Hubertus Surmann (Westfleisch), Julia Strathmann (Rasting) und Markus Heimann. (Bildquelle: Schmidtmann)

„Das Produkt Rindfleisch muss wertgeschätzt werden und das auch monetär“, sagt Hubertus Heimann. Sein Sohn fügt hinzu: „Die Kriterien sind für uns verständlich. Aber der Mehrwert muss für den Landwirt auch spürbar sein.“

Wie sich die Haltung auf Stroh rechnen soll, falls die Strohprämie in NRW mal wegfällt, ist fraglich. Außerdem ist allen Beteiligten klar: „Das Programm rechnet sich nur für Bullenmastbetriebe, die über die NRW-Strohprämie gefördert werden.“

Westfleisch hält sich im Vertrag offen, den Bonus bei Verstößen zu kürzen. „Das passiert aber nur, wenn die Klassifizierung zu schlecht ist oder die Tiere schwerwiegende Verletzungen aufweisen, die die Fleischqualität beeinträchtigen“, sagt Surmann. Bei Heimanns ist das noch nicht vorgekommen.

Das Interesse der Landwirte für das Label sei da, aber der Markt für Bullen aus Haltungsform Stufe 3 bisher noch begrenzt, so Surmann.

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