Markenfleischprogramm

Bauernliebe: Nicht kleckern, klotzen!

Fleisch aus der Region, mit Außenklima- und Tierwohlkonzept, gemeinsam mit den Landwirten. Mit diesem Konzept starten der Fleischhof Rasting und Westfleisch in den Edeka-Kühltheken in NRW durch.

Während andere Discounter in vollmundigen Pressemeldungen den Wechsel zu Haltungsform 3 ankündigen, schafft die Edeka Rhein-Ruhr mit ihrem Fleischwerk Rasting Fakten. Gemeinsam mit ihrem Stammlieferanten Westfleisch hat Rasting einen langfristigen Rahmenvertrag für das Markenfleischprogramm Bauernliebe abgeschlossen. Von vorneherein war das Programm nicht als Feigenblatt angedacht, sondern auf mehrere Tausend Tiere pro Woche ausgelegt.

Ende 2019 meldeten die Partner das Programm und die Kriterien für Rind und Schwein beim Zeichengeber haltungsform.de an. Dann machten sie sich auf die ­Suche nach Landwirten.

Nicht nur Frischfleisch

Seit Mitte 2020 finden Edeka-Kunden Fleisch und Wurst aus dem Bauernliebe-Programm in Bedien- und SB-Theken. Das Programm boomt. Verpacktes SB-Fleisch können alle Edeka-Märkte und Marktkauf ordern. Frischfleisch nur Betriebe, die sich per Vertrag binden und separate Plätze in Kühlhaus und Fleischtheke schaffen.

326 der 650 Edeka-Filialen machen beim Frischfleisch mit. Nicht weil das von oben verordnet wird – das läuft bei den inhabergeführten Edeka-Läden nicht. Sondern weil die Kombination aus Regionalität und Tierwohl den Nerv der Kunden trifft. Damit der Funke bei Verkäufern und Verkäuferinnen überspringt und sie die Kunden an der Theke mitnehmen, setzt Rasting auf direkte Erlebnisse durch Hofbesuche und Schulungen.

Besser im Geschmack

Was vor allem zählt, ist das Geschmackserlebnis. Rasting fördert durch eine Preismaske mit weitem Gewichtskorridor gezielt schwerere und fettere Schlachtschweine. Durch die Größe der Teilstücke hebt sich Bauernliebe-Fleisch optisch vom Rest der Kühltheke ab. Und die dickere Speckauflage wirkt als Gaumenkitzler.

Beim Kunden kommt das Angebot an. Innerhalb von einem Jahr konnte die Vermarktung auf 1000 Schweine und 160 Jungbullen pro Woche hochgefahren werden, obwohl Bauernliebe-Fleisch im Laden 20 bis 30 % teurer ist als konventionelle Ware. Vor allem in den Städten mit hoher Kaufkraft ist die Nachfrage gut, so die Erfahrung bei Rasting. Im ländlichen Bereich halten sich die Kunden noch zurück.

Den landwirtschaftlichen Betrieben bieten Rasting und Westfleisch einen Vermarktungsvertrag mit Abnahmegarantie. Rasting trägt das volle Vermarktungsrisiko. Gelingt es nicht, die Ware im Bonusbereich zu verkaufen, übernimmt das Fleischwerk die Verluste. Da Rasting selbst zerlegt und verarbeitet, gibt es mittlerweile über 90 Bauernliebe-Produkte. Übermengen wandern in die ­„normale“ Wurst, sodass man der Ganz-Tier-Vermarktung nahe kommt.

Für Schweine und Bullen

Teilnehmen können nur Westfleisch-Vertragsbetriebe aus NRW. Sie müssen nicht den ganzen Betrieb umkrempeln, sondern können mit einem Stall starten. Allerdings braucht dieser eine eigene VVVO-Nummer, damit es nicht zur Vermischung von Tieren kommt. Denn Rückverfolgbarkeit ist unabdingbar – nicht nur auf dem Hof, sondern auch bei Schlachtung, Zerlegung, Verarbeitung.

Ein dreijähriger Vertrag garantiert die Abnahme und bringt den Landwirten Planungssicherheit. Auf der Erlösseite stehen folgende Komponenten:

  • Bonus: 20 €/Schwein,
  • Preismaske: großer Korridor für Gewichts- und Fleischgrenzen,
  • Preisuntergrenze: zurzeit 1,55 €/kg,
  • ITW-Bonus: 5,28 €/Schwein.

Damit können Landwirte erste Schritte zu mehr Tierwohl ohne ­finanzielles Risiko machen, versprechen die Vermarktungspartner Rasting und Westfleisch.

Ab dem nächsten Jahr verlängert sich die Vertragsdauer für Neueinsteiger auf fünf Jahre. Es gilt eine Untergrenze von 40 € beim Ferkelbasispreis, damit auch Sauenhalter in der Kette von den Vorteilen des Programms profitieren.

Voraussetzung für das Markenfleischprogramm Bauernliebe ist die Haltung von Jungbullen auf Stroh. (Bildquelle: Schmidtmann)

Bullenmäster können Verträge für ein oder drei Jahre abschließen. Der Bonus beträgt 45 € pro Rind. Grundvoraussetzung: Die Jungbullen müssen auf Stroh stehen. Für Mäster, die ihre Ställe mit der Strohprämie in NRW gebaut haben, sind die Kriterien von Bauernliebe recht einfach umzusetzen. Einzig größere Herausforderung ist die GVO-freie Fütterung. Für Bullenmäster mit Vollspalten kommt das Programm nicht infrage.

Schweinemäster mit Vollspaltenställen hingegen müssen erst umbauen, um Außenklimabedingungen zu schaffen. Dabei bevorzugt Rasting Lösungen mit Auslauf, die den Tieren zwei Klimazonen bieten. Die Umbaukosten liegen je nach Betrieb zwischen 100 und 300 € pro Platz, so die bisherige Erfahrung. Sowohl Planung als auch Genehmigung sind gerade bei Umbauten oft Neuland. Daher haben sich bei Westfleisch, der RVG Werne, die derzeit einen Großteil der Schweine bündelt, und weiteren Partnern im System Mitarbeiter auf Umbau- und Genehmigungsfragen spezialisiert.

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