Kommentar

Das Wasser wird knapp

In Spanien und Frankreich wird das Wasser knapp, Konflikte um Verteilung und Nutzung spitzen sich zu. Die Probleme sind alles andere als "weit weg".

Knapp 47 °C in Phoenix, USA. Über 52 °C im Nordwesten Chinas. Weit über 40 °C in Spanien, Italien und Frankreich. Was eher an Temperaturen einer Saunalandschaft erinnert, sind die traurigen Hitzerekorde der vergangenen Wochen. Fast täglich kommen neue dazu. Ihre dramatischen Folgen wie die verheerenden Waldbrände auf Rhodos sehen wir allabendlich in den Nachrichten. Lesen von ihnen in der Zeitung. Und bekommen sie immer häufiger auch selbst zu spüren.

Mehr Trockenphasen, weniger Wasser

Dazu ein Blick nach NRW: Vier der vergangenen fünf Sommer waren zu trocken. Zu warm waren sie allesamt. Der einzige regenreiche Sommer – 2021 – war derjenige, in dem es zu den verheerenden Überflutungen im Ahrtal kam. Doch die Klimaänderungen zeigen sich nicht nur in punktuellen Katastrophen wie dem Hochwasser. Sie vollziehen sich schleichend und stellen gerade die Landwirtschaft vor immense Herausforderungen. So sinkt die vieljährige mittlere Bodenfeuchte deutlich stärker, als es die veränderte Niederschlagsmenge vermuten lässt. Das zeigen Andreas Brömser und Bianca Plückhahn vom Deutschen Wetterdienst eindrücklich in ihrem Gastbeitrag. Ihre Botschaft: Trockenphasen werden häufiger und länger. Das Wasser wird knapper und muss effizienter genutzt werden.

Schwelende Konflikte eskalieren

Dabei bergen Nutzung und Verteilung der knappen Ressource Konfliktpotenzial. Fehlerhafte oder gar fehlende Regeln und Kontrollmechanismen lassen schwelende Konflikte eskalieren. Das zeigen unsere Beispiele aus Spanien und Frankreich: Im spanischen Andalusien droht illegale Bewässerung im großen Stil ein UNESCO-Weltnaturerbe zu zerstören. Und in Frankreich prallen Befürworter und Gegner riesiger Wasserrückhaltebecken für die Landwirtschaft aufeinander – immer häufiger gewalttätig.

Illegale Brunnen in NRW

Damit Nutzung und Verteilung des auch bei uns knapper werdenden Wassers nicht in vergleichbaren Auseinandersetzungen enden, braucht es verbindliche Regeln – und eine effiziente Bewässerungstechnik. Denn die Konflikte sind nur scheinbar „weit weg“. Über 40% aller deutschen Kreise und kreisfreien Städte befürchtet laut ­einer aktuellen Umfrage, künftig häufiger unter Wassermangel zu leiden. Und: Illegal gebohrte und betriebene Brunnen gibt es nicht nur in Spanien. Zwei Drittel aller nordrhein-westfälischen Kreise haben uns im Rahmen unserer Recherche von eben solchen berichtet: überwiegend in privaten Gärten und Schrebergärten, aber auch in der Landwirtschaft. Die hiesigen Anzeige- und Kontrollmechanismen sind dabei verbesserungswürdig.

Selbst wenn uns im Westen Deutschlands ein weniger heißes und dürregeplagtes Jahr 2023 auf Normalität hoffen lässt: Jetzt ist die Zeit, sich um zukünftige Wassernutzung Gedanken zu machen. Dabei muss jeder seinen Teil leisten: Verbraucher und Landwirte, Kommunen und Wirtschaft. Denn unsere Normalität bekommt zusehends Risse.

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von Marit Schröder, Katrin Quinckhardt

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