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Konflikte in Bauernfamilien: Wie Mediation helfen kann

Finanzielle Schwierigkeiten, zuviel Arbeit, Senioren, die der jungen Generation nicht genug zutrauen: Die Mediation der Landwirtschaftskammer kann helfen und beraten.

Wenn es auf dem Hof nicht mehr weiter geht oder Konflikte festgefahren sind, kann eine Mediation durch Fachleute helfen. Die Landwirtschaftskammer NRW hat seit einiger Zeit eine Spezialberatung im Angebot.

Hier sind einige Beispiele aus der Praxis der Mediatorinnen Jutta Lütkenhaus und Iris Fahlbusch von der Landwirtschaftskammer. Die Beispiele sind die stark verfremdet und die Namen frei erfunden. Interessant sind die Lösungsansätze.

Beratungsangebot der Landwirtschaftskammer NRW

Damit es weiter geht

von Bettina Pröbsting

Bei Hofübergabe bewegt sich nichts, die Geschwister mischen sich ein, die Familie ist arbeitsmäßig überlastet: Um Bewegung in verfahrene Lebenssituationen zu bringen, hilft die...

Wenn der Schuldenberg wächst

Ist die Geldbörse und das Konto immer wieder leer, sollten die Bücher durchleutet werden. Doch manche Bauernfamilie ist in einer Starre und schafft es nicht, die Probleme anzugehen. (Bildquelle: Drießen)

Der Bankberater von Hendrik Schwers* ruft bei der Finanzberatung der Landwirtschaftskammer an. Der Sauenhalter steht finanziell nicht gut da und ist gesundheitlich angeschlagen. Der Hof ist verschuldet, die Kredite werden nicht bedient, deshalb macht die Bank Druck. Hendrik Schwers und seine Frau Sarah sind arbeitsmäßig und finanziell überlastet.

Das Thema: Die Familie benötigt einen Blick von außen auf die Finanzen, die Situation auf dem Hof und auch Hilfe bei der Neuausrichtung des Lebens. Es steht eine Betriebsaufgabe und eventuell auch der Verkauf von Land an. Es belastet das Paar psychisch stark, dass tiefe Einschnitte notwendig sind.

Lütkenhaus: Oft sind die Familien in einer Starre. Ihnen ist ihre schwierige Situation bewusst, aber sie kommen nicht ins Handeln, weil es so schmerzt. Aber je länger sie mit den Entscheidungen warten, desto mehr Kapital wird vernichtet. Hendrik und Sarah Schwers, ein Kollege von der sozioökonomischen Beratung und ich haben uns zusammengesetzt und überlegt, welche Lösungen sich das Paar vorstellen kann. Eine gute Frage ist immer: "Wie soll ihr Leben idealerweise in zehn Jahren aussehen?"

Das Ergebnis: Schwers haben sich entschieden, den Hof aufzugeben. Ob sie Land verkaufen müssen, um die Schulden zu tilgen, steht noch im Raum. Hendrik hat sich für eine Stelle an der Straßenmeisterei der Nachbarstadt beworben.

Lütkenhaus: Wir haben Schwers durch die Zeit der Hofaufgabe begleitet. Gemeinsam haben wir besonders schwierige Tage geplant, etwa an denen die Tiere vom Hof gehen. Bei Schwers sind abends Hendriks Geschwister zum Grillen gekommen.

"Warum übergibt Vater den Hof nicht?" Oft sind die Gedanken dahinter vielschichtig. (Bildquelle: B. Lütke Hockenbeck)

Angst vor der Hofübergabe

Markus Schumacher* möchte, dass seine Eltern ihm den Hof überschreiben. Bislang hat der 39-jährige Landwirt ihn gepachtet. Er hat sein Geld in den Umbau einer Wohnung im Bauernhaus investiert, in der er mit seiner Frau und zwei Kindern lebt. In drei Monaten erwartet das Paar das dritte Kind. Markus möchte für seine Familie eine finanzielle Absicherung haben und noch einmal in den Wohnbereich und auf dem Hof in ein Fahrsilo investieren. Außerdem will er die Entscheidungen auf dem Betrieb ohne Rücksprache mit seinem Vater treffen. Für Franz Schumacher steht fest, dass Markus den Hof bekommt, aber nicht jetzt.

Das Thema: Den 67-Jährigen ängstigen die immensen Geldbeträge, die für die großen Investitionen notwendig sind. Er befürchtet, dass sein Sohn sich übernimmt, er will ihn schützen. Außerdem will er weiterhin im Betriebsgeschehen sein. Die Rolle des Betriebsleiters abzugeben ist für ihn schwer. Er hat Angst, nicht mehr gebraucht zu werden.

Das Ergebnis: Im Verlauf der Mediation wurde ihm klar, dass eine Hofübertragung unausweichlich war. Markus machte ihm deutlich, dass seine Arbeitskraft nach wie vor gebraucht wird und sich letztlich nicht viel ändert.

Fahlbusch: Viele Landwirte vergessen vor lauter Arbeit, sich eine Aufgabe für den Ruhestand zu organisieren.

Es ist kein Mitarbeiter zu finden und die Familie ist arbeitsmäßig überlastet. In der Mediation werden Auswege gesucht, die zur Familie passen. (Bildquelle: Imago/Countrypixel)

Neues Konzept wegen Arbeitsüberlastung

Daniel Windorf* bewirtschaftet in einem abgelegenen Dorf einen Milchviehbetrieb mit 120 Kühen plus Nachzucht und Bullenmast. Vor einem Jahr hat der Mitarbeiter gekündigt. Der Landwirt findet wegen der strukturschwachen Region keine neue Fachkraft, obwohl der Betrieb modern und gut auf­gestellt ist. Der 42-Jährige gibt gemeinsam mit seinem 70-jährigen Vater alles, damit der Hof weiter läuft. Auch seine Frau Miriam unterstützt ihn neben ihrem Beruf. Das bedeutet lange Arbeitstage für alle, kaum Erholung und Zeit für die acht- und elfjährigen Kinder.

Die gesamte Familie ist überlastet und erschöpft. Deshalb hat der Wirtschaftsberater eine Mediation vorgeschlagen.

Das Thema: Auswege finden aus der Arbeitsfalle und eingestehen, dass das Konzept „Der Betrieb muss wachsen“ nicht mehr passt. Eine weitere Hürde: Was denken Nachbarn und Berufskollegen?

Das Ergebnis: Im Anschluss an die Mediation fanden Gespräche mit Produktions- und Wirtschaftsberatern statt. Danach haben Daniel und Miriam Windorf entschieden, die Zahl der Kühe auf 90 zu verringern und die Bullenmast vorerst aufzugeben.

Lütkenhaus: Für Daniel war dieser Schritt schwer. Es war ihm nahezu unmöglich, darüber zu sprechen. Wir haben das Paar bei dem Gespräch mit den Altenteilern begleitet und auch Strategien überlegt, wie Daniel es in seinem Stammtisch und in der Nachbarschaft kommuniziert. In der Entscheidungsphase haben wir immer wieder telefoniert und ihm den Rücken gestärkt. Für den Landwirt fühlte sich die Entscheidung wie eine große, berufliche Niederlage an. Einige Berufskollegen aus der Ausbildungszeit bestärkten ihn, das machte es leichter.

Der Hof ist die Heimat der Geschwister des Hofnachfolgers. Der Bauer muss sich klar positionieren zwischen seiner Partnerin, den Eltern und Bruder und Schwester. Wichtig ist, dass er zu seiner Frau hält. (Bildquelle: Schildmann)

Geschwister reden zu viel mit

Silke und Johannes Brinkhaus *wohnen mit ihren beiden ein- und dreijährigen Kindern in einer Hälfte des Bauernhauses. In der zweiten Hälfte leben die Altenteiler Maria und Bernhard Brinkhaus. Silke ist in Elternzeit.

Johannes Bruder Moritz und seine Schwester Jana besuchen mehrmals in der Woche die Eltern und geben die Kindern bei Oma und Opa zum Aufpassen ab.

Oft sitzen die Geschwister und Eltern dann spontan zusammen. Johannes diskutiert gern mit seinen Geschwistern die Betriebsentwicklung. Silke bekommt von solchen Runden nur selten etwas mit. Wenn die Neffen und Nichten auf dem Hof sind, kommen sie fast immer herüber, weil sie gern mit den Cousins spielen.

Das Thema: Für Johannes ist die Situation in Ordnung. Silke fühlt sich bei betrieblichen Diskussionen ausgegrenzt. Und sie möchte nicht, dass ihre Neffen und Nichten ständig ihre Planungen durcheinander bringen.

Fahlbusch: In unseren Gesprächen stellte sich heraus, dass Johannes Silkes einsame Position und ihren Wunsch mehr in Betriebliches einbezogen zu werden nicht wahrgenommen hat.

Das Ergebnis: Das Paar entscheidet sich, Grenzen zu ziehen. Die Kinder der Geschwister dürfen nur zu bestimmten Zeiten herüber kommen und es muss vorab gefragt werden, ob es für Silke und Johannes passt und zwar ohne dass die Kinder die Absprache mitbekommen.

Johannes bemüht sich, alle Überlegungen rund um den Hof erst mit Silke zu besprechen.

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*Die Namen sind von der Redaktion frei erfunden, die Beispiele stark verfremdet.

Hier gibt es Hilfe:

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