Grassilagequalität

Grassilage 2023: Große Menge, meist gute Qualität

Große Mengen, meist mit guter Qualität: So lassen sich die Kerndaten der Grassilagen 2023 in NRW zusammenfassen.

Das Erntejahr 2023 startete im Gegensatz zum Vorjahr mit einer stark positiven Wasserbilanz. Von Dezember 2022 bis Mitte Mai 2023 konnten die Böden bis in tiefere Bodenschichten ihre Wasserspeicher auffüllen. Im März gab es nur eine kurze trockene und kalte Phase, in der die Flächen befahrbar waren und Landwirte erste Dünge- und Pflegemaßnahmen durchführten.

In den Folgewochen gab es hohe Niederschlagsmengen, viele Flächen waren nicht befahrbar. Erst Mitte Mai setzte sich ­wärmeres Wetter durch. Das Zusammenspiel von höheren Temperaturen, viel Sonne und Wind sorgte für teilweise schnell abtrocknende Böden. Auf sandigen, trockenen Standorten kam es zu ersten Trocken­stresssymptomen im Grünland.

Blick auf das Wetter

Der Januar zeigte sich mit sehr milden Temperaturen, wie sie sonst typisch sind für den März. Gleichzeitig gab es ergiebige Niederschläge mit 100 l/m² im Landesmittel, lokal waren es auch 200 l/m². Die Sonne schien im Februar dann häufiger mit 90 Stunden. Die Niederschlagsmenge ging landesweit leicht zurück.

Der März 2023 war einer der zehn nassesten seit Aufzeichnungsbeginn in NRW. Es fielen rund 70 % mehr Niederschlag als im langjährigen Mittel. Diese Tendenz hielt über den gesamten April bis in den Mai an. Während in den übrigen Teilen Deutschlands, insbesondere im Norden und Osten, ab Anfang Mai zunehmende Trockenheit Probleme bereitete, war NRW das Bundesland mit den meisten Niederschlägen und hatte gleichzeitig überdurchschnittlich viele Sonnenstunden (235).

Mit Sommerbeginn setzte sich der warme und trockene Trend der letzten Jahre wieder durch. Punktuelle Starkregenereignisse konnten das allgemeine Niederschlagsdefizit nicht ausgleichen.

Erster Schnitt 2023

Den größten Teil des ersten Schnittes fuhren Landwirte am Niederrhein und in den Niederungslagen Westfalens ab Ende April ein. Der zweite Schnitt folgte vielfach bereits drei Wochen später. In den Höhenlagen, wie im Sauerland, ging es erst Mitte Mai unter zum Teil noch nassen Bedingungen los.

(Bildquelle: LWK NRW)

Der erste Schnitt brachte durchweg sehr hohe Massenerträge mit oftmals guter Qualität. Der zweite Schnitt war unterschiedlich und von regionalen Regenereignissen abhängig. Eine Übersicht über die Rohfaser- und Energiegehalte in den letzten Jahren zeigt die Abbildung. Hier wird deutlich, dass im Vergleich zum Vorjahr die Grassilage mit höherem Rohfasergehalt, aber nahezu gleichem, auf hohem Niveau liegenden Energiegehalt eingefahren wurde.

Nährstoffe und Energie

(Bildquelle: LWK NRW)

Die Tabelle zeigt die von der LUFA NRW ermittelten Nährstoff- und Energiegehalte der diesjährigen Ernte. Neben dem Mittelwert aus allen Proben sind auch die Schwankungsbreiten sowie die Orientierungswerte für gute Grassilage angegeben. Eine Einordnung der Ergebnisse des 1. Schnitts:

Trockenmasse (TM): Im Vergleich zum Vorjahr lagen die mittleren TM-Gehalte im optimalen Bereich. Das kam einer guten Verdichtung der Silagen zugute. Es gabe jedoch regional größere Unterschiede. Zu hohe TM-Gehalte bergen die Gefahr der Nacherwärmung, zu geringe TM-Gehalte können zu Sickersaftverlusten und zu Fehlgärungen führen.

Rohasche (XA): Der mittlere Rohaschegehalt von 106 g/kg TM liegt leicht über dem angestrebten Orientierungswert und deutet auf Verunreinigungen der Silagen hin. Ein Grund könnten die nicht immer optimal trockenen Witterungsbedingungen während der Ernte sein. Hohe XA-Gehalte führen zu einem geringeren Futterwert.

Eiweißkenngrößen: Der mittlere Rohproteingehalt von 131 g/kg TM entspricht dem zu erwartenden Wert für Grassilagen. Zu beachten ist jedoch die hohe Schwankungsbreite von rund 60 bis 250 g/kg TM. Es ist unbedingt empfehlenswert, Analysen des Grundfutters durchzuführen, um den Milchkühen bedarfsgerechte Rationen anzubieten. Bei niedrigen Eiweißgehalten sollten Landwirte gegebenenfalls eine Proteinergänzung füttern.

Faserkenngrößen: Der Fasergehalt wird durch die Rohfaser grob gefasst und durch die Kenngrößen ADFom und aNDFom genauer ­beschrieben. aNDFom bezeichnet den gesamten Gehalt des Futtermittels an Zellwandbestandteilen, wie Hemicellulosen, Cellulose und Lignin, während die Größe ADFom den Anteil an schwer­verdaulicher Cellulose und un­verdaulichem Lignin angibt. Der diesjährige Mittelwert für ADFom von 273 g/kg TM liegt im oberen Bereich und deutet auf einen teilweise eher späten Schnittzeitpunkt hin.

Zucker: Der Zuckergehalt beschreibt die Gesamtmenge an wasser­löslichen Kohlenhydraten. Zucker in ausreichender Menge ist für eine gute Silierung notwendig. Bei hohen Restzuckergehalten besteht die Gefahr der Nacherwärmung, wenn die Silage geöffnet wird. Hier ist besonders auf eine saubere Entnahme und einen ausreichenden Vorschub von mindestens 2 m pro Woche zu achten.

Die Kenntnis über hohe Zuckergehalte in der Silage sollte auch in die Rationsberechnung mit einfließen, denn insbesondere in Kombination mit hohen Milchsäuregehalten kann die Gefahr für Pansenazidosen steigen.

Energiegehalt: Der Energiegehalt sollte mindestens 6,4 MJ NEL/kg TM betragen. Wie im Vorjahr erreichten die Silagen den Orientierungswert im Mittel knapp. Die Streubreite der NEL-Gehalte zeigt, dass auch sehr gute Silagen eingefahren werden konnten. Vermutlich wurde durch die vielen Niederschlagsereignisse in diesem Jahr der optimale Erntezeitpunkt oft nicht getroffen, sodass sich die hohen ADFom-Gehalte negativ auf den Energiegehalt mancher Silagen ausgewirkt haben dürften. Zur Schätzung des Energiegehaltes wird im Labor die sogenannte enzymlösliche organische Substanz (ELOS) ermittelt. Je höher der ELOS-Wert, desto höher der Energiegehalt.

Mineralstoffgehalte: Die Mengen­elemente entsprechen im Mittel den Vorjahreswerten mit entsprechender Schwankungsbreite. Für eine optimale Versorgung der Kühe ist eine Analyse empfehlenswert, um entsprechende Ergänzungen vornehmen zu können oder auch spezifische Anforderungen in der Trockensteherfütterung zu erfüllen.

Folgeschnitte und Ackergras

Die Folgeschnitte vom Dauergrünland wurden im Durchschnitt etwas trockener geerntet als der erste Schnitt, waren aber vergleichbar im mittleren Energiegehalt. Ackergras wies im ersten Schnitt tendenziell höhere Energiegehalte, aber niedrigere Rohproteingehalte auf als die Ernte vom Dauergrünland. Auch bei den Folgeschnitten und im Ackergras ist eine große Variation zwischen den analysierten Proben zu verzeichnen. Das unterstreicht die Notwendigkeit betriebsindividueller Untersuchungen der Silagen im Labor.

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