Fütterung

Mutterkühe: Obacht bei den Mahlzeiten

Die Fütterung von Mutterkühen unterscheidet sich je nach Standort und Jahreszeit. Worauf kommt es an und wie zeigen die Tiere, was sie brauchen?

Wenn das Gras in den Weiden wächst, sind Mutterkühe auf dem Grünland zu finden. Sie können Gras verwerten und ackeruntaugliche Flächen sinnvoll nutzen. Dennoch bedarf es einer kontrollierten Fütterung, die sich an den Bedarf der Tiere ­anpasst.

Kühe weiden selektiv

Vor allem im Frühjahr (Mai) und im Herbst (September) sind die Rohproteingehalte (XP) im Grünfutter hoch. Sie liegen dann bei etwa 170 g XP/kg Trockenmasse (TM). Von Juni bis August sinken die XP-Gehalte und der Anteil an Rohfaser (XF) nimmt zu. In der Spitze kann dieser bei bis zu 300 g/kg TM ­liegen. Das erklärt Prof. Dr. Heiko Scholz. Er lehrt Tierernährung an der Hochschule Anhalt in Bernburg. „Der entscheidende Vorteil, den Kühe beim Weiden haben: Sie fressen selektiv“, sagt er. Sie nehmen das nährstoffreiche Gras auf und lassen den rohfaserreichen Aufwuchs stehen. In normalen Jahren empfiehlt Scholz einen Weiderest von 20 bis 25 %. Bei schlechtem Futter müssten Landwirtinnen und Landwirte jedoch einen Weiderest von 40 bis 50 % tolerieren, damit die Tiere bedarfsgerecht versorgt sind. „Wenn der Weiderest derart hoch ist, ist jedoch auch die Hälfte vom Ertrag verschenkt. Weide ist also nicht billig“, bringt es der Professor auf den Punkt.

Der Vorteil vom Weiden ist, dass die Tiere selektiv fressen. Sie nehmen dadurch Pflanzenteile mit einem hohen Energie- bzw. Proteingehalt auf und lassen roh­faser­reichen Aufwuchs stehen. (Bildquelle: Lütke Hockenbeck)

Das selektive Fressen bietet jedoch auch den Vorteil, dass die Tiere das Futter mit der besseren Verdaulichkeit aufnehmen. Denn bei Rohfasergehalten ab 300 g je kg TM nimmt die Verdaulichkeit stark ab. „Das ist vor allem problematisch, wenn Landwirte den Aufwuchs mähen wollen. ­Gerade auf Naturschutzflächen, die vor dem 15. Juni nicht geerntet werden dürfen“, erklärt Scholz. Denn: Bei der Mahd wird das gesamte Futter geerntet. Die Kühe können später nicht selektieren und so sinkt die Qualität des aufgenommenen Futters.

Die Ration planen

Gemähtes Futter kommt häufig in der Winterration zum Einsatz. „Wenn darin zu viel Rohfaser enthalten ist, sollte es möglichst kurz auf 4 bis 10 cm gehäckselt sein. Sonst ist die Futteraufnahme zu gering, da die Tiere zu viel Zeit mit Kauen bzw. Wiederkauen verbringen“, rät der Professor für Tier­ernährung. Er weist darauf hin, dass eine hohe Futteraufnahme der Voraussetzung einer hohen Aufnahme von Energie entspricht.Betriebe, die kein extensives Futter einsetzen, können bei einem Rohfasermangel auf Stroh in der Ration zurückgreifen.

Auswertungen der Hochschule Anhalt von Mutterkuhbetrieben zeigen die Futteraufnahme in Bezug auf den Rohfasergehalt je kg TM:

  • 31 % XF: 12,7 kg TM/Kuh/Tag
  • 35 % XF: 10,6 kg TM/Kuh/Tag
  • 38 % XF:  7,1 kg TM/Kuh/Tag

„Es ist wichtig, dass die Tiere insbesondere vor der Kalbung gutes Futter erhalten, damit sie genug fressen. Andernfalls nehmen sie auch nach der Geburt nicht aus­reichend Futter auf“, sagt Heiko Scholz. Nach der Kalbung sollte die Ration maximal 26 % XF enthalten. Betriebe mit Naturschutzflächen können dafür gut den Herbstschnitt nutzen, der mehr Rohprotein und weniger Rohfaser enthält. „Mein Tipp: Beim Wickeln der Grasballen verschiedene Folien­farben verwenden, um die einzelnen Schnitte besser unterscheiden zu können“, so Scholz.

Mein Tipp: Beim Wickeln der Grasballen verschiedene Folienfarben verwenden, um die Schnitte unterscheiden zu können.“ - Prof. Heiko Scholz

m die Qualität der Siloballen auf einen Blick unterscheiden zu können, rät Scholz dazu, verschiedene Farben bei der Wickelfolie zu wählen. (Bildquelle: Lütke Hockenbeck)

Tiere im Blick behalten

Um den Erfolg der Fütterung zu kontrollieren, hilft ein Blick auf die Tiere.

  • Pansenfüllung: Um die Pansenfüllung zu beurteilen gibt es ein Punktesystem. Bei 1 und 2 ist der Pansen tief unter die Querfortsätze eingefallen. In diesem Fall ist die Passagerate vom Futter zu hoch. Das ist häufig im Mai der Fall, wenn das Futter sehr verdaulich ist. „In dieser Zeit ist der Zustand nicht änder­bar. Wiederkäuer können das jedoch tolerieren und steigern ihre Milchleistung bzw. ihre Zunahmen“, so Scholz. Wenn hochtragende Kühe zu dieser Zeit auf die Weide kommen, verfetten sie und das Risiko einer Schwergeburt steigt. Bestenfalls kommen Mutterkühe erst nach der Geburt raus. In Stufe 3 ist die Bauchdecke leicht eingefallen. Dieser Zustand ist wünschenswert. Bei 4 bis 5 haben die Tiere einen runden Bauch und eine starke Pansenfüllung. Das kommt häufig bei trockenstehenden Kühen vor oder bei der Fütterung von extensivem Futter. Die Passagerate ist gering.
  • Body Condition Score (BCS): Der BCS beschreibt die Kondition von Tieren. Bei Mutterkühen ist er jedoch schwieriger zu erheben, da sie sowohl Muskeln als auch Fett ansetzen und ein dickes Fell haben. Es lohnt sich jedoch, den Wert etwa dreimal jährlich zu bestimmen. Und zwar: beim Kalben, wenn die Tiere auf die Weide gehen und beim Absetzen, also wenn sie von der Weide in den Stall kommen.
  • Kot: Schaut man sich den Kot genau an, lässt er sich – ähnlich wie bei der Pansenfüllung – in ­einen Score von 1 bis 5 gliedern. Bei 1 und 2 ist der Kot zu dünn. 3 ist optimal und 4 und 5 bedeutet zu fest. Bei trockenstehenden ­Kühen ist dickerer Kot jedoch ok.

Scholz empfiehlt, alle drei Kennzahlen gemeinsam zu betrachten, und nicht nur die herauszupicken, die einem am besten gefällt. Zudem rät er Mutterkuhhalterinnen und -haltern, die Beobach­tungen aufzuschreiben. So lassen sich etwa im Jahresverlauf bestimmte Muster erkennen oder bei einer möglichen Kontrolle nachweisen: „Der aktuelle Zustand der Tiere ist mir bewusst. Ich begreife, was gerade los ist.“ Beispielsweise dann, wenn das proteinreiche Futter im Mai dafür sorgt, dass der Pansen der Tiere schlechter gefüllt und der Kot dünn ist.

Fazit

Während der Vegetationsperiode kommt es auf ein gutes Weidemanagement an. Das schließt auch das Zulassen von Weideresten ein. Zudem ist die Versorgung mit Mineralfutter wichtig. In den Wintermonaten findet die Fütterung meist im Stall statt. Dort rät Scholz den Landwirten zu einer Misch­ration, die auf Analyseergebnisse der einzelnen Futtermittel basiert. Auch hier ist eine mineralische Ergänzung sinnvoll und notwendig. Für Mutterkuhbetriebe ist es zudem wichtig, die Futteraufnahme der Tiere zu kennen. Im Minimum beschränkt es sich darauf, zu wissen, wie lange wie viele Tiere an einem Rundballen fressen können. Scholz sagt: „Letztlich ist die Fütterung stark vom Standort abhängig und für jeden Betrieb individuell zu sehen. Wichtig ist, die Tiere dabei im Blick zu behalten.“

Qualität kontrollieren
Um die Qualität der einzelnen Grasballen zu überprüfen, empfiehlt Prof. Heiko Scholz eine Mischprobe. „Landwirtinnen und Landwirte sollten etwa fünf bis zehn Ballen ­beproben“, sagt er.
Das Vorgehen:
- 1 kg Futter je Ballen entnehmen und als einzelne Probe einziehen.
- Proben der Ballen nach und nach in der Truhe sammeln.
- Wenn genügend Proben vorhanden sind, diese ins Labor schicken und eine Mischprobe untersuchen lassen.
- Die Anhaltswerte dieser repräsentativen Stichprobe sind Grundlage für die Rationsberechnung.

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