Grünland

Trockensteher auf der Weide

Wie geht es trockenstehenden Kühen in grünlandintensiven Regionen? Praxisergebnisse der Hochschule Osnabrück zeigen: Da ist noch Potenzial.

In Niedersachsen bieten die küstennahen Gebiete mit Grünlandanteilen von 50 bis 90 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche einen kostengünstigen natürlichen Standort zur Milchproduktion. Etwa 45 % der Kühe haben dort Zugang zur Weide. Weidefutter enthält viel Kalium, Calcium und Eiweiß. Dadurch steigt das Risiko für Milchfieber. Eine begrenzte Weidehaltung ist daher in der Transitperiode ratsam.

Im Rahmen einer Bachelorarbeit an der Hochschule Osnabrück war es Ziel, Milchviehbetriebe aus dem Grünlandgürtel in Nordwest-Niedersachsen zur Fütterung und zum Management von trockenstehenden Kühen in Form eines Interviews zu befragen. Die erhobenen Daten wurden mit den Empfehlungen der Literatur verglichen.

Material und Methoden

2022 wurden 50 Betriebsleiter von zufällig ausgewählten Milchviehbetrieben aus Nordwest-Niedersachsen persönlich interviewt. Der Fragebogen bestand aus sieben Themenblöcken und insgesamt 52 geschlossenen Fragen:

  • „Allgemeine Betriebsdaten“: Anzahl der Milchkühe, Trockensteher und 305-Tage-Milchleistung.
  • „Trockenstellen“: Art des Trockenstellens, Dauer der Trockenstehzeit.
  • „Fütterung“: Rationsgestaltung, eingesetzte Grasschnitte, -anteile und Komponenten.
  • „Grünland“: Nutzungsintensität, Düngung der Weide, Untersuchung von Silagen.
  • „Controlling“: Maßnahmen im Fütterungs- und Tiercontrolling
  • „Unterbringung“: Ist eine Abkalbebox vorhanden?
  • „Pflege“: Häufigste Krankheiten vor und nach der Abkalbung, Regelmäßigkeit der Klauenpflege.

Das sind die Ergebnisse

Die durchschnittliche Kuhzahl pro Betrieb betrug 146 Kühe, davon waren 19 Tiere im Schnitt Trockensteher. Die 305-Tage-Milchleistung lag bei 9025 kg. Die Spannweite reichte von 6900 kg bis 11  200 kg Milch. Rund 60 % der Betriebe stellten die Kühe antibiotisch und 28 % selektiv trocken. 44 % der Betriebe verwendeten einen internen Zitzenversiegler. Einige der Befragten (22 %) praktizierten einen kombinierten Einsatz von antibiotischem Trockensteller und Zitzenversiegler. 16 % setzten auf selektives Trockenstellen und verwendeten einen Zitzenversiegler. Die Dauer der Trockenstehzeit entsprach durchschnittlich 49 Tage (21 bis 70 Tage).

Etliche Betriebe (64 %) fütterten die Trockensteher zweiphasig und der Rest einphasig. Eine Rationsberechnung der Trockensteherration wurde auf 42 % der Betriebe durchgeführt. 26 % der Betriebe gaben an, dass sie Futterreste der Laktierenden oder die Ration des Jungviehs an die Trockensteher verfütterten.

Grassilage in der Ration

Alle Betriebe hatten Grassilage in der Ration. Davon verwendeten 46 % ausschließlich den 1. und 2. Schnitt, 30 % den 3. bis 5. Schnitt und die restlichen 24 % die Partie, die gerade am Silo geöffnet war. Der Anteil an Grassilage betrug in den meisten Rationen mehr als 60 %. Neben Grassilage setzten 48 % der Betriebe Maissilage, 34 % Stroh, 30 % Heu, 54 % Kraftfutter und 6 % saure Salze als weitere Komponenten ein. Rund 70 % der Rationen waren mineralisiert.

10 % der Befragten untersuchten nicht den Futterwert der Silagen. Knapp die Hälfte der Betriebe (46 %) ließ eine Standardanalyse und 44 % eine Standardanalyse inklusive Ermittlung der Mineralstoffgehalte und Kationen-Anionen-Bilanz (DCAB) anfertigen. Mehr als die Hälfte der Befragten (60 %) ermöglichte den Trockenstehern Weidegang und 16 % Weidegang als Auslauf mit dauerhaftem Zugang zum Futtertisch.

Harnanalysen zur Bestimmung der Netto-Säuren-Basenausscheidung und Analysen der vorgelegten Rationen wurden von je 28 % der Höfe durchgeführt. 24 % analysierten den Kot der Tiere und 21 % bestimmten regelmäßig den Trockensubstanz (TS)-Gehalt der Ration.

Bei 14 % der Betriebe hatten die Trockensteher keine Abkalbebox.

Mehr als die Hälfte der Betriebe (52 %) gab Milchfieber, gefolgt von Nachgeburtsverhalten (28 %) und Ketose (16 %) als häufigste vorkommende Krankheiten im peripartalen Zeitraum an.

Milchfieberprophylaxe

Auf 58 % der Betriebe wurden die Trockensteher ohne vorherige Rationsberechnung gefüttert. Eine Rationsberechnung ist für eine ­bedarfsgerechte Versorgung und zur Vermeidung von Krankheiten unumgänglich.

Mehr als die Hälfte der Betriebe (56 %) untersuchte die Grassilagen nicht auf Mineralstoffgehalte. Auf diesen Betrieben findet das DCAB-Konzept zur Milchfieberprophylaxe noch keine Anwendung. Das häufige Auftreten von Milchfieber bei 52 % der Betriebe ist damit und insbesondere durch die Weidehaltung zu erklären.

Insgesamt betreuen einige grünlandintensive Betriebe in Nordwest-Niedersachsen ihre Trockensteher „stiefmütterlich“ und es besteht noch großer Schulungsbedarf.

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