Kälberaufzucht

Welcher Kälberstall passt zum Betrieb?

Kälber gibt es auf jedem Milchviehbetrieb. Kuhhalter fragen sich häufig, wie sie die jungen Tiere gut und praktikabel unterbringen können.

Milchviehbetriebe wählen verschiedene Aufzuchtvarianten. Manche ziehen die komplette weibliche Nachzucht auf, andere nur die für die Remontierung benötigten Tiere, wieder andere behalten die komplette männliche und weibliche Nachzucht.

„Jeder Betrieb muss also individuell die erforderlichen Stallplätze für die Nachzucht ermitteln“, erklärt Sabine Pittgens von der Landwirtschaftskammer NRW. „In der Beratung gehen wir so vor: Wir schauen anhand der HIT-Datenbank, wie viele Kälber in welchem Monat auf dem Betrieb geboren sind. Daraus können wir die erforderlichen Stallkapazitäten ableiten“, erläutert Kollege Willem Tel. Denn gerade in der Milchviehhaltung gibt es große saisonale Schwankungen.

Feste Kälbergruppen

Wichtig ist, dass Kälber in festen Gruppen bleiben und beim Umstallen nicht neu gemischt werden. Deshalb empfehlen die Berater, die Verkaufstiere in eine Gruppe zu stellen und die Remontierungskälber separat.

Außerdem sollte der Altersunterschied innerhalb einer Gruppe nicht größer als vier Wochen sein. „Kleine Kälber haben weniger Immunität als die älteren und werden schneller krank“, erklärt Pittgens.

Die Mindestfläche für kleine Kälber ist ebenfalls zu beachten (Übersicht). Außerdem raten die Berater zu einer Strohliegefläche von 2,5 bis 3 m2 je Tier.

Wenn jeder Betriebsleiter weiß, wie lange er welche Kälber auf seinem Hof hat und wie viele Stallplätze nötig sind, kann er das passende Stallsystem wählen.

Bewährtes Konzept

Milchviehhaltern stehen verschiedene Stallsysteme für Kälber zur Verfügung. In NRW sind momentan vier geläufig:

Holsteiner Kälberstall: „Dieser Stall mit einzelnen Buchten für die verschiedenen Altersgruppen in einer Reihe wurde in den letzten Jahren sehr häufig gebaut“, berichtet Pittgens. Landwirte schätzen an dem System: Eimer- wie Automatentränken sind nutzbar und es ist ein kurzes Entmistungsintervall der Gruppenbuchten realisierbar. Als problematisch bewerten die Berater jedoch die Hygiene. „Beim Ausmisten kann man nur die komplette Achse misten. Bedeutet: Der Mist wird durch alle Buchten geschoben.“

Trotzdem funktioniert das System in der Praxis besser als gedacht, so Pittgens. Wichtig ist, die jungen Kälber nach vorne zu stellen, damit der Mist der Älteren nicht durch ihren Stall geschoben wird.

Die Einzelhaltung können Landwirte im Gebäude integrieren. „Zusätzlich notwendige Stallplätze für die Einzelhaltung der Verkaufskälber oder bei Abkalbungsschwankungen können beispielsweise außerhalb des Stalles unter einem Abdach untergebracht werden“, erklärt Tel. Zusammenfassend bringt es der Berater so auf den Punkt: „Der Holsteiner Stall eignet sich gut für Betriebe mit kleinen Kälbergruppen und ist gut mit einer Person zu bedienen.“

Stall für große Gruppen

Riswicker Kälberstall: Die Kälber liegen im Strohbereich und stehen am Futtertisch auf Spalten oder planbefestigtem Boden. „Dieses zweiachsige Gebäude mit mittigem Futtertisch wird momentan nicht mehr so häufig gebaut“, sagt Pittgens. Knackpunkt sei die Gruppengröße. Der durchschnittliche Milchviehbetrieb in NRW hat für das System zu wenig Kälber in einer Altersgruppe. „Das Stalldesign gibt eine Gruppengröße von etwa 15 Kälbern pro Altersgruppe vor.“ Außerdem stehen die Einzeliglus nicht mit unter Dach.

Beim Riswicker Modell stehen die Kälber in zwei Großgruppen auf Stroh im Liegebereich und planbefestigtem Boden im Fressbereich. (Bildquelle: Tel)

Positiv zu bewerten ist, dass Eimer- wie auch Automatentränke nutzbar sind. Auch die Entmistung einzelner Buchten und das Rein-Raus-System sind umsetzbar.

Problematisch: „Die Baukosten sind für viele Landwirte zu hoch, weil sie den Stall dreimal bauen müssten für die verschiedenen ­Altersgruppen bis zu sechs Monaten“, fasst Tel zusammen.

Iglus plus Halle

Kälberstall mit Gruppeniglus: In diesem Stall stehen Gruppen- und Einzeliglus vor bzw. unter einer einfachen Halle. Der Auslauf ist also unter Dach. „Dieses System ist auf vielen Betrieben zu finden, da es Iglus in unterschiedlichsten Größen und Varianten gibt“, erklärt Pittgens. Allerdings ist der Stall nicht so günstig, wie es auf den ersten Blick erscheint: „Hülle, Bodenplatte und Iglus müssen gekauft werden. Außerdem bedürfen Bodenplatte und Hülle einer Genehmigung. Und bei bestehenden Hallen einer Nutzungsänderung“, mahnt Tel.

Hier stehen Gruppeniglus vor einer Halle. Bodenplatte und Hülle müssen Landwirte genehmigen lassen. Das System ist in der Praxis weit verbreitet. (Bildquelle: Pittgens)

In seinen Augen eignet sich das System besonders gut für Verkaufskälber oder bei saisonalen Schwankungen. Landwirte nutzen es aber auch häufig für die weibliche ­Remontierung.

Gute Hygiene in der Garage

Garagenkonzept: Beim Garagenstall befinden sich die einzelnen Buchten hygienisch voneinander getrennt in einer Reihe. Die Kälber sind auch vorher schon in den entsprechenden Gruppen, die Trennwände für die Einzelhaltung werden nach ein bis zwei Wochen ­herausgenommen und die Kälber verbleiben in der Bucht.

Im Garagenkonzept sind die einzelnen Buchten hygienisch voneinander getrennt. Der Stall eignet sich nur für Kälber bis zu drei Monaten. (Bildquelle: Pittgens)

Als Tränkesystem kommen hier nur Eimertränke oder Milchbar infrage, erklärt Tel. Außerdem ist die Baugenehmigung für Ober- und Unterbau zwingend notwendig. Ein Vorteil: Die modulare Bauweise ist grundsätzlich erweiterungsfähig.

„Ganz wichtig: Das System eignet sich nur für Kälber bis zum dritten Lebensmonat, also in der Tränkephase. Danach werden die Kälber zu groß und produzieren zu viel Mist. Dann müssten sie in ein ­anderes Stallsystem umziehen“, berichtet der Berater. Also eignet sich das System am besten für die Verkaufskälber. Ein weiteres Problem bei dem System: „Wohin mit den Kälbern beim Ausmisten? Theoretisch müsste eine Bucht freibleiben als Ausweichraum“, betont Pittgens.

Außerdem gibt es nach Aussagen der Berater Nachteile bei der Arbeitswirtschaft: Die Mitarbeiter sind nicht vor schlechter Witterung geschützt.

Management entscheidend

„Am Ende muss das Stalldesign zur Betriebsgröße und dem gewünschten Tränkesystem passen“, bringt es Pittgens auf den Punkt. Für die Tiergesundheit ist entscheidend, dass Landwirte ein Rein-Raus-System fahren und die Ställe häufig entmisten. Jeder Betrieb muss für sich entscheiden, worauf es ihm am eigenen Arbeitsplatz bei und mit den Kälbern ankommt und welche Baukosten für ihn realisierbar sind. Am Ende zählt das Management.

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