Betriebszweigauswertung

Mutterkuhhaltung: Wichtige Kennzahlen

Mutterkuhhaltung wirtschaftlich gestalten – das ist das Ziel. Doch welche Faktoren sind für den Erfolg ausschlaggebend?

Die Mutterkuhhaltung ist ein naturnahes und häufig extensives Verfahren der Grünlandnutzung. Die Rinder halten Grünlandflächen frei, die durch ihre Hangneigung, ihren Zuschnitt oder ihre Größe kaum anderweitig nutzbar sind. Oftmals werden in den mutterkuhhaltenden Betrieben auch Weiden bewirtschaftet, die als natürlicher Rückhalt bei Starkregenereignissen dienen und dann zumindest zeitweise nicht befahrbar sind. Diese besonderen Flächen erfordern einen besonderen Arbeitseinsatz und eine dazu passende Maschinenausstattung.

Doch treffen die Faktoren der Ökologie, wie Beweidung zur Förderung der Artenvielfalt und Biodiversität, auf harte wirtschaftliche Faktoren der Ökonomie. Die Herausforderung in der Mutterkuhhaltung ist, die Nachhaltigkeit in allen Bereichen sicherzustellen. Zudem gibt es keine aktuellen betriebswirtschaftlichen Kennzahlen (Betriebszweigauswertung für Mutterkuhhalter).

Betriebszweigauswertung für Mutterkuhhalter
Eine Möglichkeit, die ökonomischen Zahlen landwirtschaftlicher Produktionsbereiche spezifisch zu ermitteln, ist eine Betriebszweiganalyse (BZA). Sie bietet die Möglichkeit, einen Betrieb schematisch zu analysieren und überbetrieblich vergleichbar zu machen. So erhält man einen Überblick über die Leistungen und Kosten der einzelnen Produktionsverfahren, beispielsweise der Mutterkuhhaltung. Für diese gibt es genau solche Zahlen aktuell nicht. Deshalb arbeitet die Landwirtschaftskammer NRW zusammen mit rund 30 Mutterkuhhaltern daran, über zwei Wirtschaftsjahre die Situation der Mutterkuhhaltung in NRW zu beleuchten. Ziel ist es, die Wirtschaftlichkeit der Mutterkuhhaltung und aktuelle Herausforderungen für eine nachhaltige Wirtschaftsweise besser beschreiben zu können.
Mutterkuhhalter, die an einer BZA Interesse haben, können sich bei Carina Stümmler (Carina.Stuemmler@LWK.NRW.DE) melden. Das Projekt ist vom Land NRW gefördert und die Beratung somit kostenlos.

Absetzer vermarkten

Die bedeutenden Faktoren für eine wirtschaftlich erfolgreiche Mutterkuhhaltung sind jedoch bekannt. Bleiben wir zunächst auf der Erlösseite: Einziges vermarktungsfähiges Produkt ist das Kalb der Mutterkuh.

In der Mutterkuhhaltung ist nur das Kalb zu vermarkten. (Bildquelle: Lütke Hockenbeck)

Dieses kann als Absetzer zur Mast, zur Zucht oder auch in der Vermarktung von Rindfleisch genutzt werden. Auch bei einer innerbetrieblichen Versetzung, das heißt wenn ein weibliches Jungtier im Betrieb weiter aufgezogen wird, werden Erlöse angesetzt. Die Zahl der abgesetzten, also vermarktungsfähigen, Tiere pro Wirtschaftsjahr ist daher ein wichtiger Parameter, um das Betriebsergebnis zu beeinflussen. Dieser Wert ist stark von den biologischen Leistungen der Mutterkuhherde, aber auch von möglichen Verlusten rund um die Geburt und bis zum Absetzen, abhängig.

Beispielrechnungen

In der Übersicht sind für einen Beispielbetrieb mit 20 Mutterkühen unterschiedliche Szenarien dargestellt. Zum Hintergrund: der durchschnittliche Mutterkuhbetrieb in NRW hält aktuell rund elf Mutterkühe. Die Werte je Mutterkuh und je Betrieb sind für alle Szenarien auf ein Jahr hochgerechnet, da dies dem Auswertungszeitraum in einer Betriebszweigauswertung (BZA) entspricht.

Im Szenario 1 hat jede Mutterkuh ein gesundes Kalb geboren und während der gesamten Aufzuchtphase an der Kuh gibt es keine Verluste. Ebenso erreicht der Beispielbetrieb eine Zwischenkalbezeit (ZKZ) von genau 365 Tagen. Theoretisch stehen diesem Betrieb also 20 Absetzer zum Verkauf zur Verfügung. Bei gleicher Verteilung der Geschlechter und einem unterstellten Durchschnittspreis von 900 € könnte er bei Verkauf aller Absetzer 18  000 € erzielen.

Eine Differenz in der realisierten Zwischenkalbezeit (ZKZ) von rund zwei Monaten (Szenario 3 und 5) bei ansonsten gleichen Leistungen im Betrieb wirkt sich wie folgt aus: bei kürzerer ZKZ (335 d) wären in dem Beispiel 18 630 € zu erlösen. Erhöht sie sich um rund zwei Monate auf 400 Tage, reduziert sich der auf ein Jahr bereinigte mögliche Erlös um 3060 € auf 15 570 €. Je Mutterkuh wären das 153 € weniger auf der Erlösseite. In diesen beiden Varianten wurde zudem eine Aufzuchtquote von 95 % unterstellt.

Kondition Mutterkuh

An den Beispielen ist schnell zu erkennen, dass es in jedem mutterkuhhaltenden Betrieb Ziel sein muss, gute biologische Leistungen mit den Tieren zu erreichen.

Für eine hohe Aufzuchtquote ist es notwendig, dass möglichst alle Mutterkühe jährlich kalben. Ebenso sind geringe Kälber- und Jungtierverluste anzustreben. Ein Aspekt dabei ist eine optimale Konditionierung der Kühe:

  • Zur Kalbung sollten die Tiere in mittlerer Kondition sein (Body Condition Scoring (BCS) um 3,5).
  • Eine Verfettung ist unbedingt zu vermeiden, um Schwergeburten vorzubeugen.
  • Eine Unterkonditionierung zur Kalbung ist ebenso problematisch, da daraus gesundheitliche Störungen sowie eine verminderte Leistung und Fruchtbarkeit nach der Kalbung resultieren können.
  • Völlig natürlich ist ein leichter Rückgang in der Körperkondition nach der Kalbung. Dieser sollte nicht anhaltend und nicht stärker als 0,5 BCS-Punkte ausgeprägt sein. Reicht beispielsweise das Futterangebot auf der Weide nicht aus, ist eine angepasste und nach dem Bedarf ausgerichtete Beifütterung notwendig. Auch eine ganzjährige Mineralstoff- und Spurenelementversorgung entsprechend der Empfehlungen ist wichtig.

Die Zwischenkalbezeit wird stark von der Fruchtbarkeit der Mutterkühe und der Befruchtungsfähigkeit des Zuchtbullen beeinflusst. Hier sollte in den Betrieben auf eine optimale Konditionierung der Zuchttiere zur Belegung geachtet werden.

Biologische Leistung

Die beiden Parameter Zwischenkalbezeit und Aufzuchtquote veranschaulichen, wie bedeutend der Einfluss biologischer Leistungen und damit des Herdenmanagements auf die Erlössituation in einem Mutterkuhbetrieb sein kann. Die angestrebte Zwischenkalbezeit ist betriebsspezifisch, doch auch abhängig von anderen Faktoren.

Um das Futterangebot im Jahresverlauf optimal auszunutzen, arbeiten viele Betriebe mit einer festen Abkalbesaison im zeitigen Frühjahr. In diesem Fall ist dann von einem Zielwert der ZKZ um 365 Tage auszugehen. Ist die Erlössituation durch eine Direktvermarktung von Fleisch oder durch den Zuchttierverkauf pro Tier besser, verbessert sich auch der Vorteil einer guten Produktionstechnik entsprechend.

Aus den Erfahrungen der BZAs in der Milchkuhhaltung liegen gesicherte Erkenntnisse vor, dass grundsätzlich auch ein niedrigeres Erstkalbealter (EKA) zu günstigeren Aufzuchtkosten für Färsen zur Bestandsergänzung beiträgt. Mit einem niedrigeren EKA kann die „unproduktive“ Zeit eines Aufzuchtrindes reduziert werden. Anders als in der Milchkuhhaltung finden sich aber in der Mutterkuhhaltung viele verschiedene Rassen, die spezifische Anforderungen an ein optimales EKA stellen. Hierauf muss entsprechend der Rasse Rücksicht genommen werden. Gerade dieses breite Rassespektrum macht die Mutterkuhhaltung aus und ist gesellschaftlich gewünscht.

Vorsicht: Kostenpunkt Weide
Ein wichtiger Aspekt in der Mutterkuhhaltung ist auch der Bereich der Grundfutterproduktion. In den BZA-Auswertungen der Landwirtschaftskammer NRW soll künftig eine Abgrenzung der Erzeugung des Winterfutters und der Aufwendungen für die Weidehaltung erfolgen. Weidehaltung wird in Mutterkuhbetrieben häufig extensiv in Sachen Düngung und auch der Nutzungshäufigkeit praktiziert. Dabei ist die Wirtschaftlichkeit der Weide einer der entscheidenden Kostenpunkte und hat einen großen Anteil an Erfolg oder Misserfolg. Bei den Produktionsverfahren Grassilage oder Heu sind es die Maschinenkosten, die den Ausschlag über die Wirtschaftlichkeit geben. Bei dem Verfahren Weide ist dagegen das erforderliche Input an Arbeitszeit für die Weidehaltung ein bedeutender Faktor. Denn Weidehaltung ist mit vielen unterschiedlichen Arbeiten verbunden:
- Einzäunungen herrichten und in Stand halten,
- Weidezäune freimähen,
- Wasserversorgung über mobile Fässer sicherstellen,
- Tiere umfahren zu unterschiedlichsten Weideflächen,
- Flächenzuteilung entsprechend der Witterung (zum Beispiel Schatten im Sommer),
- Weidepflege usw.
Deswegen soll auch der Produktionsfaktor Arbeitszeit mit in die Betriebszweiganalysen einfließen.
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