Videoaufnahmen

Vermeintliche Tierschutzverstöße bei Schweinehalter im Kreis Kleve

Bereits vor einem Jahr haben Aktivisten des deutschen Tierschutzbüros in einem Schweinebetrieb im Kreis Kleve vermeintliche Tierschutzverstöße gefilmt. Veröffentlicht wurden die Videos erst jetzt.

Das deutsche Tierschutzbüro hat in dieser Woche Videoaufnahmen veröffentlicht, die aus einem Schweinemastbetrieb im Kreis Kleve stammen sollen. Darin sind unter anderem Schweine mit verletzten Ohren, Gelenken und Nabelbrüchen zu sehen. Weitere Aufnahmen zeigen kranke Schweine, die auf dem Abteilgang separiert wurden.

Das deutsche Tierschutzbüro teilte auf Nachfrage von top agrar mit, dass die Aufnahmen bereits aus dem Juli 2022 stammen. Unmittelbar nach Sichtung des Materials habe die Organisation das zuständige Veterinäramt informiert sowie im August 2022 Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Kleve erstattet.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun gegen den Betriebsleiter wegen des Verdachts auf Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. Wegen den noch laufenden Ermittlungen wollte sich die Staatanwaltschaft gegenüber top agrar dazu aber nicht weiter äußern.

Tönnies sperrt Betrieb als Lieferant

Bei dem beschuldigten Betrieb handelt es sich um einen Zulieferer des Schlachthofs Tönnies aus Rheda-Wiedenbrück. Dort bezog man diese Woche ebenfalls Stellung zu den Vorwürfen. „Diese Bilder erschüttern uns zutiefst und sind nicht zu akzeptieren“, äußerte sich der Pressesprecher des Unternehmens. Der Landwirt sei unverzüglich für weitere Lieferungen gesperrt worden.

Außerdem könne Tönnies im konkreten Fall ausschließen, dass die in den Aufnahmen gezeigten Tiere an den eigenen Schlachthof geliefert wurden. Das Unternehmen habe die Gesundheitsbefunddaten der von dem betroffenen Betrieb gelieferten Schweine analysiert und keine Anhaltspunkte für Vernachlässigungen gefunden.

Unheilbar kranke Tiere rechtzeitig erlösen

Der Rheinische Erzeugerring für Mastschweine (REMS), dessen Mitglied der beschuldigte Schweinhalter ist, äußerte sich heute ebenfalls zu den Vorwürfen. „Kranke Tiere dürfen nicht auf den Stallgang “, erklärte Dr. Frank Greshake, Geschäftsführer des REMS gegenüber top agrar. Stattdessen müsse jeder Schweinehalter zwingend eine Krankenbucht vorhalten, in der kranke Tiere bei Bedarf separiert werden können.

Kranke und verletzte Schweine separieren

Genesungsbuchten für Schweine

von Gerburgis Brosthaus

Kranke oder verletzte Schweine gehören in die Genesungsbucht. Einige Praxisbeispiele, komfortabel fürs Schwein und praktisch für den Landwirt.

Außerdem verstoße es gegen das Tierschutzgesetz, wenn kranke Tiere zu lange leiden. „Deshalb gilt es, unheilbar kranke Schweine rechtzeitig zu erlösen und notzutöten“, appelierte Dr. Greshake. Wenn Landwirte sich selbst nicht im Stande fühlen, das betroffene Tier notzutöten, müssen Sie alternativ Ihren Tierarzt damit beauftragen.

Tönnies: Verzögerte Veröffentlichung der Verstöße nicht nachvollziehbar

Darüber hinaus verurteile der REMS, dass die Aufnahmen erst ein Jahr später publik gemacht wurden. „Obwohl die Anzeige bei der Staatsanwaltschaft frühzeitig gestellt wurde, dauert es eine gewisse Zeit bis die staatlichen Kontrollinstrumente anlaufen. Die gefilmten Schweine befinden sich bis dahin längst nicht mehr im Betrieb und für das zuständige Veterinäramt ist es somit unmöglich, den Fall sachgerecht aufzuklären“, ärgert sich Greshake.

Die verzögerte Berichterstattung habe verhindert, dass der Landwirt selbst frühzeitig Stellung beziehen und das Veterinäramt mit der Aufklärung beauftragen konnte. Das Vorgehen des deutschen Tierschutzbüros lasse deshalb darauf schließen, dass es hierbei nicht um aktiven Tierschutz, sondern um eine möglichst medienwirksame Kampagne gehe.

Ebenso sei wegen des großen zeitlichen Abstands nicht mehr nachprüfbar, ob wirklich alle Aufnahmen in dem veröffentlichten Video aus dem beschuldigten Betrieb stammen, kritisierte der Geschäftsführer des REMS weiter. Einen Fall mit ähnlichem Vorgehen der Tierrechtsorganisation Ariwa gab es zuletzt im Frühjahr 2022.

Auch Tönnies könne nicht nachvollziehen, warum das Deutsche Tierschutzbüro das Schlachtunternehmen nicht umgehend nach Aufnahme des Videomaterials persönlich informiert habe. „Anstatt uns die Möglichkeit zu geben, unverzüglich Maßnahmen einzuleiten, scheint das Tierschutzbüro über ein Jahr lang Informationen zurückzuhalten, um sie für eine breitgestreute PR Kampagne zu nutzen“, heißt es in der Stellungnahme.

Das Deutsche Tierschutzbüro teilte auf Nachfrage von top agrar mit, dass es die Videoaufnahmen erst jetzt veröffentlicht habe, da dem Verein in der Vergangenheit öfters vorgeworfen wurde, durch eine zu schnelle Öffentlichkeitsarbeit die Arbeit der Behörden zu behindern.

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