Der Trend zu sinkenden Futterkosten und guten Schweinepreisen hält an. Einerseits fließt aus der Ukraine immer mehr Getreide ab. Andererseits hilft das kleine Schlachtangebot. „2023 wird Deutschland nicht einmal mehr auf 44 Mio. Schlachtungen kommen“, prophezeite Dr. Albert Hortmann-Scholten von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen am Dienstag auf der SUS-Fachtagung in Vechta. Das forciere Überkapazitäten im vor- und nachgelagerten Bereich. So erwartet der Marktexperte noch in diesem Jahr Schließungen deutscher Schlachthöfe.
Filetversorgung sinkt
Der Selbstversorgungsgrad sinkt: „Bei den hierzulande bevorzugten Edelteilen sind es vielleicht noch 80 % – die importierten Ferkel mitgerechnet“, schätzt Hortmann-Scholten. Ein Drittel des in Deutschland verzehrten Fleischs stamme schon aus dem Ausland.
Müsste der Schweinepreis bei solcher Knappheit nicht noch höher liegen? „Wenn man das Rad einmal überdreht, ist die Notierung schnell wieder im Keller“, warnt Hortmann-Scholten. Deutschland liege beim Schweinepreis schon wieder oberhalb des EU-Durchschnitts, auch wenn sich die Preise der einzelnen Länder nicht so leicht vergleichen lassen. Der Preisabstand zu Spanien etwa sei Richtung Sommer immer größer, da sich das Land auf die Urlaubssaison vorbereite. Dänemark hingegen werde in diesem Jahr nicht mehr an Deutschland heranreichen.
Dr. Albert Hortmann-Scholten, LWK Niedersachsen
Den Trend stoppen
Mit Tierwohl könnte Deutschland sich vom Ausland abheben. Doch jeder Mäster muss genau überlegen, zu welchen Kosten er produzieren kann. Bei teuren Betriebsmitteln, steigenden Löhnen und 20 % Baukosteninflation sieht Hortmann-Scholten für den flächendeckenden Umbau schwarz. Ein Ferkelpreis von 91 € reiche gerade einmal für eine ökonomisch nachhaltige Produktion aus. Erst seit diesem Frühjahr können Betriebe ihre Vollkosten decken. Um Löcher zu stopfen, sei mehr nötig.
Nicht ohne Garantie
So sieht es auch Sauenhalter Julius Aundrup aus dem Münsterland. Mit den steigenden Preisen möchte er zunächst wieder ein Polster aufbauen. Gern würde er in Zukunft eine geschlossene Lieferkette mit dem Handel aufbauen. „Doch das bedeutet viel Arbeit und jede Menge Vorleistung. Damit sind wir schon einmal gescheitert“, bedauert der Landwirt. Damals wollte er gemeinsam mit seinem Mäster reinrassige Durocs vermarkten. Produktion und Marketing hatten sie schon aufgebaut, dann wurde es den Partnern doch zu teuer. Für Spezialprogramme und höhere Haltungsformen müsse das Risiko besser über die Stufen verteilt werden. Dr. Albert Hortmann-Scholten empfiehlt dafür Verträge mit Abnahmegarantie, planbaren Preisen und flexiblen Futterkostenklauseln.
Besser integriert?
Aus langjähriger Erfahrung als Geschäftsführer bei Big Dutchman bestätigte Bernd Meerpohl, dass ein Gespür für gute Partnerschaften Zeit braucht. Dennoch kann er sich ein integriertes Produktionsmodell für Deutschland vorstellen – zumindest als Teil der Lösung, weil es Landwirten Sicherheit bietet.
Melanie Große Vorspohl, Schweinehalterin
Auch Schweinehalterin Melanie Große Vorspohl aus Thüringen sieht Chancen in der Integration: Wichtig sei, von wem sie ausgeht und wer die Gewinne aufteilt: „Deutsche Landwirte sind Unternehmer. Sie müssen mehr tun können, als das Licht an- und auszuschalten."
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