Zukunftsforum

Tönnies zündet den Klimaturbo

Mit dem CO2-Fußabdruck stehen Schweine- und Bullenhalter vor der nächsten Dokumentationshürde. Stellt die Branche schnell ein Rechenmodell auf die Beine, bietet die Klimabilanz aber auch Chancen.

Die Tierwohldebatte ist noch in vollem Gange, da kommt schon die nächste Herausforderung – der CO2-Fußabdruck von Schweinen und Bullen. „Die CO2-Reduzierung ist das Top-Thema, das Tierwohl etwas abgelöst hat“, stimmte Dr. Gereon Schulze Althoff die rund 1000 Besucher des Tönnies-Zukunftsforums auf neue Dokumentationspflichten ein.

Das Unternehmen hat im Jahr 2021 über alle Standorte 308.115 t CO2 emittiert, rechnete der Tönnies-Nachhaltigkeitsmanager vor. Um die Pariser Klimaziele einzuhalten, muss dieser Wert bis 2030 um 45 % sinken. Als ersten Schritt kauft Tönnies daher Strom aus Wasserkraft für die Basislast ein.

Lizenz zum Produzieren

Schon jetzt koppeln Banken Kredite an konkrete Nachhaltigkeitsziele, wie Schulze Althoff betonte. Auch der Lebensmittelhandel verlangt die Klimabilanz von Fleisch zunehmend als „Eintrittskarte“. Dabei spielen nicht nur Schlachtung und Verarbeitung eine Rolle, sondern die gesamte Lieferkette.

Für Ackerbauern kein Problem

Da kommen die Tierhalter ins Spiel. Für den dazugehörigen Ackerbau kein Problem, wie Gero Röhlmann berichtete. Der Mäster aus Senden konnte den CO2-Footprint seines Pflanzenbaus problemlos auf einer zertifizierten Digitalen Plattform berechnen. „Das ist keine Hexerei. Die Eingaben für die letzten drei Jahre habe ich an einem Tag erledigt“, ist Röhlmanns Erfahrung. Und das Beste: „Einsparungen werden mit 60 €/t CO2 honoriert.“

Rechenmodelle fehlen

Anders in der Schweinehaltung. Hier fehlen zertifizierte Rechenmodelle – und damit sowohl die offizielle Anerkennung der ermittelten Werte als auch die Honorierung. „Wir brauchen ein einheitliches System“, forderte Gero Röhlmann. „Und das, bevor Politik oder Handel vorgeben, was passieren muss.“

Tönnies geht voran

„Mit Durchschnittszahlen kommen wir nicht weiter, wenn wir unser Verbesserungspotenzial kommunizieren wollen“, bekräftigte Dr. Wilhelm Jaeger. Der Leiter der Abteilung Landwirtschaft im Hause Tönnies warb für eine gemeinsame Klimaplattform der gesamten Branche. Wettbewerber, Futtermittel- und Zuchtunternehmen sollen mit ins Boot. Ziel ist ein einheitliches Rechenmodell für die Kette, das wissenschaftlich fundiert ist und Kritikern standhält. „Aber es darf kein Bürokratiemonster werden“, forderte Schulze Althoff.

Einen ersten Aufschlag macht das Unternehmen mit der hauseigenen Klimaplattform. Hier können Schweine- und Rinderhalter mit ihren Betriebsdaten wie Größe, Futterkomponenten, Energieverbrauch, Güllelagerung etc. einen Probelauf starten, wo sie CO2-mäßig stehen.

Gesamte Kette ins Boot holen

Doch dabei soll das Projekt nicht stehenbleiben. Firmenchef Clemens Tönnies gab auf dem Zukunftsforum den Startschuss für eine CO2-Brancheninitiative, mit der er alle Unternehmen der Kette ins Boot holen will: „Denn die Zukunftsfähigkeit der deutschen Schweinehaltung hängt an den Märkten, aber auch am CO2-Fußabdruck.“Gerburgis Brosthaus

www.klimaplattform-fleisch.de

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