Jeder Stall ist anders. Und damit auch die Maßnahmen, die es für den intakten Ringelschwanz beim Schwein braucht – eine echte Herausforderung.
Deshalb arbeiten derzeit viele Betriebe mit einer Ausnahmegenehmigung vom gesetzlichen Kupierverbot. Doch das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) will Lösungen sehen. Dafür hat es 2018 das Konsortialprojekt zum Verzicht auf das Schwanzkupieren beim Schwein (KoVeSch) veranlasst.
Bundesweites Forschungsprojekt
Beteiligt waren die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, das Bildungs- und Wissenszentrum Boxberg (LSZ), die Landwirtschaftskammern Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, die Christian-Albrechts-Universität Kiel sowie das Friedrich-Loeffler-Institut als Koordinator.
Ihre Ergebnisse sollten Schweinehaltern helfen, betriebsspezifische Optimierungsmaßnahmen zur Haltung unkupierter Tiere zu finden. Doch bei einem Seminar des Nationalen Wissensnetzwerks Kupierverzicht auf Haus Düsse wurde vergangene Woche deutlich: Die Ergebnisse sind allenfalls alarmierend.
Versuchsaufbau
Basierend auf dem aktuellen Forschungsstand und in Absprache mit allen Versuchsstationen wurden sogenannte KomfortPlus-Buchten eingerichtet – mit schlitzreduziertem Ruhebereich, unterschiedlichen Licht- und Klimazonen sowie mehr Tränke- und Fressplätzen als üblich.
Je 35 Schweine bildeten eine Gruppe. Aufzuchtferkel erhielten 0,5 m², Mastschweine rund 1,1 m² Platz pro Tier. In jeder Bucht gab es ein Wühlareal mit Heukorb und wechselndem Beschäftigungsmaterial wie Müsli, Luzernepellets oder Ackerbohnen. Im Kotbereich wurden Kontaktgitter und eine Mikrosuhle installiert. Der Boden bestand dort aus Dreikantstahl.
Ergebnisse
Diese und weitere Faktoren sollten schrittweise reduziert werden – vom Optimum zum Notwendigen, um Schwanzbeißen sicher zu verhindern. Doch das war im Düsser Versuch nur bedingt möglich: In allen Durchgängen der Ferkelaufzucht wurden Schäden an den Schwänzen der Schweine festgestellt.
In fünf der insgesamt 16 Gruppen erlitten mehr als 10 % der Schweine großflächige Verletzungen der Haut. Die Ergebnisse zeigen jedoch auch, dass die Verletzungen nur bei drei von 16 Durchgängen zu 20 % bis 30 % Teilverlusten von einem Drittel der Schwanzlänge geführt haben.
Besonders kribbelig wurden die Ferkel gegen Ende der Aufzucht, so der subjektive Eindruck des Forschungsteams.
Mast schwieriger als Ferkelaufzucht
In der Mast waren die Ergebnisse enttäuschend: Hier erreichte kein einziger Durchgang das Ziel von maximal 10 % Längenverlusten. In jedem Durchgang hatten mehr als 30 % der Schweine angeknabberte Schwänze. Damit waren sie weit entfernt vom Ziel, das sich die Projektteilnehmer gesteckt hatten. Maximal 5 % Schwanzverluste sollte es jeweils zum Ende von Aufzucht und Mast geben.
Wertvolle Arbeitszeit
Ein weiterer Knackpunkt war die Arbeitszeit. Für die Ferkelaufzucht erfasste Haus Düsse knapp 12 Minuten pro Tier. Das sind 87 % mehr als bei vergleichbaren Gruppen ohne Ringelschwanz. In der Mast verdoppelte sich der sonst übliche Arbeitsaufwand beinahe: Fast 23 Minuten fielen hier im Schnitt pro Schwein an – primär durch die Tierbeobachtung, den Reinigungsaufwand, das Nachfüllen von Beschäftigungsmaterial sowie das Umstallen betroffener Tiere.
Zudem steigerten sich die Kosten durch den Umbaubedarf, der abhängig von den jeweiligen Voraussetzungen der Versuchsstationen stark variierte.
Immerhin: Die produktionstechnischen Daten und der Medikamentenbedarf verschlechterten sich im Vergleich zu anderen Durchgängen mit unkupierten Tieren nicht.
Lesen Sie mehr: