Serie: Premiumprodukt Kalbfleisch
Brüninghoff: Vom Kalb bis zum Schnitzel
Von der Kälbermast, über die Verarbeitung des Fleisches bis hin zur Vermarktung der Endprodukte – dafür steht das Familienunternehmen Brüninghoff.
Ein hellrosa Schlachtkörper am Haken neben einem anderen. Der Abstand zwischen ihnen ist immer gleich. Das Fleisch glänzt. Die Luft ist kalt. Der Geruch neutral. Die Schlachtkörper hängen mindestens 24 Stunden im Kühlhaus. Im Innenbereich der Schlachtkörper und an den Anschnitten ist gut zu erkennen, ob das Fleisch hell oder etwas dunkler ist. Weiter hinten im Raum baumeln die dunklen Schlachtkörper. Sie stammen von Kälbern aus der Rosémast, die hellrosafarbenen von Tieren aus der hellen Mast. Die Farbe entscheidet über den Preis.
Das Familienunternehmen Brüninghoff aus Bocholt, Kreis Borken, ist vertikal integriert. Das bedeutet, Brüninghoff hat die Kontrolle über alle Schritte vom lebenden Kalb bis hin zum Schnitzel: Das Unternehmen betreibt Kälbermast, produziert Futtermittel im eigenen Mischwerk, hat einen eigenen Schlachthof mit Zerlegung und bringt die Endprodukte an den Markt.
Kennzeichnend für das inhabergeführte Familienunternehmen ist die Integration: Brüninghoff übernimmt die Verantwortung für alle Schritte vom Ankauf der jungen Kälber über ihre Aufzucht bis hin zum fertigen Produkt. Jeder Produktionsschritt wird kontrolliert. Das ermöglicht eine Qualitäts- und Herkunftssicherung.
Das Unternehmen hat drei Geschäftsführer: Die Brüder Tobias Brüninghoff und Jan Roggenkamp sowie Vater Josef Brüninghoff. Der Unternehmensgründer Josef Brüninghoff machte sich bereits 1965 selbstständig und gründete den Betrieb. 1990 kaufte er den Schlachthof in Bocholt. Am Standort sind heute etwa 110 Mitarbeiter beschäftig.
„Wir haben extreme Preisschwankungen auf dem Markt: Bei Kälbern, Futtermitteln und bei Fleisch. Als Integration mit einer gewissen Größe ist es möglich, faire Preise auszuhandeln“, erklärt Tobias Brüninghoff.
Kälbermast als Basis
Brüninghoff hat rund 50 landwirtschaftliche Partnerbetriebe im Kreis Borken. Diese mästen Kälber für die Produktion von hellem Kalbfleisch. Hinzu kommt, ebenfalls in Borken, ein eigener Versuchsstall mit 2000 Kälberplätzen. „Hier können wir Fütterung und Haltungsverfahren testen, bevor wir damit an die Landwirte gehen“, erklärt Geschäftsführer Tobias Brüninghoff. In fast allen Ställen arbeiten die Landwirte mit dem Rein-Raus-Verfahren für bestmögliche Hygiene und Tiergesundheit.
Die Lohnmast ist bei Brüninghoff ein großer Teil der Wertschöpfung: Gut die Hälfte der Schlachttiere stammen aus Partnerbetrieben. Alle Kälber bekommen Futter aus eigener Herstellung. Zwei Mal täglich mischt das Unternehmen Milchaustauscher (MAT) im eigenen Mischwerk an. „Wir setzen auf flüssige Rohstoffe. Frische und ursprüngliche Produkte sind für die Kälber besser bekömmlich“, so der junge Geschäftsführer. Täglich bezieht der Betrieb die Rohstoffe von Molkereien und Käsereien. „Auch wenn die Preise volatil sind sparen wir Wasser bei der Produktion. Denn die Milch wird nicht, wie beim Pulver, erst eingetrocknet.“
Zu den Fütterungszeiten morgens und abends bekommen die Mäster den Austauscher bei entsprechender Temperatur geliefert. „Die Qualität des Futters ist wichtig. Tageszunahmen und Futterverwertung sind der größte Hebel in der Kälbermast“, sagt Brüninghoff. Zudem ist das Unternehmen unabhängig von anderen Futtermittelherstellern.
Aber nicht nur das Futter bekommen die Landwirte geliefert, sondern auch die Kälber. Wöchentlich kaufen die Kalbfleischerzeuger rund 1000 Tiere von Händlern.
Schlachtbetrieb für Kälber
Die Kälber aus den Betrieben im Kreis Borken haben einen kurzen Weg bis zum, auf Kälber spezialisierten, Schlachthof. Hier wird zwei Mal wöchentlich, montags und donnerstags, geschlachtet. Startschuss ist morgens um 6 Uhr. Pro Stunde schlachten die Mitarbeiter 100 bis 110 Kälber. Das sind am Tag bis zu 1000 Tiere.
„Gerade an den Positionen mit Kontakt zu den lebenden Tieren, wie im Wartestall, bei der Betäubung und Entblutung, haben wir gut geschultes Personal mit Sachkundenachweis. Das ist uns wichtig“, so Brüninghoff.
Etwa 45 Minuten nach der Betäubung hängen die Schlachtkörper bereits im Kühlraum. Die Schlachtgewichte und damit die Größe der Tierkörper variieren, da es sich um ein Naturprodukt handelt. Im Kühlraum wird nach verschiedenen Qualitäten sortiert. Etwa 24 Stunden später, wenn die Kerntemperatur erreicht ist, wandern die Schlachtkörper nach Bedarf in die angegliederte Zerlegung. Manche Teilstücke werden bereits vorher hängend an die Kunden geliefert. Zerlegt wird fast täglich.
Nachdem die Ware verarbeitet ist, wird sie vakuumiert. „Wir machen alle Teilstücke in jeder Variation möglich und packen das Fleisch dementsprechend ab. Es ist alles bestellbar und machbar“, sagt der Geschäftsführer.
Hier landet das Fleisch
Kunden von Brüninghoff sind neben dem Lebensmitteleinzelhandel (LEH) auch Großhändler, Catering-Unternehmen, Döner produzierende Unternehmen oder Gastronomie-Zulieferer. Die Vermarktung erfolgt auch über Metzgereien, insbesondere in Süddeutschland. Eine wichtige Rolle spielt zudem die SB-Ware im Handel. „Der Absatz im LEH ist zwar kleiner, aber der Umsatz vergleichsweise groß, da es sich um weit verarbeitete Produkte handelt“, berichtet Brüninghoff. Aktionen des LEHs sind entscheidend. „Dabei haben wir die Möglichkeit, unsere Produkte zu bewerben, dennoch entscheidet der LEH letztlich, welche Artikel er bewirbt.“
Zusätzlich exportiert Brüninghoff Kalbfleisch nach Österreich, Italien, Frankreich, Spanien und auch in osteuropäische Länder. Es werden immer unterschiedliche Teilstücke vom Kalb nachgefragt. „Momentan sind zum Beispiel die Kalbsbäckchen in“, informiert der Unternehmer.
Den Siegeln auf den Fleischverpackungen ist zu entnehmen, dass alle Kälber in Deutschland geboren, gemästet, geschlachtet und zerlegt wurden. Die Produkte sind damit lückenlos nachverfolgbar. Auch die zugekauften Schlachtkälber kommen ausschließlich aus Betrieben der Kontrollgemeinschaft Deutsches Kalbfleisch (KDK).
Alles an einem Standort
Nachdem Kotelett oder Braten eingepackt sind, kommen sie in den angeschlossenen Lagerraum. Aktuell stapeln sich dort viele Kisten: „Leider ist es momentan ziemlich voll hier, am liebsten habe ich natürlich, wenn der Lagerraum leer ist“, so der Borkener. Auch in Corona-Zeiten kommt es nicht vor, dass der Betrieb gar nichts verkauft. „Verarbeitungsware wie Kalbsbrust geht immer und wenn das Hinterteil schlecht läuft, geht zumeist das Vorderteil vom Kalb gut“, berichtet der Geschäftsführer. Ist der Lagerraum wirklich voll, wird Ware eingefroren.
Insgesamt blickt Brüninghoff optimistisch in die Zukunft: „Wenn die Gastronomie wieder öffnet, sind wir gut am Markt positioniert. Wir haben gute Voraussetzungen und den nötigen langen Atem, Marktphasen wie diese, zu überstehen.“
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