So klappt’s mit der Umnutzung

Immer mehr Familien überlegen, Gebäude auf der Hofstelle alternativ zu nutzen. Was lohnt angesichts hoher Baukosten und Zinsen? Worauf ist rechtlich zu achten? Unser Online-Seminar gab Orientierung.

Was tun mit Gebäuden, die nicht mehr für den landwirtschaftlichen Betrieb benötigt werden? Was ist erlaubt und was geht baulich? Was lohnt sich überhaupt und was hat das für steuerliche Konsequenzen? Diese Fragen beschäftigen viele Menschen auf dem Land und um diese Fragen drehte sich ein Online-Seminar des Wochenblatts Ende Februar.

Vier Fachleute lieferten Antworten und Denkanstöße. Sie zeigten, was aus baulicher und baurechtlicher, betriebswirtschaftlicher und steuerlicher Perspektive zu beachten ist. Nach den Vorträgen stellten sie sich den vielen Fragen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Einige der häufigsten beantworten sie hier noch einmal.

„Es gibt für jedes Gebäude eine Umnutzung, man muss sie nur finden.“

Daniel Hidding, Architekt im Büro „Hidding & Schwanekamp“ in Rosendahl, hat bereits die Umnutzung zahlreicher landwirtschaftlicher Gebäude begleitet. (Bildquelle: privat)

Was kann man aus Ställen machen?

Hidding: Herausforderung bei Ställen ist, dass sie oft sehr tiefe Gebäude mit wenig Belichtung und niedriger Raum­höhe sind. Vielleicht gibt es einen Handwerker in der Nachbarschaft, der noch Räume anmieten möchte oder vielleicht eignen sich Teile des Stalls als Schrauberwerkstatt. Auch Ferienwohnungen sind denkbar, dann muss baulich allerdings deutlich mehr gemacht werden. Grundsätzlich gilt: Es gibt für jedes Gebäude eine Umnutzung, man muss sie nur finden. Wenn von zehn durchgespielten Ideen eine übrig bleibt, die realisiert werden kann, ist das schon toll. Ich finde: Das Nachdenken lohnt. Abbrechen kann man nur einmal, dann ist die Möglichkeit zur Umnutzung weg. Man sollte sich überlegen: Was ist in 20 Jahren? Vielleicht sind einige Ideen auch dann erst realistisch umsetzbar.

Wer umnutzt, muss häufig ans Dach. Einfach einen neuen Dachstuhl zu errichten, erscheint da in vielen Fällen praktischer und kostengünstiger als den alten mühsam zu ertüchtigen. Warum sollte man das trotzdem sein lassen?

Hidding: Man darf ein Dach im Außenbereich auf keinen Fall einfach flach legen, um einen neuen Dachstuhl aufzurichten. Auch wenn der Zimmermann sagt, das sei günstiger: Lassen Sie das bitte bleiben. Es gibt wirklich Probleme und im schlimmsten Fall keine Genehmigung für die Aufrichtung eines neuen Dachstuhls.

Die meisten Dächer, die wir sehen, sind in einem relativ guten Zustand. Aber natürlich ist das nicht immer so. Am besten sollte man auch bei leer stehenden Gebäuden schauen, dass die Dächer dicht bleiben und keine Sparren durchfaulen. Natürlich kann man ein Dach dann sanieren, möglicherweise schon vor einer Umnutzung. Aber auch schon da ist gegebenenfalls eine Rücksprache mit dem Bauordnungsamt erforderlich. Wir haben auch wirklich schon mal ­einen Bauantrag für die Erneuerung eines Daches gestellt.

Unproblematisch ist es in der ­Regel, aus einem Sparrendach ein Pfettendach zu machen. Das ist sogar häufig der Fall, weil 100 Jahre alte Sparrendächer nach heutigen Berechnungen manchmal gar nicht halten dürften. Wichtig dabei: Statiker und Bauamt müssen natürlich ihr Okay geben.

Online-Seminar verpasst? So erhalten Sie die Aufzeichnung

„Umnutzung als Chance“ lautete der Titel eines Wochenblatt-Online-Seminars, das Ende Februar stattgefunden hat. Mit dabei waren die Fachleute, die auch in diesem Beitrag zu Wort kommen.

- Sonja Friedemann, Juristin beim Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband (WLV), Spezialistin für Bau- und Immissionsschutzrecht,
- Daniel Hidding, Architekt und Energieberater, Büro „Hidding & Schwanekamp“ in Rosendahl,
- Christian Solle, Referent für Einkommens- und Vermögenssicherung bei der Landwirtschaftskammer NRW,
- Jochen Nölle, Steuerberater und Geschäfts­führer der wetreu Hellweg KG in Soest.

Sie erläuterten im Online-Seminar die rechtlichen und baulichen Rahmenbedingungen einer Umnutzung, skizzierten Planungsschritte und lenkten den Blick auf finanzielle und steuerliche Aspekte des Themas. Anschließend stellten sie sich den zahlreichen Fragen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Haben Sie den Termin verpasst? Dann können Sie jetzt den Zugang zur rund zwei Stunden langen Aufzeichnung erwerben. Er kostet 24,90 €, für ­Wochenblatt-Abonnenten nur 19,90 €.

Nach dem Kauf erhalten Sie alle Präsentationen der Referentin und der Referenten sowie die komplette Aufzeichnung der Veranstaltung.

Die Eigenkapitalrendite kalkulieren

Christian Solle, Referent für Einkommens- und Vermögenssicherung bei der Landwirtschaftskammer NRW, berät viele Familien in Veränderungsprozessen und beleuchtet die finanziellen Aspekte. (Bildquelle: privat)

Ein Umbau zu Mietwohnungen bei Baukosten von oft rund 3000 €/m² und Zinsen von 3 bis 4 % – kann das lohnen?

Solle: Das sollten Sie vorher genau kalkulieren. In der Regel wird sich das nur rechnen, wenn Sie in einer Region mit sehr hohem Mietniveau liegen und entsprechend hohe Mieten von Ihren künftigen Mietern verlangen können. Die im Außenbereich oftmals zu realisierenden 6 bis 8 €/m² für Mietwohnungen werden vermutlich nicht reichen. Eine mögliche Alternative: Ferien- oder Monteurswohnungen. Die haben generell das Potenzial, im Durchschnitt höhere Mieten zu erwirtschaften, aber nur, wenn sie gut gebucht werden. Das ist aber mit mehr Arbeit und mehr Leuten auf dem Hof verbunden und sollte gut überlegt sein. Vor allem sollten Sie vorher prüfen, ob es eine Zielgruppe dafür gibt und wenn ja, ob noch Bedarf besteht. Was bieten andere um Sie herum an, wie ausgebucht sind die?

Besser rechnen wird es sich immer, sollten Sie kein oder nur wenig Fremdkapital benötigen und stattdessen nach einer Anlagemöglichkeit für Ihr Eigenkapital suchen. Können Sie dann den Umbau – womöglich mit viel Eigen­leistung – zu erträglichen Kosten realisieren, sodass Sie in die schwarzen Zahlen kommen, bieten vermutlich auch weiterhin steigende Mieten eine gute Chance auf eine höhere Eigenkapitalrendite als Sie von der Bank zum Beispiel für Tagesgeld geboten bekommen.

Bei einem hohen Fremdkapitalanteil und hohen Baukosten könnten Sie aber auch überlegen, was sich günstig, also ohne viel Investitions­bedarf, umsetzen lässt.

An was denken Sie da?

Solle: Vielleicht fängt man erst einmal an, in eine Scheune Wohnwagen oder Fahrzeuge zu stellen. Eventuell benötigt ein benachbarter Betrieb noch überdachten Stellplatz für seine Maschinen, den Sie ihm vermieten könnten. Oder Sie vermieten Lagerraum an Gewerbetreibende, an Privatleute oder an andere Landwirte.

Eine Umnutzung richtig beantragen

Sonja Friedemann beschäftigt sich als Juristin beim Westfälisch-Lippischen Landwirtschafts­verband häufig mit baurechtlichen Fragen. (Bildquelle: Landwirtschaftsverlag GmbH)

Wie konkret muss ich beim Umnutzungsantrag – etwa zu Lagerraum – werden? Muss ich überhaupt einen Antrag stellen, wenn Landwirte landwirtschaftliche Produkte in den bisher landwirtschaftlich genutzten Gebäuden lagern?

Friedemann: Sobald Sie von den Plänen abweichen, für die Sie eine Baugenehmigung erhalten haben, brauchen Sie eine Umnutzungsgenehmigung. Nutzen Sie etwa einen vorherigen Stall künftig als Lagerraum, müssen Sie einen Antrag stellen. Selbst, wenn Sie nur die Tierart im Stall wechseln, ist das ­genehmigungspflichtig. Und auch, wenn Sie vorher wie nachher Lagerraum haben, brauchen Sie eine Genehmigung, wenn Sie dabei umbauen. Daher ist es wünschenswert, eine möglichst weitgefasste Umbaugenehmigung zu erhalten, sodass nicht jede künftige kleinere Variation etwa bei gelagerten Gütern eine weitere Genehmigungspflicht auslöst. Man sollte also das Umnutzungsprojekt im Antrag so beschreiben, dass möglichst viel darunter gefasst werden kann. Was das Bauamt da durchgehen lässt und was nicht, variiert von Amt zu Amt. Bei Lagerraum wird in der Regel mindestens danach unterschieden, ob die zu lagernden Produkte brandgefährlich oder umweltgefährdend sind oder nicht, ob also beispielsweise Öl auslaufen kann. Seit 2021, seitdem man nicht nur einmal sondern mehrfach umnutzen kann, sind die Ämter generell strenger geworden. Als Praxistipp: Fangen Sie möglichst breit an, dann wird das Bauamt schon sagen, wenn es das präziser haben möchte.

Nutzen Sie tunlichst nur die Gebäude um, auf die Sie für die Landwirtschaft dauerhaft verzichten können.

Gibt es eine Begrenzung, wie viele und welche Gebäude ich umnutzen darf, wenn ich meinen Betrieb weiter bewirtschaften will? Sollte ich dann eine bestimmte Reihen­folge beim Umnutzen einhalten?

Friedemann: Zwar muss das Gebäude mal einem aktiven landwirtschaftlichen Betrieb gedient haben, sonst hätten Sie dafür keine Baugenehmigung bekommen, aber wenn Sie es jetzt umnutzen, können Sie den Betrieb, müssen ihn aber nicht mehr aktiv bewirtschaften. Sie brauchen nicht einmal ein Betriebsleiterwohnhaus. Auch mit ­einem ehemaligen Betriebsleiterwohnhaus gilt die Hofstelle als Hofstelle, auf der Sie landwirtschaftliche Gebäude umnutzen dürfen. Daher könnten Sie alle im Betrieb vorhandenen Gebäude umnutzen, bekämen dafür aber keine Ersatzgebäude genehmigt. Sie müssen somit selbst abwägen, was Sie für Ihre Landwirtschaft noch brauchen, worauf Sie dauerhaft verzichten können und tunlichst nur das umnutzen. Zwar könnten Sie die Gebäude theoretisch später wieder landwirtschaftlich umnutzen, etwa bei Wohnungen macht das aber natür­lich keinen Sinn.

Wollen Sie mehrere Gebäude sowohl zu landwirtschaftlichen als auch zu nicht landwirtschaftlichen Zwecken umnutzen, sollten Sie tatsächlich auf die Reihenfolge achten. Wollen Sie etwa den Schweinestall zu Wohnungen und die Maschinenhalle zum Schweinestall umnutzen, geht das nur, wenn Sie erst die Maschinenhalle zum Stall umnutzen. Ist das abgeschlossen, inklusive der Bauabnahme, könnten Sie die Umnutzung des Stalles zu Wohnungen angehen. Andersherum würden Sie aufgrund des Verbotes von Ersatzbauten vermutlich keine Genehmigung für die Umnutzung der Halle zum Stall bekommen.

Steuerliche Fallstricke umgehen

Jochen Nölle, Steuerberater und Geschäfts­führer der wetreu Hellweg KG in Soest, kennt die steuerlichen Fallstricke bei Umnutzungen. (Bildquelle: privat)

Meist befindet sich ein Gebäude vor der Umnutzung im Betriebsvermögen. Sollte ich es daraus entnehmen und ins Privatvermögen überführen, bevor ich es umnutze?

Nölle: Das macht in vielen Fällen Sinn. Denn bleibt das Gebäude im Betriebsvermögen, erhöhen Eigenleistungen und generelle Wertsteigerungen den Wert und es entstehen umso mehr Einkommensteuern, wenn Sie das Gebäude später aus dem Betriebsvermögen entnehmen, um es beispielsweise zu verkaufen oder Ihrem Kind zu überlassen. So kann es besonders bei Umnutzungen zu Wohnraum besser sein, diesen vor Umbau ins Privatvermögen zu überführen.

Ich habe aber hohe stille Reserven im Betrieb, die aufgedeckt würden, wenn wir unsere Gebäude ins Privatvermögen überführen. Wie verhindere ich eine hohe Einkommensteuerlast?

Nölle: Grundsätzlich kann das umzu­nutzende Gebäude, auf dem stille Reserven ruhen, auch im gewillkürten Betriebsvermögen verbleiben. Zumindest solange Sie die Wohnung nicht selbst nutzen oder unentgeltlich etwa der Tochter überlassen. Denn dann kommt es zu einer Zwangsentnahme aus dem Betriebsvermögen. Am besten, Sie lassen vor Umnutzung ein Verkehrswertgutachten des Gebäudes erstellen und besprechen mit Ihrem Steuerberater steuerliche Konsequenzen und ob die Entnahme vor Umnutzung langfristig doch die bessere Alternative ist. Oft hält sich die entstehende Steuerlast in Grenzen, wenn man vor Umnutzung nur die Gebäudehülle und „ein wenig“ Grund und Boden entnimmt. Oder Sie überführen nur einen Teil des Gebäudes ins Privatvermögen, also etwa nur die umzunutzende Wohnung.

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