Zusammen auf den Hof ziehen? Das wollten Stefan Rumphorst und seine Freundin Tanja gerne. Aber mit zu seinen Eltern ins große Bauernhaus? Das konnten sie sich nicht so recht vorstellen. Deshalb setzten sie in den vergangenen beiden Jahren um, was Stefan schon länger im Kopf hatte: Sie bauten den Speicher, Grundfläche 8,50 mal 9,50 m, zu einem Wohnhaus um. 155 m2 Wohnfläche verteilen sich heute auf zweieinhalb Etagen.
Der Fachwerkbau steht seit rund 130 Jahren auf dem Hof. Der Giebel im Norden zeigt Richtung Telgte, bis zum Stadtrand sind es 2 km. Der Südgiebel mit der großen Eingangstür ist nur wenige Schritte vom Hintereingang des Bauernhauses entfernt.
Typisch fürs 19. Jahrhundert
Damit sei der Bau typisch für Speicher aus dieser Zeit, bescheinigte 1990 das Westfälische Amt für Denkmalpflege. Im 19. Jahrhundert entstanden vermehrt große zweigeschossige Mehrzweckgebäude nah am Haupthaus. Stefan Rumphorst erinnert sich an ein Lager für Kartoffeln, ein betoniertes Pökelfass und einen Taubenschlag unter dem Dach.
Selbst ist der Zimmerer
Stefan Rumphorst, der in der kommenden Woche 30 wird, ist auf dem Hof aufgewachsen. Den landwirtschaftlichen Betrieb führt sein Vater Bernhard. Stefan ist gelernter Zimmerermeister und Projektleiter bei einem Holzhallen-Bauer. Entsprechend handfest ging er die Planungen an.
Nach ersten Gesprächen mit der Stadt als Unterer Denkmalbehörde maß er den Bau auf und machte Skizzen für den Umbau. Die Fassade sollte erhalten bleiben. Drinnen ließ sich die Denkmalbehörde auf einige Änderungen ein. Den alten Halbkeller durfte die Familie verfüllen, Fensteröffnungen vergrößern und die Decke zwischen Erd- und Obergeschoss um 25 cm absenken. Sonst wäre die Höhe oben mit 1,80 m zu gering gewesen. Stehen bleiben sollte eine längs durchs Haus verlaufende Wand.
Unten wohnen, oben schlafen
Mit ersten Plänen in der Hand holte das Paar Architekt Werner Rieping aus Münster ins Boot. Er half beim Feinschliff. Im Erdgeschoss sind heute der offene Koch- und Essbereich, das Wohnzimmer, ein Hauswirtschaftsraum und das Gäste-WC untergebracht. Oben gibt es ein geräumiges Bad, Schlaf- und Arbeitszimmer und unter dem Dach ein weiteres großes Schlafzimmer. Die mittig liegende Treppe erschließt die Ebenen.
Im Juli 2020 stellte die Familie den Bauantrag beim Kreis Warendorf. Im Februar 2021 lag die Genehmigung auf dem Tisch. Kurz danach begann die Entkernung. Stefan Rumphorst reduzierte seine Arbeitszeit auf drei Tage. Abends und am Wochenende packten Tanja, Familie und Freunde an. „Corona hat uns in die Karten gespielt“, erklärt der Bauherr lachend.
Lückenfüller im Fachwerk
Beim Fachwerk musste er nur wenige Ständer und Riegel ersetzen. Aber an vielen Stellen war das Holz geschrumpft. Mehr als 200 von Hand zugeschnittene Keile aus Eiche füllen die Lücken und machen die Fassade schlagregendicht. Gestrichen ist alles mit Leinölfarbe. Das Mauerwerk ist in einem warmen Sandton neu verfugt.
Viel Arbeit machte die Gründung des Speichers im Erdreich. Für eine neue Bodenplatte musste die Familie die gesamte Grundfläche 40 cm tief auskoffern. Der Backsteinsockel stand auf Schutt. „Wir mussten deshalb alle Fundamente unterschachten“, berichtet Stefan Rumphorst. Trotz allem: Zum Winter waren die Fenster drin, der Innenausbau begann.
Lehm und Holzfasern
Die Außenwände sind von innen mit Lehm verputzt und mit 6 cm dicken Holzweichfaserplatten gedämmt. „Mehr geht nicht, weil wir sonst Probleme mit Kondensatfeuchte bekommen würden“, erklärt Stefan Rumphorst.
Eine Wandheizung in den Außenwänden sorgt für angenehme Strahlungswärme und hält das Fachwerk trocken. Zusätzlich gibt es eine Fußbodenheizung. Im Winter heizt das Paar allerdings vor allem mit dem 8,5 kW Kaminofen im Essbereich. Durch das Treppenhaus strömt die Wärme auch in die oberen Etagen. Eine Luft-Wasser-Wärmepumpe erhitzt das Brauchwasser. Entsprechend gering ist die Flüssiggasmenge, die zusätzlich benötigt wird. „Im ersten Jahr haben wir 500 l gebraucht“, berichtet Stefan Rumphorst.
Leben nach der Baustelle
Im vergangenen Sommer ist das Paar eingezogen. Stefan fährt wieder jeden Tag zur Arbeit, Tanja radelt die 15 km zu ihrem Job in der Uniklinik Münster. Feiern geht nach Corona und Bauphase auch wieder. Im vergangenen September hat das Paar geheiratet. Seit Pfingsten ist Stefan Rumphorst Schützenkönig.
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