Nutztiere

Methangasemissionen - eine neue Studie

Von wegen Klimakiller Kuh: Die Methanemissionen sind heute geringer als im Kaiserreich. Neue Forschungsergebnisse widerlegen Vorurteile, nehmen die Landwirtschaft aber weiter in die Pflicht.

Die Mitteilung verbreitete sich am Wochenende wie ein Lauffeuer: Die Methanemissionen von Nutztieren in Deutschland sind seit dem Jahr 2003 geringer als 1892. Die Klimaziele im Nutztierbereich sind somit in greifbarer Nähe. Das berichtet das Forschungsinstitut für Nutztierbiologie (FBN) aus Dummerstorf in Mecklenburg-Vorpommern und bezieht sich auf eine eigene Studie, die gerade in der Fachzeitschrift „Science of The Total Environment“ veröffentlicht ist.

Methan ist als Treibhausgas für die Erderwärmung mitverantwortlich. Ein Großteil der Emissionen entfällt auf die Landwirtschaft und besonders die Nutztierhaltung. Bis 2045 will Deutschland treibhausgasneutral sein. Dafür müssen die Emissionen aller Bereiche bis 2030 um 65 % gegenüber 1990 sinken. Die Methanemissionen, die bei der Verdauung durch Nutztiere entstehen, müssten bis 2030 auf 853.000 t (2020: 927.000 t) runtergehen.

Daten aus Kaiserreich

Während die aktuellen Methanemissionen von Nutztieren bekannt sind, wissen Forscher relativ wenig über Situation im 19. Jahrhundert, wo die Erderwärmung begann, schreibt das FBN. Deshalb haben Dr. Björn Kuhla und Dr. Gunther Viereck die Daten der deutschlandweiten Viehzählungen der Jahre 1872, 1883 und 1892 ausgewertet. Aus den Körpergewichten haben sie die Futteraufnahme berechnet. In anderen Quellen fanden sie Angaben zur Fütterung und zur Fleisch- und Milchproduktion im 19. Jahrhundert. Mit diesen Informationen haben die Wissenschaftler den Methanausstoßes über standardisierten Schätzgleichungen berechnet. Die Flächenänderungen seit der Gründung des Deutschen Kaiserreichs 1871 haben sie nach eigenen Angaben berücksichtigt.

Ergebnis: Die jährlichen Methanemissionen aus der Viehhaltung betrugen 1883 rund 898.000 t und 1892 sogar 1.060.000 t. Das Emissionsziel von 853.000 t für 2030 liegt 207.000 t unter dem Emissionsniveau von 1892. Seit 2003 stoßen die Viehbestände in Deutschland im Vergleich zu 1892 sogar weniger Methan aus als 1892. Von 1990 bis 2021 gingen die Methanemissionen aus der Verdauung von Nutztieren um 390.000 t auf 930.000 t zurück.

Einen Grund dafür sehen die beiden Forscher in den deutlich geringeren Tierzahlen bei Rindern, Schafen und Ziegen. Obwohl die Bevölkerung auf dem heutigen Gebiet Deutschlands von damals etwa 34 Mio. Menschen auf 84 Mio. deutlich gewachsen ist, ist ihre Versorgung durch bessere Tierleistungen bei einer geringeren Anzahl an Tieren gesichert. Dadurch sind die Methanemissionen gesunken. So führte die Statistik im Jahr 1892 insgesamt 12,45 Mio. „Kühe und sonstige Rinder“, 8,93 Mio. Schafe, 2,53 Mio. Ziegen und 2,33 Mio. Pferde. Heute sind es 11 Mio. Rinder, 1,5 Mio. Schafe, 140.000 Ziegen und 1,3 Mio. Pferde.

Noch zu viele Tiere

Weiteres Reduktionspotenzial sehen die Wissenschaftler vor allem in der Schweinehaltung. Zwar würden Schweine relativ wenig Methan produzieren, andererseits würde jedes fünfte Schwein in Deutschland nicht für die Ernährung der Bevölkerung gebraucht. Ein um 20 % geringerer Schweinebestand würde 5.000 t Methan pro Jahr sparen. Hinzu kämen Einsparungen von mehreren tausend Tonnen Kohlendioxid, weil weniger Import von Sojafutter nötig wäre. Das verkleinert nach Auffassung der FBN-Forscher auch die Konkurrenz zwischen Trog und Teller.

Zeitreihen zur Historischen Statistik (Bildquelle: Lizenz: Creative Commons by-nc-nd/3.0/de | Bundeszentrale für politische Bildung 2015 | www.bpb.de)

Aber auch bei den Rindern gebe es noch Verbesserungspotenzial. Der Selbstversorgungsgrad mit Milch beträgt in Deutschland 112 %. Weniger Kühe würde weder die Ernährungssicherheit gefährden noch Ernährungsgewohnheiten in Frage stellen, schreibt das FBN. Die Fütterung mit regional verfügbarer Biomasse, die für die menschliche Ernährung nicht geeignet sei, würde Emissionen durch den wegfallenden Futterimport reduzieren, ohne in Nahrungskonkurrenz zum Menschen zu stehen.

International beobachten die beiden Forscher in Afrika, Asien und Südamerika stark steigende Bevölkerungszahlen und parallel dazu Nutztierbestände und Methanemissionen. Allerdings hätten Kühe, Schafe und Ziegen in diesen Regionen die geringste Effektivität bei der Produktion von Nahrungsmitteln. Durch eine bessere Effizienz ließen sich aber auch hier die Tierzahlen und die Emissionen reduzieren und die regionale Versorgung mit Nahrungsmitteln tierischer Herkunft sichern.

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