Kommentar

Weihnachten muss bleiben

Ist Weihnachten feiern in solch schwierigen Zeiten wie heute überhaupt möglich? Und was bleibt uns, wenn Weihnachten vorüber ist? Christian Olding, Pastor in Geldern, kommentiert.

"Zweitausend Jahre sind es fast,

seit du die Welt verlassen hast,

du Opferlamm des Lebens!

Du gabst den Armen ihren Gott.

Du littest durch der Reichen Spott.

Du tatest es vergebens!

Du sahst Gewalt und Polizei.

Du wolltest alle Menschen frei

und Frieden auf der Erde.

Du wusstest, wie das Elend tut

und wolltest alle Menschen gut,

damit es schöner werde.

Du kämpftest tapfer (…)

gegen Staat und Industrie

und die gesamte Meute.

Bis man an dir, weil nichts verfing,

Justizmord, kurzerhand, beging.

Es war genau wie heute.

Die Menschen werden nicht gescheit.

Am wenigsten die Christenheit,

trotz allem Händefalten.

Du hattest sie vergeblich lieb.

Du starbst umsonst. Und alles blieb

beim Alten." Erich Kästner (1930)

Kommentar von Christian Olding, Pastor in Geldern

Glaubt man Erich Kästners Gedicht „Dem Revolutionär Jesus zum Geburtstag“, hatte Jesus ­keinen Erfolg, denn alles blieb beim Alten. Die Schwachen kommen noch immer unter die Räder – zu allen Zeiten, an allen Orten. Das ist tägliche brutale Realität. Schauen wir die Nachrichten an, scheint „Friede auf Erden“ in große Ferne gerückt: Israel, ­Gaza, Ukraine, Afghanistan, Burkina Faso, Südsudan, Kongo … und so viele Orte und Schicksale mehr.

Weihnachten aber muss bleiben! Weihnachten ist Zeit der Sehnsucht, dass das nicht das Ende vom Lied sein darf. Von wo kommt Hilfe? Von einem kleinen Kind, das vorhat, sich an meine Seite zu stellen in allen Höhen und Tiefen bis zum Tod? Von einem Revolutionär, der bereit ist, zu leiden und zu sterben?

Mein Glaube sagt: ja. Gegen meinen impulsiven Wunsch nach jemanden, der einfach mal auf den Tisch haut und durchgreift, sagt mein Glaube: ja. Gegen jede Realität sagt mein Glaube: ja.

Christian Olding ist Pastor in Geldern (Bildquelle: Holtkanmp)

Dieser Jesus weiß, wie es sich anfühlt, zerbrochen am Boden zu liegen. Er kennt Hunger und Armut und Schmerz. Diesem Jesus glaube ich sein Mitgefühl und seine Solidarität – im Unterschied zu vielen anderen. Mit diesem Jesus hat Gott der Welt ein Versprechen gegeben, das bleibt, egal was passiert: Ich bin bei dir.

Es ist dieser Funke Hoffnung, den unsere Zeit braucht, in der Worte eine ganze Welt in Brand setzen können. Es ist diese Hoffnung, die nicht die Umstände ändert, wohl aber den Menschen, der darin lebt.

Weihnachten ist ein Fest der Hoffnung, und Hoffnung ist immer positiv. Darin besteht ihre Sprengkraft. Erwarten können Sie Schlechtes, und zwar viel davon: dass es wirtschaftlich bergab geht, dass die Zeiten immer unsicherer werden, dass es mit der Welt nicht mehr lange gut geht. Aber hoffen können Sie das alles nicht. Wer anderes als ein Kind sollte in mir die Hoffnung auslösen, dass da noch was geht in diesem Leben? Ein Neugeborenes hat noch das ganze Leben mit all seinen Möglichkeiten vor sich.

Deshalb gebe ich Erich Kästner in seinen Beobachtungen zutiefst recht, aber nicht in seinem Urteil. Denn die Hoffnung und der Glaube, dass sich mit diesem Jesus etwas grundlegend in der Welt geändert hat, behaupten sich gegen jedes Geschwätz und alle Strömungen der Zeit. Dieses Kind ist und bleibt der „Emmanuel“, was heißt: der Gott mit uns.

Wenn die Hirten die Krippe wieder ver­lassen haben und die heiligen drei Könige in ihre Länder zurückgezogen sind, dann beginnt die Arbeit von Weihnachten. Dann heißt es, sich zu entscheiden, was wir mit dem Fest anfangen.

Durch mein Leben und meinen Blick auf diese Welt zeige ich, ob Weihnachten eine nette Geschichte ist oder eine Realität, ob ich diesen Jesus mit in mein Leben nehme oder ihn zurücklasse. Auch in diesem Sinn gilt: Weihnachten muss bleiben.

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