Kommentar

Hitziger Auftakt auf der Grünen Woche: Da geht noch was!

Aufgebrachte Landwirte und hitzige Debatten: Wie geht es mit dem Agrardiesel weiter? Wie kommt die Politik der Landwirtschaft entgegen? Besonders Joachim Rukwied steht auf der Grünen Woche im Fokus.

So hitzig war es zum Auftakt der Grünen Woche schon lange nicht mehr. Alles dreht sich um den Agrardiesel. Die Land- und Forstwirte sind aufgebracht. Sie fordern die Politik auf, die Streichungspläne zurückzunehmen. Doch der Haushaltsausschuss hat das schrittweise Aus der Steuerrückerstattung bekräftigt. Vieles spricht dafür, dass der Bundestag Ende Januar mitgeht. Als „Entgegenkommen“ haben die Ampelfraktionen einen „Fahrplan für eine zukunftsfeste Landwirtschaft“ erarbeitet. Das Papier nennt sich „Entschließungsantrag“, wirft aber vor allem Fragen auf und enttäuscht daher. Trotzdem könnte für die Bauern etwas Positives abspringen.

Kompromiss in Sicht?

Dabei steht Bauernpräsident Joachim Rukwied besonders im Fokus. Er vertrat lange die Maximal­forderung, alle Streichungspläne müssten komplett vom Tisch. Am Donnerstag legte er noch einen drauf: Nehme die Ampel die Pläne nicht vollständig zurück, gebe es neue Proteste – und die Aktionswoche sei nur ein Vorbeben gewesen, es folge eine „Eruption“. Einen Tag später trat der Bauernpräsident gemäßigter auf: Er kündigte für diese Woche „Nadelstiche“ an, ohne näher darauf einzugehen. Und bestätigte, dass Gespräche über ein Kompromissangebot laufen.

Das leuchtet ein. Erstens dürfte Rukwied wissen, dass die Branche mit dem Erhalt der Kfz-Steuerbefreiung sowie dem verzögerten Agrardiesel-Aus schon vergleichsweise viel erreicht hat und sich seine Forderung vermutlich nicht zu 100 % durchsetzen lässt. Zweitens will er ersatzweise auch keine andere Erleichterung verstreichen lassen. Das gilt aber nur, wenn diese schnell und konkret auf allen Betrieben ankommen. Erfreulicherweise sieht es danach aus: Die Ampel prüft offenbar die steuerfreie Risikoausgleichsrücklage sowie die Steuerbefreiung auf Biokraftstoffe.

Fingerspitzengefühl gefordert

Rukwied ist aber auch intern gefordert:

Einige Landwirte loben seine Kompromisslosigkeit, andere wundern sich. Was passiert, wenn ein guter Kompromiss kommt, aber der Agrardiesel fällt? Viele Landwirte könnten vermutlich damit leben. Gegen weitere kreative Aktionen wie Lichterfahrten oder Gespräche mit Verbrauchern spricht nichts. Aber es besteht die Gefahr, dass einzelne zu härteren Mitteln greifen und beispielsweise Straßen blockieren. Das bringt nichts und schadet allen. Rukwied braucht kluge Worte, den Druck auf die Politik hoch zu halten und den Bauern einen Kompromiss „zu verkaufen“ – damit die Proteste in guter Erinnerung bleiben.

Einheit gefragt

Die Debatten haben Zukunftsthemen wieder auf die Agenda gehoben. Da zeigt sich: Es gibt keine einheitliche Sicht. So kommen die Ergebnisse des Borchert-Konzepts und der Zukunftskommission Landwirtschaft bei Funktionären gut an, beim Otto-Normal-Landwirt bisher weniger. Und die Milchbranche streitet wieder über Mengensteuerung. Hier darf nicht der Eindruck entstehen, „wissen selbst nicht, was sie wollen“.

Es dürfte in den kommenden Wochen hitzig weitergehen. Solange niemand überhitzt, könnte sich das enorme Engagement der Land- und Forstwirte aber auszahlen.

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