Kommentar: Einig bleiben – und handeln!

Nach Agrardiesel-Aus: Politik muss echte Alternativen schaffen

Was für ein Abschluss der Aktionswoche: 30.000 Menschen demonstrierten am Montag in Berlin gegen die Streichungspläne der Ampelregierung bei Agrardiesel. Wie kann es jetzt weitergehen?

Der Unmut der Menge war am Montag in Berlin greifbar. Dem stellte sich Bundesfinanzminister Christian Lindner. Das verdient Anerkennung. Aber der FDP-Chef blieb seiner Linie treu: Das Agrardiesel-Aus kommt. Dafür will Lindner steuerliche Entlastungen für die Bauern prüfen. Kurz darauf ein ähnliches Angebot der Fraktionsspitzen von SPD, Grünen und FDP: Sie wollen am Donnerstag einen Fahrplan für eine zukunftsfähige Landwirtschaft präsentieren. Bauernpräsident Joachim Rukwied ist enttäuscht – und beharrt auf dem Agrardiesel.

Druck fällt nicht ab

Damit hält er den Druck hoch. Das scheint die Ampel nervös zu machen. Offenbar ist sie von den flächendeckenden Demos immer noch überrascht. Und davon, dass sich weitere Branchen anschließen und große Teile der Bevölkerung dahinter stehen. Daher will sie den Bauern entgegenkommen. Das ist ein Erfolg. Aber die Landwirte sind skeptisch, verständlicherweise. Denn die Ankündigungen sind unkonkret. Und vor allem vertrauen sie der Politik im Allgemeinen und der Ampel im Speziellen kaum. Die Regierungsverantwortlichen sind gut beraten, jetzt Ernst zu machen. Keine blumigen Worte, sondern Taten. Kein Streit, sondern Lösungen. Nötig sind schnelle Erleichterungen sowie langfristige Pers­pektiven. Nur das kann verlorenes Vertrauen wieder aufbauen. Drei Beispiele:

Tarifglättung in Aussicht?

Finanzminister Lindner hat die Tarifglättung bei der Einkommensteuer und eine steuerfreie Risikoausgleichsrücklage in Aussicht gestellt. Das lässt sich schnell umsetzen und wäre eine spürbare Entlastung. Also: Wort halten und machen!

Für die Agrarprämien 2025 gibt es gerade jetzt ein Zeitfenster, den Landwirten bessere Förderangebote zu bieten. Und gleichzeitig praxisuntaugliche Bürokratie wie GLÖZ-Standards zu streichen. Wann, wenn nicht jetzt?

Tierwohlabgabe im Gespräch

Tierhalter brauchen Planungssicherheit, vor allem bei der Finanzierung von Tierwohl. Das hat die Ampel erkannt. Erst mal gut. Zur Umsetzung bringt sie die bekannte Tierwohlabgabe wieder ins Gespräch: Verbraucher sollen zusätzlich 40 Cent/kg Schweinefleisch und 2 Cent/l Milch zahlen. Aber Zweifel sind angebracht. Denn erstens sind Knackpunkte wie Immissionsschutz und Außenschutz weiter ungelöst. Und zweitens ist bei hoher Inflation noch fraglicher, ob Verbraucher das mitmachen. Nur mit einem ganzheitlichen und langfristigen Konzept schöpfen Tierhalter neuen Mut. Das muss jetzt kommen.

Klarer Kurs nötig

Deshalb sollte es der Ampel jetzt endlich um die Sache gehen – und nicht um Parteipolitik. Sie braucht vor allem Einigkeit und klaren Kurs. Das wäre ein erstes beruhigendes Signal an die Landwirte. Und an die Gesellschaft insgesamt, als erster Baustein gegen Politikverdrossenheit.

Nicht spalten lassen

Einigkeit brauchen aber auch die Landwirte. Beim Agrardiesel war das einfach: Alle waren betroffen und gegen Kürzungen. Bei den anderen Themen ist es differenzierter, weil es verschiedene Interessen gibt. Keinesfalls dürfen sich die Land- und Forstwirte spalten lassen. Sonst hätte die Politik leichtes Spiel, sie abzuspeisen.

Es fühlt sich nach einem Momentum an, jetzt nachhaltige Verbesserungen für die Land- und Forstwirte auf den Weg zu bringen. Verdient hätten sie es!

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