Der Landtagswahlkampf in NRW geht in den Schlussspurt. In gut drei Wochen, am 15. Mai 2022, wählen rund 13 Mio. Bürgerinnen und Bürger aus NRW einen neuen Landtag. Welche Parteien die Landesregierung für die kommenden fünf Jahre stellen, scheint derzeit noch völlig offen zu sein.
Kurzer Rückblick: Die Landtagswahl 2017 brachte einen Wechsel. Die damalige rot-grüne Landesregierung von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) wurde abgewählt. Wahlsieger war die CDU. Sie bildet seitdem mit der FDP die Landesregierung – mit einer sehr knappen Mehrheit: Das schwarz-gelbe Bündnis kommt auf 100 der 199 Landtagssitze. In der Opposition sitzen SPD, Grüne und AfD. Die Linke verpasste den Einzug in den Landtag mit 4,9 % knapp. Ministerpräsident war bis Oktober des vergangenen Jahres Armin Laschet (CDU). Seit seinem Wechsel nach Berlin ist Parteikollege Hendrik Wüst „Landesvater“. Stellvertretender Ministerpräsident ist seit 2017 Joachim Stamp von der FDP.
Corona, Digitales
Bei manchen Gesetzen wie zur Wirtschaft oder zum Straßenbau mischen Bundes- und Landesregierung mit. Andere Bereiche wie Schule oder Polizei sind reine Ländersache. Welche Themen die Landtagswahl 2022 prägen, lässt sich aktuell noch nicht abschätzen. Klar ist aber: Corona ist eines. Denn die Pandemie hat bekannte Probleme wie die schleppende Digitalisierung oder die ausbaufähige Gesundheitsversorgung nochmals offengelegt.
Das haben alle im Landtag vertretenen Parteien erkannt. In den Wahlprogrammen versprechen sie, die digitale Versorgung gerade im ländlichen Raum auszubauen. Dabei setzt die FDP erklärtermaßen auf den „Wettbewerb der Anbieter“, während SPD, CDU und Grüne zu den Mitteln unkonkret bleiben oder andeuten, dass sie staatliche Förderinstrumente einsetzen möchten.
Medizinische Versorgung
Zudem wollen alle Parteien den ärztlichen Nachwuchs fördern, um die medizinische Versorgung im ländlichen Raum längerfristig zu sichern. Grüne und SPD sind sich einig im Vorschlag, kommunale Gesundheits- und Pflegezentren einzurichten und so die Krankenhäuser und Praxen zu entlasten. Aber wann genau, wie und mit welchen Finanzmitteln, steht nicht in den Wahlprogrammen.
Bildung
Anders als noch vor fünf Jahren wird über die Schul- und Bildungspolitik derzeit im Wahlkampf wenig – und wenn, dann erstaunlich leise – debattiert. Dabei ist Bildung Ländersache und damit eines der wenigen Kernthemen, über das gerade auch in Landtagswahlen abgestimmt wird. Aber es scheint, als hätten sich die Parteien die alte Devise zu Herzen genommen, dass man mit Bildungspolitik Wahlen nicht gewinnen, sehr wohl aber verlieren kann.
ÖPNV
Dauerthema ist der Öffentliche Personennahverkehr im ländlichen Raum. Die Parteien sind sich einig, dass dieser verbesserungswürdig ist. Erstaunlich sind allerdings manche Akzente: So will die CDU auf allen Personennahverkehrsstrecken in NRW einen „Grundtakt von 15 Minuten“ einführen, ohne aber etwas zur Finanzierung und zum Zeitplan zu sagen. Die Grünen setzen auf digital koordinierte Mitfahrdienste und den „Bus auf Bestellung“ – eine Forderung, die ähnlich auch von der FDP kommt.
Energieversorgung im Fokus
Der Ukraine-Krieg hat die Themen Lebensmittel- und Energieversorgung in den Wahlkampf-Fokus gerückt. Der schnelle Ausbau der erneuerbaren Energien ist proklamiertes Ziel fast aller Parteien. Den Ausbau der Windkraft will die CDU durch das „Repowering“ von Altanlagen bewerkstelligen. Die FDP fordert hingegen „neue Möglichkeiten der Flächennutzung für Windkraft und Solar“. Die Grünen wollen die Mindestabstände für neue Anlagen gleich ganz abschaffen. Um Flächenkonkurrenzen von Nahrungsmittel- und Energieproduktion zu vermeiden, wollen CDU, SPD, FDP und Grüne Agri-Photovoltaik, das beides verbinden soll, im großen Stil ausbauen. Die AfD lehnt im Gegensatz dazu jegliche Förderung für erneuerbare Energien ab.
Tierhaltung
Auch beim Umbau der Tierhaltung nimmt die AfD eine Sonderstellung ein. Außer ihr fordern alle Parteien beschleunigte Genehmigungsverfahren für Tierwohlställe. Die Grünen wollen bevorzugt Bauvorhaben „kleinerer“ Betriebe fördern und Tierbestände auf ein „umweltverträgliches Maß“ verringern. Als einzige Partei schlägt die SPD ein Ausstiegsprogramm für Tierhalter vor.
Flächenverbrauch
Ein besonders heißes Eisen speziell für NRW ist der Flächenverbrauch. SPD und Grüne wollen den Flächenverbrauch nach der Landtagswahl auf 5 ha pro Tag begrenzen. Die SPD will dazu vermehrt auf innerörtliche Flächen zur Wohnbebauung setzen. Die CDU will Ausgleichsmaßnahmen mit landwirtschaftlicher Produktion kombinieren.
Pflanzenbau
Im Pflanzenbau möchten CDU und FDP den Landwirten den Zugang zu neuen Züchtungsmethoden ermöglichen. Die Grünen lehnen das ab und wollen den Pflanzenschutzmitteleinsatz in NRW kurzfristig halbieren, eine Pflanzenschutzdatenbank sowie eine Abgabe auf Pflanzenschutzmittel einführen.
Gerade in den weidebetonten Regionen des Westens ist der Wolf eines der Aufreger-Themen schlechthin. Während sich CDU, FDP und die AfD für ein Bestandsmanagement einsetzen, wollen die Grünen ein möglichst „konfliktfreies Miteinander von Wolf und Mensch“.
Eine Übersicht zu den Wahlprogrammen von CDU, SPD, FDP, AfD und den Grünen im Vergleich finden Sie hier:
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