Angestellt als Betriebsleiter in Ostdeutschland

Es muss nicht immer der eigene Hof sein. Auf fremden Betrieben lassen sich Erfahrungen in Leitung und Mitarbeiterführung sammeln. Zwei Westfalen erzählen, wie sie in Ostdeutschland Fuß gefasst haben.

Auf die Frage, was ein Herdenmanager mitbringen muss, sagt Johnannes Dieckbuer: „Ganz klar: Er muss kuh­verrückt sein!“ Der 23-Jährige leitet seit Juli 2021 einen Betrieb mit 1250 Kühen und bis zu 150 Kälbern im südlichen Brandenburg. Der Standort war einst eine LPG und ist heute Teil einer GmbH. ­

Johannes Dieckbuer trägt Verantwortung für 19 Mitarbeiter, davon einige mit polnischer Herkunft. Sein Team melkt mit einem 32er-Innenmelkkarussell und das in ­einer Tag- und einer Nachtschicht. Pro Schicht arbeiten drei Mitarbeiter, zwei davon direkt im Karussell.

Der Münsterländer kümmert sich um die Tiergesundheit und die Daten­pflege der Herde. Dabei behält er Kennzahlen wie den Erstbesamungserfolg und die Futteraufnahme im Auge. Auch das Beschaffen und Zusammenstellen des Futters gehört zu seinen Aufgaben.

Seine Wohnung liegt 15 km entfernt. Er ist aber auch nachts und am Wochenende erreichbar. Denn trotz der Schichten sind die Arbeitszeiten nicht immer geregelt. Oft heißt es, zu improvisieren, wenn die Fütterung nicht läuft oder Mitarbeiter krank werden.

Wer sich als angestellter Betriebs­leiter beweisen will, muss Offenheit und Ehrgeiz mitbringen. Dann passt laut Personalberater Felix Strothmeyer auch der Verdienst.

Meisterschule lief parallel

Nach seiner Ausbildung zum Landwirt ging es für den gebürtigen Coesfelder nach Brandenburg. Er war zunächst vier Jahre Herdenmanager auf einem anderen Betrieb mit 450 Kühen. „Ich habe ­eine neue Herausforderung gesucht“, sagt er.

Parallel zu seiner Arbeit absolvierte er damals die Meisterschule. „Mit dem Meister in der Tasche verstehe ich die Kostenschiene besser“, sagt er. Denn auch die wirtschaftlichen Zahlen spielen in seiner Funktion als Herdenmanager eine wichtige Rolle.

Das Führen der Mitarbeiter hat er in der Praxis gelernt. Wichtig ist die Kontrolle im Nachgang und ­eine klare Kommunikation. „Denkt er mit oder will er klare Arbeits­abläufe haben“, fragt er sich bei ­jedem neuen Mitarbeiter.

Dabei muss Johannes Dieckbuer alle Handgriffe selbst können. Nur so wissen seine Kollegen: Der weiß, wovon er redet.

Zuständig für den Ackerbau

Etwa 350 km nördlich, in der Nähe von Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern, verantwortet Max Meyer den Ackerbau auf einem Familienbetrieb mit 5000 Schweinen und 1000 ha. Die Fläche wird zur Hälfte mit Mais und zur anderen mit Getreide bestellt. Der 27-Jährige stammt aus Borchen im Kreis Paderborn und hat in Göttingen ­einen Master in Agrarökonomie gemacht.

Sein Bruder hat zu Hause den Hof mit Bullen- und Schweinemast übernommen. Im Frühjahr 2021 begann der weichende Erbe im Nordosten als Pflanzenbauleiter. Die Stelle wurde auf dem Betrieb erst neu geschaffen.

Viel Erfahrung im Ackerbau hatte Max Meyer in den Semesterferien als Erntehelfer und Vorführfahrer gesammelt. „Im Studium habe ich immer Kontakt zur praktischen Landwirtschaft gehalten“, sagt der Agrarabsolvent.

Obwohl ihm eine solche Stelle schon immer vorschwebte, hatte er den Master gemacht. Damit wollte der Ostwestfale sich alle Türen offenhalten. „Von den Anforderungen her hätte der Bachelor ver­mutlich auch gereicht“, sagt er. Wichtig sei, sich der Komplexität des Ackerbaus bewusst zu sein.

Selbstständigkeit gefragt

Im Pflanzenbau des Betriebes sind sie zu siebt, davon zwei Lehrlinge. An die wortkarge Natur der Norddeutschen musste er sich zunächst gewöhnen. Die Aufgaben sind saisonal unterschiedlich mit klaren Arbeitsspitzen in Aussaat und Ernte. Vergangenes Jahr gab es krankheitsbedingte Ausfälle. Daher ist der Pflanzenbauleiter die gesamte Maisernte in der Kette mitgefahren. Ein guter Start, um sich auch praktisch zu beweisen.

Seine Aufgabe lässt sich sonst eher als praktische Betriebsführung beschreiben. Er organisiert die Betriebs­mittel, kümmert sich um die Dokumentation, plant den Anbau und bereitet Rechnungen für die Buchhaltung vor. Diese Vielfalt gepaart mit der Abwechslung des Ackerbaus ist es, was den Reiz der Stelle ausmacht.

Max Meyer arbeitet dabei relativ selbstständig und kann eigene Ideen mit einbringen. Grundlegende Dinge werden noch mit seinem Chef besprochen und gemeinsam entschieden, sodass er zwar nicht ganz so unabhängig, wie sein Bruder zu Hause ist, aber auch nicht die volle Verantwortung tragen muss.

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