Arbeitsmarkt

Jobwechsel: Von Küche in Kanzlei

Eva-Maria Schulte kümmert sich um die Lohnbuchhaltung in einer Steuerkanzlei. Dabei ist die 45-Jährige eigentlich Hauswirtschaftsmeisterin.

Vor ein paar Jahren leitete Eva-Maria Schulte noch die Küche eines Seniorenheims in Neubeckum. Tagtäglich auf den Beinen sein, dabei viel heben. Das machte ihr Körper irgendwann nicht mehr mit. Sie konnte ihren Beruf als Hauswirtschaftsmeisterin nicht mehr ausüben. Dennoch wollte die heute 45-Jährige gerne weiterhin arbeiten. Besonders wichtig war der Mutter von zwei schulpflichtigen Kindern, dass der Arbeitsplatz in der Nähe ihres Wohnortes Neuwarendorf liegt.

So wagte die Hauswirtschaftsmeisterin den Sprung in ein komplett anders Berufsfeld: Sie arbeitet seit März bei der Steuerkanzlei Frese und Westmeier in Warendorf-Freckenhorst. Dort kümmert sie sich um die Lohnbuchhaltung der Mandanten, darunter viele Landwirte.

Schulung über IHK

Nun kann Eva-Maria Schulte mit dem Rad vom elterlichen Nebenerwerbsbetrieb, auf dem auch ihre Familie lebt, zur Arbeit fahren. Ihr Vater ist Mandant bei der Steuerkanzlei, die zwei weitere Standorte in Steinhagen und Versmold im Kreis Gütersloh hat. So kam auch der Kontakt zustande. „Eva-Maria hat uns im Bewerbungsgespräch überzeugt“, erinnert sich Steuerberater Markus Frese. „Der Charakter ist bei uns entscheidend. Passt die Person ins Team und hat sie Erfahrung in der Kommunikation mit unterschiedlichen Menschen?“, betont sein Kanzleipartner Christian Westmeier. Dabei schätzt er vor allem Bewerber mit Lebenserfahrung und landwirtschaftlichen Grundkenntnissen.

Wissen zur Stundenerfassung und Personalleitung brachte Eva-Maria Schulte aus ihrem alten Job mit. Doch um vorbereitet zu sein auf die Kniffe der Lohnbuchhaltung, hat sie unter anderem einen Zertifikatskurs in Vollzeit belegt. Ihn bot die Industrie- und Handelskammer an. Er dauerte zwei Wochen, war fast komplett digital und auf 100 Stunden angelegt. Mit einer Prüfung in Präsens schloss er ab. „Täglich acht Stunden vor dem Bildschirm schlauchen“, erinnert sich die Berufswechslerin. Dennoch biss sie sich durch und darf sich nun Lohnbuchhalterin nennen. Die etwa 2000 € Kursgebühr zahlte ihr neuer Arbeitgeber.

25 Stunden die Woche

Jetzt kümmert Eva-Maria Schulte sich 25 Stunden in der Woche um die Lohnbuchhaltung unterschiedlicher Mandanten. Ein weites Feld: Manche Betriebe haben Werksstudenten und Saisonkräfte, verschiedene Fristen müssen beachtet werden. „Die Lohnbuchhaltung ist ein Bereich, der sich ständig wandelt“, sagt Christian Westmeier. Der Mindestlohn war vor Jahren zum Beispiel noch kein Thema. Daher muss sie ihr Wissen ständig aktualisieren. Im Team kann sie aber jeden Fragen, der sich mit der Lohnbuchhaltung auskennt. Daher kommt Eva-Maria Schulte zurzeit auch noch täglich ins Büro. Sie hat aber auch die Möglichkeit im Homeoffice zu bleiben. „Bei uns arbeiten die Kollegen selbstverantwortlich. Wichtig ist nur, dass sie die Fristen einhalten“, sagt Markus Frese. Dieses Vertrauen schätzt seine neue Mitarbeiterin.

Auch wenn sie nicht das gleiche verdient, wie damals als Meisterin in der Großküche, bereut Eva-Maria Schulte ihr berufliches Umsteuern nicht. „Ich kann mir vorstellen, bis zur Rente in der Kanzlei zu arbeiten“, blickt sie in die Zukunft.

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