Schule und Lehre liegen schon ein paar Jahr zurück, im Job sind wichtige Erfahrungen gemacht – eigentlich läuft es. Andererseits hat sich über die Jahre gezeigt, dass der aktuelle Arbeitgeber nicht ganz das bietet, was man sich auf Dauer vorgestellt hat. Dabei ist es nicht der Beruf, der keinen Spaß mehr macht, es sind die Rahmenbedingungen.
Derzeit gibt es reichlich Angebote für Fachkräfte, die Voraussetzungen für einen Jobwechsel innerhalb der Branche sind deshalb gerade gut. Für viele trotzdem ein großer Schritt, der gut durchdacht und vorbereitet sein will. Wir haben mit Christian König, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Ahlen-Münster, gesprochen und gefragt, was Jobwechsler bedenken müssen und wo es Unterstützung gibt.
Viele würden wechseln
Die Zahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die ihre Arbeitsstelle wechseln, aber im gleichen Beruf bleiben, ist größer als erwartet. Christian König kann zwar nicht auf eigene Zahlen zurückgreifen – die Agentur erhebt dazu keine statistischen Daten – er verweist aber auf eine aktuelle Studie der Beratungs- und Prüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY) aus dem August dieses Jahres.
Für die EY-Jobstudie wurden 1555 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland repräsentativ befragt.
Danach ist die Wechselbereitschaft unter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aktuell so hoch wie noch nie: Derzeit sucht mehr als jeder Vierte (26 %) aktiv oder gelegentlich nach einer neuen Stelle. 37 % geben an, interessiert zu sein, wenn sich etwas Passendes ergibt, heißt es in der Studie. Nur etwas mehr als jede bzw. jeder Dritte Befragte (37 %) beschäftigt sich aktuell nicht mit einem neuen Job. Zum Vergleich: Vor zwei Jahren waren es noch mehr als 52 % der Angestellten, 2017 sogar mehr als 82 %, für die ein Jobwechsel kein Thema war.
Diese Entwicklung bestätigt auch König: „ Der Anteil derer, die sagen, ich beschäftige mich gar nicht mit einem möglichen Jobwechsel, ist auf jeden Fall kleiner geworden. Die Ursache für die Zunahme der grundsätzlichen Wechselbereitschaft sehen wir natürlich im derzeit noch guten Jobangebot, aber auch in den Auswirkungen von Corona. Während der Pandemie spielte das Thema Sicherheit eine große Rolle, deshalb war die Wechselwilligkeit weniger ausgeprägt.“ Die Gründe für einen möglichen Wechsel haben sich durch die Pandemie jedoch meist nicht erledigt und treiben Arbeitnehmer nun an.
Geld ist nicht alles
Ein häufiger Grund für den Wechsel sind unterschiedliche Gehaltsvorstellungen von Mitarbeiter und Unternehmen. Geld ist jedoch nicht alles, sagt König. Die Gründe seien insgesamt sehr vielfältig. Dazu zählen Unzufriedenheit mit dem Vorgesetzten, der Unternehmenskultur, hohe Arbeitsbelastung oder Privates.
Zahlen dazu liefert abermals die EY-Studie: Über ein Drittel derer, die schon einmal ihren Job gewechselt haben, taten das wegen des besseren Einkommens. Aus Unzufriedenheit mit ihrer Chefin oder ihrem Chef hat fast ein Drittel der Angestellten schon einmal seinem Arbeitgeber den Rücken gekehrt.
Vor allem bei jungen Angestellten spielen das Führungsverhalten der Vorgesetzten und ein vernünftiges Verhältnis von Arbeit und Freizeit eine wichtige Rolle, weiß auch Geschäftsführer König.
Für Jobsuchende gibt es heute eine Vielzahl von Angeboten, um ihren Marktwert zu testen bzw. passende Stellen zu finden.
Nach den Worten von Christian König hat die Arbeitsagentur aber nach wie vor die größte Jobplattform in Deutschland und bietet mit dem speziellen Bereich „Berufsberatung im Erwerbsleben“ der Zielgruppe der Wechselwilligen ihre Unterstützung an. Auch online können sich Arbeitnehmer zunächst Tipps und Ratschläge für die Veränderung im Berufsleben holen: „New Plan“ ist ein Online-Angebot der Agentur für Arbeit, das bei der Neu- oder Umorientierung hilft. Dort können Interessierte zum Beispiel ihre Stärken und Schwächen testen und herausfinden, welche Tätigkeiten und Berufe dazu passen könnten.
Wechsel gut planen
Grundsätzlich gilt: Ein Jobwechsel sollte gut durchdacht und geplant sein und wenn möglich, aus dem ungekündigten Arbeitsverhältnis heraus erfolgen. Der wirtschaftliche und psychische Druck, ebenso wie das Risiko, eine Fehlentscheidung zu treffen, ist dann geringer. Stellt man erst nach dem Wechsel zum neuen Arbeitgeber fest, wie gut es im alten Unternehmen war, ist es meist zu spät. Hier eine kleine Erledigungsliste, die im Vorfeld bei der Entscheidung hilft.
Welche Gründe sprechen für, welche gegen einen Wechsel? Oft hilft es, eine Positiv-/Negativ-Liste schriftlich festzuhalten oder mit jemandem zu reden, der die Situation im Unternehmen kennt. Beides hilft, die einzelnen Faktoren besser zu bewerten. Werden Leistung und Engagement von den Vorgesetzten objektiv nicht wertgeschätzt, das Betriebsklima ist schlecht und das Gehalt dazu noch unterdurchschnittlich, lohnt es, sich nach etwas anderem umzuschauen.
Ziele formulieren
Persönliche und berufliche Ziele sind ein wichtiger Grund, sich nach einem neuen Job umzusehen. Was im und mit dem neuen Job erreicht werden soll – auch privat – muss vor dem Wechsel feststehen. Auch hier hilft es, beides schriftlich zu formulieren. Das fordert eine intensivere Auseinandersetzung mit den Themen.
Will ich mehr Verantwortung, bin ich bereit, dafür möglicherweise mehr zu arbeiten? Oder ist womöglich der Weg zur Arbeit zu weit und ich will weniger Zeit im Auto/Zug verbringen?
Um die dann notwendigen weiteren Schritte zu gehen, empfehlen Experten unmittelbar eine Bewerbungsmappe anzulegen. Dann gibt es keinen Grund, den Wechsel auf die lange Bank zu schieben.
Wer für eine Bewerbung oder ein mögliches Bewerbungsgespräch Hilfe benötigt, kann sich an die Agentur für Arbeit wenden. „Das Bewerbungscoaching ist ein Angebot der Agentur für Arbeit und es ist kostenlos“, darauf weist Christian König hin.
Angebote suchen
Welche Arbeitgeber, welche Branchen, Produkte oder Dienstleistungen sind interessant? Die Antwort bestimmt das Suchumfeld. Jobsuchende sollten sowohl nach einer gewünschten Position, aber auch nach dem Wunscharbeitgeber Ausschau halten. Fündig wird man meist in der eigenen Branche. Da sind attraktive Arbeitgeber bekannt oder das eigene Netzwerk hilft beim Finden offener Stellen. Meist lohnt auch ein Blick in Arbeitgeberbewertungsportale wie Kununu, MeinChef.de, Jobvoting.de oder Glassdoor, um sich einen ersten Eindruck zu verschaffen.
Frühzeitig beraten lassen
Trotz Fachkräftemangel und langer Berufserfahrung kann es für einen neuen Job an einzelnen Qualifikationen fehlen. In diesem Fall bietet das Qualifizierungschancengesetz seit 2019 einige Möglichkeiten, und zwar nicht nur für bereits Arbeitslose. Auch Erwerbstätige, die sich weiterqualifizieren oder beruflich neu orientieren möchten, kann die Agentur für Arbeit die notwendigen Fortbildungsmaßnahmen fördern.
Das kann bereits im noch bestehenden Arbeitsverhältnis erfolgen oder in Absprache mit einem neuen Arbeitgeber, wenn der Arbeitsvertrag unterschrieben ist.
„Obwohl das Gesetz bereits seit fast vier Jahren in Kraft ist, sind dessen Möglichkeiten vielen Arbeitnehmern und Arbeitgebern nicht bekannt“, ist die Erfahrung von Christian König. Er empfiehlt vor den ersten konkreten Schritten für eine berufliche Veränderungen ein Beratungsgespräch mit den Spezialisten der Agentur für Arbeit.
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