Leidenschaft für Bäume
Hof der hundert Eichen
Auf einer ehemaligen Kuhweide frönt Ursula Feldmann ihrem Hobby. Die Bäuerin aus Emsbüren sammelt Eichen aus aller Welt. Darunter ist mancher Exot, dessen Laub an Weide, Ilex oder Lorbeer erinnert.
Mit einem Spontankauf fing alles an. Auf dem Pflanzenmarkt der Ippenburg entdeckte Ursula Feldmann einen Baum, der noch keiner war. „Das war eine 1 m lange Bohnenstange mit drei Blättern“, berichtet sie. Das Etikett wies die Pflanze als Japanische Kaiser-Eiche aus. Aus Neugier auf die unbekannte Pflanze nahm Ursula Feldmann das Bäumchen mit nach Hause auf den Hof im südlichen Emsland. Doch wohin mit der Rarität? Sie kann bei guter Pflege bis zu 20 m hoch werden.
Privater Schaugarten
Den passenden Platz fand die Landfrau hinter ihrem Garten auf der ehemaligen Kuhweide. Nach kurzer Beratung mit Ehemann August und Sohn Gerhard bekam sie grünes Licht zum Pflanzen. Was damals noch keiner ahnte: Diese exotische Eiche aus Japan infizierte Ursula Feldmann mit dem Sammelvirus. Heute stehen auf der knapp 1 ha großen Kuhweide rund 100 Eichen aus aller Welt. Zahlreiche Baumkenner pilgern zu dem privaten Arboretum, so der Fachbegriff für eine Baumsammlung.
Händchen für Bäume
Wer auf den Hof der Familie Feldmann in Emsbüren-Moorlage fährt, sieht gleich, dass Bäume hier eine wichtige Rolle spielen. Imposante Blutbuchen säumen die Einfahrt. „Die Buchen habe ich als junge Bäuerin aus kleinen Heistern selbst herangezogen“, berichtet die 77-Jährige. Die Weide mit der Eichensammlung liegt hinter Hecken verborgen neben dem Garten. Ursula Feldmann öffnet das Tor zu dem Areal und beginnt mit ihrer Führung. „Das hier ist Shumards Eiche, eine Roteiche aus Nordamerika. Ich habe sie mir wegen ihrer intensiven roten Laubfärbung im Herbst zum 60. Geburtstag gewünscht.“
Botanik für Fortgeschrittene
Nebenan wächst eine Eiche mit auffällig gescheckten Blättern. Der botanisch korrekte Name dieser deutschen Züchtung aus dem 19. Jahrhundert lautet Quercus robur ‘Argenteomarginata’ und ist auf einem Metallschild eingraviert, das am Stamm des Baumes hängt. Quercus robur ist der botanische Name für die Stieleiche. Der Sortenname in Häkchen leitet sich vom lateinischen Wort „argenteomarginatus“ ab und bedeutet soviel wie „mit silbrigen Rändern“. Weiter geht die Führung – auch der nächste Name ist ein Zungenbrecher: Quercus aliena acutiserrata. Die Orientalische Weiß-Eiche ist vor allem in China zu Hause, doziert Ursula Feldmann.
Eiche oder Ilex?
Wie kommt die Sammlerin zu den besonderen Bäumen, die in Europa, Asien oder Amerika heimisch sind? „Inzwischen kenne ich einige Baumschulen in Deutschland und einen belgischen Züchter, von denen ich ausgefallene Arten und Sorten beziehe“, erklärt Ursula Feldmann. Zudem ist sie vernetzt mit anderen Baumkennern. Zum einen in der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft, zum anderen in der International Oak Association – einem kleinen erlesenen Verein für Eichensammler. Dort gibt man sich Tipps für sichere Bezugsquellen und tauscht selbst herangezogene Jungbäume. „Eichen lassen sich nicht so einfach per Steckling vermehren. Das können nur wenige Spezialisten“, so die Sammlerin. Sie selbst unterhält ebenfalls einen kleinen „Kindergarten“ mit Eichenarten, die besonders hübsches Laub haben, etwa kastanienartige Blätter.
Die Laubformen kennen bei Eichen kaum Grenzen. Es gibt weidenblättrige und ilexähnliche Arten. Andere erinnern vom Blatt her an Lorbeer oder Mispel. Für den unbedarften Laien sind nicht alle Laubformen schön. So wirkt das tief eingeschnittene Laub der Fadenblättrigen Eiche ein wenig zerrupft. In den Augen der Eichen-Liebhaber macht das den Reiz aus. Rund 500 Eichenarten sind weltweit bekannt. Hinzu kommen zahlreiche Zuchtsorten. Auf der Kuhweide kann Ursula Feldmann nur einen Querschnitt dieser Vielfalt zeigen. „Inzwischen suche ich nach säulenförmig wachsenden Sorten, um Platz zu sparen“, gibt sie augenzwinkernd zu.
Bis in die Appalachen
Die Baumkenner und Baumsammler besuchen sich gegenseitig, brechen aber auch zu Expeditionen auf, um besondere Bäume am Naturstandort zu sehen. „Mein Mann und ich waren sogar mit einem Göttinger Forstprofessor in den Appalachen“, blickt Ursula Feldmann auf eine besondere Studienreise zurück. In dem Mittelgebirge im Osten der USA sind viele Eichenarten heimisch und zeigen sich dort von ihrer besten Seite.
Reisen wie diese stillen das Fernweh der Bäuerin, die ursprünglich in die Ferne ziehen wollte. „Die landwirtschaftliche Ausbildung habe ich angefangen, um Entwicklungshelferin zu werden.“ Stattdessen verliebte sie sich während der Lehre in den Jungen vom Nachbarhof, ihren späteren Ehemann August. Sie unterstützte ihn viele Jahre im landwirtschaftlichen Schweinemast- und Ackerbaubetrieb. Er trägt ihr besonderes Hobby mit.
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