Fast wie eine Birkenallee – so wirken die beiden Baumreihen, die zum Hof Füstmann in Dülmen-Hiddingsel, Kreis Coesfeld führen. Erst seit wenigen Wochen erscheinen die Baumstämme der Bergahorne ganz in Weiß. „Wir haben uns daran schon gewöhnt und können mit dem neuen Erscheinungsbild gut leben“, sagt Hofbesitzerin Marianne Füstmann-Jostmeier. Zusammen mit Ehemann Karl-Heinz Jostmeier hatte sie die 1997 gepflanzten Bäume über Jahre aufgeastet und gepflegt. So hat sich die rund 300 m lange Allee gut entwickelt.
Wenn die Rinde reißt
26 Jahre nach der Pflanzung haben die Bergahorne ansehnliche Kronen gebildet. Aber die Stämme sahen seit einiger Zeit besorgniserregend aus. „Die Rinde war an vielen Stellen eingerissen und abgeblättert“, berichtet Marianne Füstmann-Jostmeier. Sie zog eine Baumschule zu Rate.
Dort erfuhr sie: Der Bergahorn (Acer pseudoplatanus) ist wegen seines schnellen Wachstums und seiner leicht eiförmigen Krone ein beliebter Alleebaum. Zudem sind die Jungbäume vergleichsweise pflegeleicht, was den Kronenschnitt betrifft. Aber: Bergahorn hat eine vergleichsweise dünne Rinde. Sie reagiert empfindlich auf intensive UV-Strahlung – sowohl im Sommer als auch im Winter. Weitere Baumarten mit dünner Rinde sind beispielsweise Buche, Linde, Esche und Erle. Das Kambium, also das Teilungsgewebe, liegt direkt unter der Rinde und kann bei diesen Baumarten durch hohe Temperaturen geschädigt werden. Reißt die Baumrinde auf, entstehen Eintrittspforten für Fäulepilze. Diese Anzeichen für Sonnenschäden zeigten sich auch bei der Bergahorn-Allee, die zum Hof Füstmann führt.
Der Gärtner erklärte, dass sich die Gefahr von weiteren thermischen Rindenschäden durch einen weißen, lichtreflektierenden Anstrich der Rinde im Stammbereich abmildern lässt. Das lohnt sich auch noch bei älteren Bäumen, wenn andere Faktoren als Ursache der Rindenschäden auszuschließen sind, etwa Pilzkrankheiten.
Mehr weiße Stämme
Wer mit offenen Augen durch die Landschaft fährt, entdeckt immer mehr geweißelte Stämme von Obst-, Straßen- und Parkbäumen. Die Ahorne auf dem Hof Füstmann wurden in drei Arbeitsgängen mit dem Rindenschutz versehen:
- Als erstes entfernten die Gärtner mit Drahtbürsten die lose Rinde von den Stämmen.
- Dann brachten sie einen Voranstrich bis hinauf zu den Baumkronen an.
- Im dritten Arbeitsgang trugen sie den weißen, pastösen Schutzanstrich auf.
Während für Obstbäume häufig eine einfache Kalklösung als Stammschutz empfohlen wird, verwendeten die Gärtner für die Alleebäume einen Anstrich aus dem professionellen Baumschutz, der mehrere Jahre hält. Hersteller des Anstrichmittels namens Arboflex ist das Unternehmen Flügel. Die Stammschutzfarbe besteht aus organischen und anorganischen Bindemitteln, weißer Farbe, Siliziumdioxyd, Wasser, Emulgatoren und granulierten Beistoffe. Die Haltbarkeit des fachgerecht aufgetragenen Stammschutzes mit Voranstrich liegt laut Hersteller bei rund sieben Jahren. Die Farbe bildet einen elastischen Überzug, der sich an wachsende Stammumfänge anpasst. Sie vergraut mit der Zeit und reisst netzartig auf ohne an Schutzwirkung einzubüßen. Der Anstrich zersetzt sich nach Herstellerangaben in umweltneutrale Bestandteile. Private Anwender können das Produkt als Set aus Schleifvlies, Voranstrich und Stammschutzfarbe beispielsweise bei Gartenbedarf Meyer (www. Meyer-shop.com) bestellen.
Stress bleibt
Ob die Hofallee in Hiddingsel mit dem weißen Anstrich den klimatischen Bedingungen der nächsten Jahre gewachsen ist, bleibt abzuwarten. Stressfaktoren wie Bodentrockenheit werden den Bäumen weiter zusetzen. Dennoch: Jeder Versuch, eine Allee zu erhalten, ist nachahmenswert.
Kosten, Zuschuss, Förderung
Familie Füstmann-Jostmeier zahlte 4000 € für den Stammanstrich. Auf Antrag erhielt sie die Zusage für einen Kostenzuschuss von der Abteilung Natur- und Bodenschutz des Kreises Coesfeld. Möglicherweise greift bei baumpflegerischen Arbeiten auch die Förderrichtlinie Naturschutz (FöNa). Das NRW-Naturschutzprogramm fördert Maßnahmen, die der Vielfalt, Eigenart und Schönheit von Natur und Landschaft dienen. FöNa-Anträge können bei den Bezirksregierungen oder den Unteren Naturschutzbehörden der Kreise gestellt werden, die einen Ermessensspielraum haben. Es besteht kein Anspruch auf Bewilligung.
Weitere Fördermöglichkeiten für Privatpersonen bietet das Alleen-Programm der NRW-Landesregierung. Es gewährt Zuschüsse für die Neuanlage von mindestes 300 m langen Alleen entlang von Kreis- und Gemeindestraßen, Wirtschaftswegen sowie Rad- und Wanderwegen. Auch die Ergänzung und Wiederherstellung von Alleen wird gefördert. Die aktuelle Förderrichtlinie gilt noch bis Ende 2023. Das Alleenprogramm wird bei den Bezirksregierungen bearbeitet.
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