Bodenloser Anbau
Eine Theke für Pflanzen
Anbauen, was bisher nicht auf den Acker passt – dafür nutzt der Gemüsebetrieb Vrochte ein wassergeführtes Vertikalsystem.
Ein weißes, A-förmiges Metallgestell steht im Folientunnel auf dem Betrieb Vrochte. Beidseits der Träger sind auf sieben Etagen waagerechte Metallrinnen mit kreisförmigen Auslässen angebracht. Aus den Löchern schauen die Schöpfe von Grünkohl, Rucola, Kopfsalat, Mangold und Portulak hervor. Ihre Wurzeln stecken in den Rinnen. Aufgedüngtes Wasser wird im Kreislaufsystem durch die Rinnen gepumpt und versorgt die Pflanzen. Seit August läuft die Anlage des Anbieters Pflanzentheke auf dem Direktvermarktungsbetrieb in Sassenberg, Kreis Warendorf. Die bisherigen Erfahrungen sind positiv. Die Kunden haben die erste Ernte restlos aufgekauft.
Hydroponik im Tunnel
Vorn an der Anlage sind der Wasseranschluss und eine Art Schaltkasten mit zwei Kanistern zu sehen. „Der größere Kanister enthält Dünger, der kleine Schwefelsäure, um den ph-Wert einzustellen“, erklärt Anne Vrochte. Die 22-Jährige studiert angewandte Pflanzenbiologie im fünften Semester an der Hochschule Osnabrück. Sie gab den Anstoß zum Anbau von Blattgemüse in Hydroponik auf dem Hof. Ihre Eltern, Reinhild und Thomas Vrochte, ließen sich auf Annes Argumente ein:
- Das System eignet sich für den arbeitssparenden Anbau von Blattgemüsen und Kräutern, die es auf dem Betrieb noch nicht gibt. Auch Erdbeeren könnten darin wachsen.
- Die empfindlichen Kulturen stehen wettergeschützt und Platz sparend im vorhandenen Folientunnel. Das Trägersystem bietet Platz für 224 Pflanzen. Das entspricht der vier- bis fünffachen Menge, die auf der Bodenfläche Platz hat.
- Im Vergleich zur Feldkultur braucht das vertikale System laut Hersteller bis zu 90 % weniger Wasser und 85 % weniger Dünger. Es wird nur Tageslicht genutzt.
- Unkrautjäten fällt weg. Schädlinge wie Blattläuse lassen sich im Folientunnel mit Nützlingen bekämpfen, die auch bei Kulturen wie Paprika und Tomaten wirken.
Erklärungsbedürftige Produktion
Knapp 5000 € hat das vertikale Anbaumodul gekostet. Für Reinhild und Thomas Vrochte war es wichtig, dass der neben der Investition auch die Arbeit überschaubar bleibt. Denn die etablierten Produktionszweige wie der Anbau von Kartoffeln, Feld- und Fruchtgemüse sowie Legehennenhaltung kosten viel Zeit.
Die meiste menschliche Zuwendung brauchen die Pflanzen zu Anfang. Anne Vrochte erklärt: „Wir säen das Gemüse in Würfel aus Kokos-Torf-Substrat. Wenn sich die ersten Blätter zeigen, setzen wir die Pflanzen in die Rinnen ein.“ Geerntet werden komplette Pflanzen oder einzelne Stiele, etwa bei Mangold, Grünkohl oder Portulak.
Vrochtes vermarkten ihre Erzeugnisse über den Automaten an ihrer Hofeinfahrt und im Hofladen. Ideal ist es, wenn die Kunden sehen können, wo und wie das neue Blattgemüse wächst, hat Reinhild Vrochte festgestellt. Deshalb soll das Anbausystem in der neuen Saison einen Premiumplatz in einem Folientunnel vorn auf dem Hof bekommen.
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