Natur- und Artenschutz im Wald

Waldameisen in der „Käferkrise“

Die großen Fichtenschadflächen werden der Waldameise zunehmend zum Verhängnis. Denn ohne Schutz und Nahrung gibt es für sie keine Überlebenschance.

Waldameisen sind ein wichtiger Baustein des Ökosystems Wald. Sie sind nicht nur Nahrung für andere Tiere, wie beispielsweise für Spechte, sondern dienen im biologischen Waldschutz auch den Waldbesitzern. Denn forstliche Schadinsekten zählen zur Nahrung der Waldameisen. Eine Million Waldameisen benötigen – je nach Art – von März bis Oktober etwa 28 kg Insekten und 200 l Honigtau, der von Blattläusen gewonnen wird. Mit den wachsenden Kahlflächen verlieren die Waldameisen aber Stück für Stück ihren Lebensraum.

Hitzestress und Hunger

Seit nun fast vier Jahren hält die Dürre- und Borkenkäferkalamität an – inzwischen beziffert das NRW-Umweltministerium die entstandenen Kahlflächen auf mehr als 110 .000 ha.
Der Bereich des Regionalforstamtes Soest-Sauerland ist ein Zen­trum der Katastrophe. Nördlich des Haarstranges findet sich so gut wie keine lebende Fichte mehr. Überall im Land sind große Kahlschlags­flächen entstanden, die mitunter 20 ha Fläche übersteigen. Ganze Bergkuppen und weite Täler werden zu Freiflächen. Durch die plötzliche Sonneneinstrahlung und den Wegfall jeglicher Nahrung sind sowohl Einzelnester als auch ganze Waldameisenkolonien in ­ihrer Existenz bedroht. Betroffen sind vor allem die Kahlrückige Rote Waldameise, die Rote Waldameise sowie die Große Wiesenameise. Diese hügelbauenden Waldameisen können nur überleben, wenn alle Akteure im Wald sich der Bedeu­tung und des gesetzlichen Schutzes gemäß § 44 Bundesnaturschutzgesetz bewusst sind.

Im Bestand sind die Waldameisennester vor der Witterung geschützt. (Bildquelle: Denis /stock.adobe.com)

Tipps zum Ameisenschutz

Vielfach wissen Waldbauern, Forst­unternehmer und Fuhrleute nicht, wie sie im Rahmen der Schadholzaufarbeitung Waldameisen und ihre Nester schützen können. Aus diesem Grund hat die Ameisenschutzwarte Nordrhein-Westfalen e. V. zusammen mit Wald und Holz eine Arbeitshilfe zur Information und als Ratgeber erarbeitet.

Vor Beginn der Arbeiten sollten Waldbesitzer sich einen Überblick über mögliche Waldameisen-Vorkommen verschaffen. Markieren Sie Waldameisennester zum Beispiel mit Absperrband oder farbigen Pfählen. Ein anschließender Ortstermin mit dem Forstunternehmer lohnt, um ihm sensible Bereiche zu zeigen. Ein besonderer Vermerk im Arbeitsauftrag sichert den Kenntnisstand ab.

Während der Arbeiten ist es wichtig, Rückeschäden am Nest durch Einhaltung eines Sicherheitsabstandes von mindestens 1 m zu vermeiden. Nestbäume sollten möglichst belassen werden. Falls dies nicht möglich ist, diese mindestens 1 m über der Nestkuppel abschneiden.
Lagern Sie das Holz soweit entfernt von der Nestkuppel wie möglich. Vorhandene Fichten-Naturverjüngung sollte geschont und erhalten werden – sie ist Grundlage der Honigtaubildung.

Andere Baumarten, die noch an den Wegen oder in Saumbereichen stocken, zum Beispiel Eichen, ­Birken oder Vogelbeere, empfehlen die Experten weiter wachsen zu lassen, unabhängig vom Pflanzenzustand. Der Verzicht auf eine flächige Bodenbearbeitung trägt wesentlich zum Ameisenschutz bei.
Eine weitere Hilfsmaßnahme auf Kahlschlagflächen und an Forstwegen ist, Böschungen und Waldwege im Bereich der Waldameisen­nester gar nicht oder, wenn nötig, nur minimal freizuschneiden.

Bei der Wiederaufforstung im Bereich noch vorhandener Waldameisenstandorte sollten Waldbesitzer auf die Pflanzung von Nadelholzreinbeständen verzichten, besonders keine aus Douglasie und fast allen nicht europäischen Tannenarten aufgrund der fehlenden Baumläuse – sie bilden den für Waldameisen lebenswichtigen Honigtau.

Baumarten, die gerne von Baumläusen besiedelt werden, sind beispielsweise Traubeneiche, Lärche, Weißtanne, Kiefer, Birke, Esskastanie, Zitterpappel oder Kirsche. Zudem ergänzen Inseln aus Brennnessel, Ziest und Fingerhut den Lebensraum der Waldameisen.

Eine Rettungsumsiedlung ist nur im Ausnahmefall zielführend und erfordert einen hohen personellen und logistischen Aufwand. Ersatzstandorte sind nur schwer auszumachen und die Erfolgsaussichten sind nicht sehr hoch.

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