Wertschöpfungskette Rindfleisch

Qualitätsrindfleisch von Holstein Bullen?

Der Markt verlangt ein einheitliches Produkt. Gibt es das aus der hiesigen Bullenmast? Über die Bedeutung von Schwarzbunten und Qualitätsrindfleisch diskutierten Branchenvertreter auf Haus Düsse.

"Wir brauchen Rindfleisch am Markt“, sagte Prof. Steffen Maak. Der Verzehr liegt hierzulande mit 8,7 kg Rindfleisch pro Kopf und Jahr zwar auf relativ geringem aber dafür konstanten Niveau.

Allerdings sind momentan Preissteigerungen für Rind- und Kalbfleisch im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) von mehr als 19 % zu beobachten. Andere Lebensmittel liegen im Vergleich bei rund 13 %. „Ein weiteres Schrumpfen des Marktes ist deshalb nicht ausgeschlossen.“ Das erklärte der Mitarbeiter am Forschungsinstitut für Nutztierbiologie (FBN) Dummerstorf bei der Veranstaltung zum Thema „Qualitätsfleisch von Holstein Bullen?!“ vergangene Woche auf Haus Düsse im Kreis Soest.

Knapp 3 Mio. gewerbliche Rinderschlachtungen gab es 2022. Der Marktanteil für Biorindfleisch stagniert bei 4 % und bleibt damit eine Nische.

Rahmenbedingungen für die Erzeugung von Rindfleisch

Die Rahmenbedingungen für die Rindfleischerzeugung sind in Deutschland schwierig. Nicht optimal auf die Qualität wirken sich laut Maak folgende Faktoren aus:

  • Kategoriestruktur: Rindfleisch stammt zu 46 % vom Mastbullen, 34 % von Kühen, 20 % von Jungrindern, Färsen, Kälbern und Ochsen.
  • Rassestruktur: Etwa zwei Drittel des Rindfleischaufkommens stammen von Rassen aus der Milcherzeugung.
  • Geringe Preisdifferenzierung zwischen Milch- und Fleischrassen.
  • Preisbildung: Bezahlung nach Schlachtkörperqualität (EUROP) mit nur indirekter Berücksichtigung der Fleischqualität über Fettklassen.

94 % essen Fleisch

Die Verzehrgewohnheiten insgesamt ändern sich. Doch essen weiterhin etwa 94 % der Bevölkerung Fleisch, erklärte Maak. Insgesamt sei eine „Amerikanisierung“ des Rindfleischkonsums zu beobachten. Bedeutet: Konsumenten essen mehr Steaks und Burger und weniger Rouladen.

Problematisch für den Wissenschaftler: „Die Rindfleischerzeugung wird in der Bevölkerung als ressourcenfressend und klimaschädlich wahrgenommen.“ Für ihn stellt sich die Frage, ob bessere Qualitäten helfen könnten, den Markt weiter auszubauen.

Gastronomen fordern einheitliche Qualität

Auf Qualität kommt es zumindest in der Gastronomie an. Aber sie muss gleichmäßig sein. „Das ist schwierig mit deutschen Jungbullen zu erreichen“, erklärte Gastronomin und Fleischsommeliére Bettina Seitz im Rahmen der Podiumsdiskussion. „Am liebsten würde ich regionales Fleisch nehmen, aber ich nutze auch das US-Cut“, gab sie zu.

Auch Dr. Sandra Erdmann von Fleischwerk Edeka Nord beschrieb die Problematik: „Auf den meisten Mastbetrieben sind viele verschiedene Rassen und Weißblaue Belgier-Kreuzungen (WBB) zu finden.“ In ihrem Programm für Strohbullen in Haltungsform 3 sind jedoch nur Fleischrassen zugelassen. „Holstein Friesians (HF) mal WBB sehe ich sehr kritisch. Das lassen wir in unseren Markenfleisch-Programmen nicht zu“, sagte Erdmann. Denn es würden zwei extreme Rassen angepaart. Sie empfehle Landwirten HF mit Angus zu kreuzen.

Erdmann beschrieb zudem, dass Rindfleisch weiterhin extrem teilstückelastig sei: „Die Edelteile gehen gut an der Theke, der Rest ist schwierig.“ Insgesamt beobachte sie, dass mehr Verbraucher von der Theke zum SB-Bereich abwandern. „Kenner brauchen wir trotzdem an der Theke, da immer mehr Verbraucher nicht kochen können.“ Außerdem kaufe der Konsument kein marmoriertes Fleisch. Er wolle rotes, mageres Fleisch.

Rassen müssen sich rechnen

Gunnar Rohwäder vom Unternehmen Tönnies betonte, dass Qualitätsfleisch zwar hierzulande immer seine Berechtigung hat. Die deutschen Qualitätsprogramme jedoch in Europa keinerlei Rolle spielen. Für Bullenmäster Markus Schulze-Finkenbrink ist klar: „Ich mäste alle Rassen, wenn sie sich in meiner Kalkulation rechnen. Gerade rechnen sich HF-Tiere nicht, da die Futterkosten zu hoch sind.“ Momentan könne er mit Schwarzbunten nicht die Direktkostenfreie Leistung erreichen, die er mit den anderen Fleischrassen erzielt.

Rohwäder wünscht sich für die Zukunft dennoch, dass HF-Kälber in Deutschland gemästet und nicht exportiert werden. Außerdem müsse die Kommunikation besser werden, denn vom Geschmack könne sich das HF-Fleisch sehen lassen.

Sensoriktest: HF und Fleckvieh zart und lecker
Wie ist die Fleischqualität von HF-Bullen? Im Rahmen des Gesamtbetrieblichen Haltungskonzepts für Mastrinder gab es vergangene Woche einen Sensoriktest.
Grundsätzlich gibt es verschiedene Merkmale, um die Fleischqualität zu beurteilen. Das erklärte Prof. Dr. Matthias Upmann von der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe. Diese gliedern sich in objektive (z.B. sensorisch, ernährungsphysiologisch) und subjektive (z.B. ethisch-moralisch, bequem) Merkmale. Zu den Qualitätsmerkmalen von Fleisch gehören zudem Aussehen, Aroma und Textur.
Im Sensoriktest der DLG wurde das Fleisch folgender Tiere verkostet:
- Eine Fleckvieh-Färse,
- Zwei reinrassige HF-Bullen,
- Zwei Bullen: HF x INRA,
- Zwei Bullen: HF x WBB,
- Zwei reinrassige Fleckviehbullen.

Upmann stellte das Ergebnis vor:
- Die Genetik ist ein Faktor in Sachen Fleischqualität.
- Beschaffenheits-, Geruchs- und Geschmacksunterschiede zwischen den einzelnen Anpaarungen sind gering.
- Fleckviehtiere scheinen mit Blick auf die Marmorierung überlegen.
- Die Unterschiede zwischen HF-Bullen und deren Kreuzungen sind hinsichtlich der sensorischen Beschaffenheit gering.

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