Wie könnte das Stallsystem der Zukunft für die deutsche Bullenmast aussehen, Herr Pelzer?
Wenn es nach mir geht, hätten wir einen Stall mit Stroh und Struktur. Ich favorisiere das System des Tretmiststalls. Die Bullen stehen in Großgruppen. Außerdem würde ich mir Außenklimakontakt wünschen. Im Sommer sind Ventilatoren wichtig.
In Zusammenarbeit mit einer bundesweiten Arbeitsgruppe, bestehend aus Architekten, Ökonomen und Produktionstechnikern, erarbeiten wir ein Haltungskonzept für die Rindermast. Dieses wird im Herbst veröffentlicht.
Gehört für Sie ein Laufhof an den Stall?
Nein, keinen Auslauf für Jungbullen! Eine nicht strukturierte Betonfläche im Außenbereich macht meines Erachtens wenig Sinn und fördert kein Tierwohl. Falls so eine Anforderung in ferner Zukunft kommen sollte, sollte es ein integrierter Laufhof sein. Die Tiere hätten beim Fressen, Liegen und in Bewegung Kontakt zu Sonne, Wind und Regen.
Sie sagen, der Stall soll strukturiert sein. Wie genau sehen die verschiedenen Bereiche aus?
Tiere brauchen für ihre Verhaltensweisen verschiedene Bereiche. Dazu gehören:
- Ruhen,
- Bewegen,
- Futter- und Wasseraufnahme sowie
- Sozial- und Sexualkontakt.
Diese Funktionskreise setzen wir in verschiedene Funktionsbereiche um.
Das bedeutet?
Absolute Voraussetzung: Alle Bullen müssen gleichzeitig liegen können. Aber es müssen nicht alle Bullen gleichzeitig fressen können.
Ein Tier-Fressplatz-Verhältnis von 1 : 1 ist zum Beispiel bei einer automatischen Futtervorlage nicht nötig. Denn der schwächste Bulle stellt sich nicht zwischen zwei starke. Es muss also immer Futter vorliegen. Ich bin ein großer Freund von Automatisierung. Insbesondere in der Rindermast.
Die Bullen sollen also mit einem Fütterungsroboter gefüttert werden?
Die automatische Fütterung ist in meinen Augen ideal für Menschen, Tiere und Umwelt:
- Landwirte sind freier und flexibler in ihren täglichen Arbeitszeiten.
- Tiere können fressen, wann sie wollen und kommen so immer wieder in Bewegung.
- Es fahren wenig kW durch den Stall. Zudem ist die Luft besser als wenn ein Dieselmotor mit Mischwagen über den Futtertisch fährt.
Sie wünschen sich also tiefe Buchten mit vielen Tieren und möglichst schmalem Futtertisch?
Genau. Eine optimale Gruppengröße fängt bei mir bei 15 Tieren an. Der Futtertisch nimmt in vielen Gebäuden zu viel Platz weg. Das ist schade. Den Raum können die Tiere besser gebrauchen. Die tiefen Buchten brauchen jedoch genügend Struktur.
Wie sieht dann der Liegebereich aus?
Es gibt drei Möglichkeiten:
- Stroh,
- ein ausgestalteter Spaltenboden mit weicher Liegefläche oder
- Liegeboxen in Laufställen aus der Milchviehhaltung.
Ich favorisiere Variante 1.
Wie würden Sie den Aktivitätsbereich gestalten?
Die Lauf- und Sozialfläche sollte Platz für gegenseitige Körperpflege und Interaktion bieten. Dieser Bereich ist eine Betonfläche. Außerdem gehören hier die Scheuermöglichkeiten hin. Falls die Tiere zu unruhig werden und zu viel laufen, könnten mit Toren zur Beruhigung Sackgassen eingebaut werden.
Hinten in der Bucht ist dann der Liegebereich, in der Mitte der Aktivitäts- und vorne der Fress- und Tränkebereich.
Richtig, die Tränken sollten vorne in das Fressgitter. Hinten im Stall montiert, ist das Kontrollieren und Reinigen der Tränkebecken zu gefährlich. Bullennuckel sind nicht wirklich tiergerecht. Bullen sind Saugtrinker und bräuchten eine große Wasseroberfläche mit stehendem Wasser. Eine tiergerechte Wasserversorgung bleibt in der Rindermast eine Herausforderung.
Was sagen Sie den Bullenmästern mit zehn Jahre alten Ställen mit Vollspalten und kleinen Gruppengrößen?
Gute Umbaulösungen bietet beispielsweise die Bauschrift NRW. Außerdem müssen Berater hinzugezogen werden. In NRW hatten wir viel Glück mit der Strohförderung. So sehen bereits heute viele Ställe toll aus.
Noch einmal zurück zu den Liegeboxen. Sollten Mäster einen Stall mit Liegenboxen bauen?
Nein, das System bietet sich nur bei einer Umnutzung alter Milchviehställe an.
Dann dürften die Bullen aber nicht ganz so schwer werden, um in die Liegeboxen zu passen.
Das stimmt. Aber die Frage ist ja: Bieten wir dem Markt mit den aktuellen Schlachtgewichten, was er fragt? In Restaurants steht das irische Weiderind häufiger auf der Karte als der deutsche Jungbulle. Die Teilstücke sind laut Gastronomen gleichmäßig und kleiner.
Passen schwere Fleckviehbullen also nicht ins Konzept?
Ich glaube, wir haben ein Problem mit der deutschen Klassifizierung (EUROP). Kein Mensch weiß, was dahintersteckt, sprich welche Rasse, welches Geschlecht usw. Außerdem frage ich mich, ob die Gesellschaft noch die riesigen Rouladen eines Bullen mit 800 kg Lebendgewicht will.
Das klingt, als seien Sie kein „Fan“ von Fleischrassen?
Das kann man so nicht sagen. Dennoch mein Plädoyer: Lasst uns die Mast mal mit Holstein-Friesian (HF)-Bullen probieren. Denn die HF-Kälber sind keine Bruderhähne. Ich glaube, sie haben das Potenzial für gute Zunahmen, tollen Geschmack und sind günstiger im Einkauf.
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