Arbeitsunfall oder Freundschaftdienst?
Unfall beim Strohfahren – Zahlt die Versicherung?
Beim Strohpacken in der Ernte verletzte sich der Freund und Helfer eines Landwirts: Ein Fall für die gesetzliche Unfallversicherung?
Während der Ernte im August 2021 waren Gewitter angekündigt. Ein im vorliegenden Fall als Zeuge beteiligter Landwirt aus Baden-Württemberg musste eilig die Strohernte einfahren und die Ballen in der Scheune einlagern. Sohn und Bruder waren verhindert, deshalb rief er einen Bekannten an und bat ihn um Hilfe. Der Maschinenschlosser, dessen Schwester mit der Frau des Landwirts gut befreundet war, hatte auch seinem Onkel schon bei der Strohernte geholfen.
Ballen fällt vom Förderband
Der damals 56-Jährige sagte zu und unterstützte am nächsten Tag den Landwirt beim Stapeln der Strohballen in der Scheune. Dabei ereignete sich das Unglück: Vom Förderband, das die Strohballen 3 bis 4 m nach oben transportierte, fiel ein etwa 20 kg schwerer Ballen herunter und traf den Helfer am Rücken. Er sackte zusammen und konnte nicht mehr aufstehen. Gebrochene Wirbel mussten langwierig behandelt werden.
Kein Arbeitsunfall
Bei der landwirtschaftlichen Unfallversicherung beantragte der Verletzte Leistungen: Es habe sich um einen Arbeitsunfall gehandelt, da er im Interesse des Landwirts eine „arbeitnehmerähnliche Tätigkeit“ verrichtet habe. Doch die Unfallversicherung sah das anders: Gefälligkeiten unter Freunden seien nicht gesetzlich unfallversichert. Auch das Landessozialgericht Baden-Württemberg verneinte einen Arbeitsunfall und wies die Klage des Verletzten ab (L 1 U 3333/22). Hier sei es um einen Hilfsdienst gegangen, dessen Motiv die freundschaftliche Verbundenheit zwischen der Familie des Verletzten und der Familie des Landwirts gewesen sei. Über eine Gegenleistung sei am Telefon nicht gesprochen worden, habe der Verletzte selbst betont: „Er helfe eben einfach auch so mal.“
Freundschaftlicher Rahmen
So eine Hilfe diene dazu, eine Freundschaft zu festigen. Sie ähnle damit keineswegs einer Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer: Denn die sei nicht durch uneigennützige Hilfe, sondern durch gegenseitigen Austausch von Leistungen geprägt. Wenn die Pflege einer sozialen Beziehung zum Auftraggeber im Vordergrund stehe, liege keine „arbeitnehmerähnliche Tätigkeit“ vor.
Der Maschinenschlosser habe den Landwirt etwa fünf Stunden bei der Arbeit unterstützen sollen. Dieser Umfang der Tätigkeit sei bei einer einmaligen Mithilfe in der Landwirtschaft nicht ungewöhnlich und gehe nicht über den Rahmen hinaus, den man unter Freunden erwarten könne.
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