Zwischenfrucht

Saat im Schatten des Dreschers

Zwischenfrüchte direkt nach dem Drusch zu säen, kann deren Wirkung deutlich verbessern. Erste Kammerversuche bestätigen das.

Eine frühe Aussaat von Zwischenfrüchten in die Stoppel ist nachhaltig ausgerichtet: Ziel ist es, den Samenanteil von Ungräsern im Boden über Jahre zu reduzieren. Bodenbewegung wird auf das Minimalste reduziert und reife Samen nicht in tiefere Bodenschichten eingearbeitet – in Jahren mit hohem Samendruck einer von vielen Hebeln um ganzheitlich anzusetzen. Zeitig, direkt nach dem Drusch, lässt sich so ein Vorsprung vor Keimung des Ausfallgetreides und der Unkräuter bzw. -gräser schaffen. Die Entwicklung der Zwischenfrucht entscheidet anschließend über Erfolg der Unterdrückung von Unkräutern und Verrottung von Samen auf der Boden­oberfläche.

Nichtstun wirkt super

Es geht um Flächen, auf denen in diesem Jahr sehr viel Ackerfuchsschwanzsamen (>100 Samen/m²) produziert worden sind. Den Samen wird man am schnellsten wieder los, wenn er an der Bodenoberfläche verbleibt. Dies belegen mehrjährige Untersuchungen aus Dänemark. So konnte Jensen zeigen, dass sechs Wochen nach dem Auslegen der Samen nur noch ­etwa 10 % keimfähig waren. Das war so, wenn die Samen an der Bodenoberfläche verblieben sind. Sobald die Samen mit Erde bedeckt wurden, sank die Abbaurate auf unter 50 %. Dies galt auch bei einer Bodenbedeckung von nur 2 cm. Somit ist es sinnvoll, auch flache Bodenbearbeitungsmaßnahmen möglichst lange hinauszuzögern.

Verrotteter Ackerfuchsschwanzsamen – am schnellsten geht das an der Bodenoberfläche. (Bildquelle: Klingenhagen)

Wie sieht es mit dem Einsatz von Strohstriegeln aus? Kann nicht dadurch der Auflauf von Samen und somit die Bekämpfung gefördert werden? Hierzu gibt es Untersuchungen aus Schleswig-Holstein. Im Vergleich zur Kurscheibenegge ließ sich durch den Strohstriegel der Auflauf von etwa 50 Pflanzen/m² auf >200 Pflanzen/m² steigern. Eindrucksvoll, unter Berücksichtigung der Menge an Samen, die zur Ernte ausgefallen sind (mindestens 20  000), ist der Effekt aber gering. Dies liegt unter anderem daran, dass sich ausgefallener Samen für sechs bis acht Wochen in der primären Keimruhe befindet. Und auch wenn diese Zeit vorbei ist, laufen im ersten Herbst nur etwa 10 % der frischen Samen auf.

Saat direkt nach Drusch

Keine neue Idee, das System wurde zunächst in England, dann in Deutschland – von Landwirten mit Fuchsschwanzproblemen – oder auch im Rahmen der regenerativen Landwirtschaft praktiziert. Sinn und Zweck des Ganzen ist es, nach der Ernte eine Zwischenfrucht zu etablieren, die

  • in der Lage ist, Ausfallgetreide, Unkräuter und Ungräser zu unterdrücken und
  • die Bodenstruktur und das Bodenleben zu fördern. Die Stichworte sind hier eine wachsende Wurzel, Wurzelausscheidungen und Schattengare.

Im Schatten des Dreschers: Dieser Begriff soll ausdrücken, dass es nach der Saat zügig gehen muss,

  • um Restfeuchte im Boden zu nutzen,
  • um dem Ausfallgetreide möglichst wenig Vorsprung zu lassen,
  • um die Zeit der Keimruhe vom Ackerfuchsschwanz zu nutzen.

So sagt ein Landwirt, der dieses System seit Längerem praktiziert: „Wenn ich es nicht schaffe, die Zwischenfrucht bis acht Stunden nach dem Dreschen zu säen, dann wird diese nicht mehr gesät.“

Es hat in anderen Fällen zwar auch noch etwas später geklappt, es ist aber klar, dass bei diesem System auf eine Strohbergung verzichtet werden muss.

Ebenfalls essenziell ist eine gleichmäßige Strohverteilung. Zu wenig Stroh lässt die Böden unter trockenen, heißen Verhältnissen ausbrennen. Zu viel Stroh kann die Zwischenfrucht ersticken und fördert das Auftreten von Schnecken und Mäusen. Die beiden letztgenannten profitieren von der fehlenden Bodenbearbeitung bei dieser Art der Zwischenfruchtsaat. Neben einer schlechten Strohverteilung sind auch Boden­verdichtungen Gift für das System.

Welche Zwischenfrucht?

Unter trockenen Verhältnissen sind Feinsämereien im Vorteil. Bewährt haben sich unter anderem Mischungen aus Phacelia und Alexandrinerklee (7 + 7 kg/ha). Bei feuchteren Verhältnissen kommen auch grobkörnige Leguminosen infrage. Eine gute Bodenbedeckung erreichen zum Beispiel auch Wicken.

Ist in diesem Jahr kein oder nur wenig neuer Ackerfuchsschwanzsamen produziert worden, kann man wie üblich die Stoppel-/Bodenbearbeitung durchführen. Hier geht es dann eher darum, durch mehrfache Bodenbearbeitung den Fuchsschwanz im Bodenvorrat aus seiner sekundären Keimruhe zu holen und zum Keimen zu bringen.

Erfahrungen aus Versuchen

2022 wurde eine Versuchsreihe auf fünf Standorten in NRW angelegt. Verglichen wurde jeweils ein Direktsaatverfahren (Horsch Avatar in Duisburg, Anröchte, Nordkirchen; Horsch Focus ohne Zinken in Brakel, Horsch Deltasem in ­Beckum) mit einer Mulchersaat (Müthing CoverSeeder). Je nach Vorfrucht startete die Aussaat früh am 23. Juni in Duisburg nach Wintergerste und endete nach Winterweizen am 3. August in Anröchte.

Das CoverSeeder System der Firma Müthing (Bildquelle: Müthing)

Drei verschiedene Zwischenfruchtmischungen mit Wiederholung ermöglichten dabei Stärken und Schwächen der zwei Aussaatsysteme zu überprüfen. Dazu wurde drei und sechs Wochen nach Auflauf der Feldaufgang der Mischungen sowie enthaltenen Komponenten bonitiert und verglichen. Strohkontrollen dienten dazu, den Unkrautdruck des Standortes als Basis zu ermitteln. Begleitet wurden die Versuche durch eine Bachelorarbeit an der FH Soest.

Nach einigen Hürden wurde an allen Standorten ein guter bis akzeptabler Bestand erzielt: Von größtem Einfluss zeigte sich 2022 die Trockenheit. Insbesondere am Standort Beckum ließ fehlender Regen die Samen Wochen in der trockenen Erde verweilen, sodass die erste Bonitur erst fünf Wochen nach Ausaaat erfolgen konnte.

Versuch nach Winter: In der Kontrolle ohne Zwischenfrucht (1. Streifen links der Linie) wird der Druck von Ausfalltriticale und Ackerfuchsschwanz sichtbar. Rechts der Linie wurde die Praxisfläche mit vorhergehendem Grubber-strich und deutlich später bestellt. (Bildquelle: Schulte)

Auch an den anderen Standorten zeigte sich eindrücklich, wie stark der Erfolg des Systems mit den Niederschlägen korreliert, Strohverbleib senkte die Verdunstung. Zu nennen sind zudem auch Boden­verdichtungen, Schnecken- oder Mäusebefall. Je nach Stärke des Ausmaßes ist eine ganzflächig, dichte, üppige Zwischenfrucht nur schwer zu erreichen.

Welche Arten passen?

Ein paar weitere Beobachtungen:

Mäuse fühlen sich deutlich mehr im Bereich eines Stoppelhochschnittes wohl. Insbesondere in Brakel gewährten lange Roggenreststoppeln Deckung vor Greif­vögeln, sodass gemulchte Bereiche eher gemieden wurden.

Bei der Mulchersaat handelt es sich um eine Breitsaat, die Direktsaatverfahren erzeugen Saatreihen. Je nach Komponentenwahl entsteht hier schneller Konkurrenz um Licht und Wasser. Das gilt vor allem für schnell wachsende, blattreiche Arten wie zum Beispiel Ölrettich.

Wird direkt mit Scheiben gesät, ist auf „Hairpinning“, das heißt, die Ablage des Saatgutes auf in den Säschlitz gedrücktes Stroh zu achten. Der Einsatz von Säzinken hat dann in einigen Situationen Vorteile, führt jedoch wieder zu Bodenbearbeitung und bringt beispielsweise Unkräuter wie Altraps zum Auflaufen.

Ungrasunterdrückung

Wie viel Ackerfuchsschwanz verrottet bei einer Saat im Schatten des Dreschers?

Um die Verrottungsrate von Samen auf der Bodenoberfläche zu untersuchen, wurde vor der Zwischenfruchtaussaat sensitiver Ackerfuchsschwanzsamen in abgesteckten Quadraten ausgestreut. Zu zwei Terminen (um den 10. Oktober – Ausaaat von Winterungen; und Mitte Februar – Aussaat früher Sommerungen) ist anschließend der Boden inklusive der Samen abgetragen und im Gewächshaus auf Keimfähigkeit untersucht worden. Erfolgreich verrottete Samen wurden nach folgender Formel ermittelt: ausgebrachte AFU-Samen – aufgelaufene AFU-Pflanzen während der Vegetation – AFU-Auflauf in den Keimschalen = theoretisch keimunfähige AFU-Samen.

Es handelt sich noch um einjährige Werte, die in den kommenden Jahren überprüft werden. Be­eindruckende Werte nach Jensen konnten dabei nicht ganz erzielt werden, bis zum Herbsttermin (etwa 10. Oktober) sind unseren Untersuchungen nach bei Strohverbleib auf der Fläche durchschnittlich etwa 70 % der an der Bodenoberfläche liegenden Samen verrottet, bleibt die Zwischenfrucht bis Mitte Februar stehen, kann der Wert um 5 bis 10 % gesteigert werden.

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