Der Auszahlungspreis für Milch mit 4 % Fett und 3,4 % Eiweiß (inkl. aller Zu- und Abschläge) lag 2020 in NRW im Jahresdurchschnitt bei geschätzten 33,34 Cent/kg Milch. „Das ist ein Preisniveau wie vor 20 oder 40 Jahren. Dabei sind die Produktionskosten und Anforderungen aus den Bereichen Klima und Umwelt aber auch vom Lebensmitteleinzelhandel (LEH) deutlich gestiegen“, sorgte sich Dr. Rudolf Schmidt, Geschäftsführer der Landesvereinigung Milch NRW (LV Milch). „Dieser relativ stabile Milchpreis zeigt nicht, dass alles in Ordnung ist auf den Milchviehbetrieben, sondern genau das Gegenteil.“ Der Preis führe zu den Protesten auf der Straße, so Schmidt bei der Jahrespressekonferenz der LV Milch NRW am Mittwoch.
Senkung des Butterpreises nicht nachvollziehbar
Die Senkung des Preises für Päckchenbutter um 56 Cent/kg zeigte einmal mehr die Marktmacht des LEHs. „Wir hatten um Weihnachten eigentlich eine stabile Marktlage für Butter“, erklärte Hans Stöcker, Vorsitzender von LV Milch NRW. Aber allein die Ankündigung von Aldi den Butterpreis zu senken reichte aus, um die Notierungen in Kempten fallen zu lassen. Das zeige: Der LEH gestaltet die Preise in Deutschland mit, denn der Weltmarkt zeigte keine Notwendigkeit für eine Preissenkung, so Stöcker.
Auch der westfälische Vorsitzende, Wilhelm Brüggemeier, äußerte sich ungehalten: Die Aussage von Aldi im top agrar-Interview, Aldi habe keine Marktmacht im Bereich Trinkmilch, sei frech. Eine Änderung im Kartellrecht sei unbedingt nötig, um endlich Druck auf den LEH auszuüben. Hinzu komme, dass die Butterpreise in den Regalen nicht entsprechend der Preissenkung gefallen seien. Der Handel stecke sich somit eine größere Marge ein.
Positive Absatzentwicklung bei Milchprodukten
Die Notierungen in Kempten für Markenbutter (250 g, geformt) liegt im Vergleich zu den vergangenen Jahren auf niedrigem Niveau. Anders sieht die Marktentwicklung für Magermilchpulver aus: „Der Preis ist stabil, auf relativ hohem Niveau“, erklärte Schmidt. Die Absatzentwicklung für Milchprodukte über das ganze Sortiment der weißen und gelben Linie im LEH ist gestiegen.
Die Verbraucherpreise für konventionelle Trinkmilch lagen 2020 im Schnitt bei 84 Cent/l, bei Biomilch bei 1,17 €/l. „In der Theke sind aber erstmals Preisunterschiede bei Basissortimenten zwischen den Ketten zu beobachten“, sagte Schmidt. Beispielsweise kostet Vollmilch einer Marke bei Aldi Süd 3 Cent/l mehr als bei Edeka.
Milcherzeugung in NRW und global betrachtet
Die Milchproduktion in NRW ist 2020 noch mal leicht angestiegen und liegt bei etwas mehr als 3,5 Mio. t Milch. Allerdings erwartet der Geschäftsführer der LV Milch NRW für die kommenden Jahre keinen großen Zuwachs mehr, da die Zahlen der Milchkühe (393.221) und Milcherzeuger (5.166) in NRW sinken.
Entscheidend für den deutschen und europäischen Milchmarkt ist, wie der Brexit-Deal umgesetzt wird. Denn für die EU ist der Export in das Vereinigte Königreich wichtig, so Schmidt.
Weltweit schätzt der Fachmann für 2020/21 mit einer relativ stabilen Milchproduktion. Allerdings schränken Umwelt- und Klimaschutzauflagen die Produktionsausweitungen künftig in der EU und Neuseeland ein. Für Australien und China prognostizierte Schmidt hingegen einen Produktionsanstieg.
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