Kleine Wiederkäuer halten

Gute Klauen - aber wie?

Gepflegte Füße sind bei Schafen und Ziegen wichtig. Beim Klauenpflegekurs zeigt Michael Gertenbach verschiedene Schnitt-Techniken.

Wie schneide ich die Klauen von unseren vier Texelkreuzungs-Schafen richtig? Die Frage stelle ich mir immer wieder. Von meinem Vater habe ich einige Techniken erlernt. Außerdem besuchte ich einen Klauenpflegekurs für Rinder. Eines unser Schafe hat öfter Dreck zwischen der Sohle und dem Tragrand. Was muss ich tun, wenn es Probleme gibt, die über den Pflegeschnitt ­hinausgehen?

Im Klauenpflegekurs der Landwirtschaftskammer Niedersachsen fand ich Antworten. Und zwar von Michael Gertenbach, der selbst gelernter Schäfer ist und als Berater für Schafhalter arbeitet.

Richtiger Routineschnitt

„Wie oft Schafe und Ziegen einen Klauenschnitt benötigen, hängt stark von dem Bedarf der Tiere ab“, erklärt Gertenbach. In trockenen Jahren ist der Boden härter und das Horn reibt sich schneller ab. Je mehr Abrieb, desto schneller wachsen die Klauen. Beim Schneiden gilt: So viel wie nötig und so wenig wie möglich. Ziel ist, die Klauen in Form zu bringen und nicht maximal viel Horn abzuschneiden. Denn letzteres würde ebenfalls ein schnelleres Hornwachstum fördern und der Klauenpflegebedarf steigt.

Das Messer flach auf die Sohle legen, um den Tragrand abzutragen. (Bildquelle: Fry)

Zu einem guten Pflegeschnitt zählt auch das Angleichen der Klauenspitze. Wird diese zu lang, sinkt die gesamte Klaue nach hinten ab. Das dehnt die Sehnen. „Kürzt man die Spitzen nicht rechtzeitig, können die Tiere auf Dauer durchtrittig laufen und werden weich in der Fessel“, sagt der Schafexperte.

Doch wie sieht ein optimaler Pflegeschnitt aus? Die beiden Skizzen unten geben einen guten Überblick. Das Horn, was sich um die Ledersohle legt, ist der Teil der Klaue, der das Gewicht trägt. Beim Pflegeschnitt wird es auf Höhe der Sohle zurückgeschnitten. Im hinteren Klauenbereich, dem Ballen, ist in der Regel kein Schnitt notwendig (Übersicht 1). Die Spitze wird am Ende der Sohle eingekürzt. Ein Tipp vom Experten: Erst die Länge auf einer Klauenseite ­anpassen und die andere Seite ­danach angleichen.

Beim Pflegeschnitt wird der Tragrand auf höhe der Sohle zurückgeschnitten. (Bildquelle: LWK Niedersachsen)

Ein weiterer Effekt des ebenen Tragrandes: Es sammelt sich we­niger Dreck in Zwischenräumen (Übersicht 2). Ein Anschrägen ist nicht nötig, solange kein Hohlraum zwischen Tragrand und Sohle besteht. Dadurch hat das Horn mehr Tragkraft.

Die Spitze wird am Ende der Sohle eingekürzt. (Bildquelle: LWK Niedersachsen)

Weg mit dem Dreck

„Ein Hohlraum zwischen Horn und Sohle nennt sich auch aufgespaltenes Horn. Das gehört zu den nicht infektiösen Klauenerkrankungen“, sagt Gertenbach. In dem Fall ist es wichtig, den Tragrand seitlich soweit anzuschrägen, dass eine dünne weiße Schicht sichtbar wird. „Das ist die Kittschicht, auch Weiße Linie genannt, die Horn und Sohle verbindet. Wenn man den Tragrand bis dorthin wegschneidet, kann das neue Horn gemeinsam mit der Kittschicht wieder runterwachsen. Der Hohlraum verschwindet mit der Zeit“, erklärt er weiter.

Aufgespaltenes Horn ist genetisch bedingt, kommt aber auch bei Schafen vor, die auf weichen, sandigen Böden stehen. Zudem ist die Kittschicht empfindlich gegenüber Futterumstellungen, Nährstoffmängeln und Stoffwechselproblemen. Dann trocknet sie aus und ein Hohlraum entsteht. Die beste Vorbeuge ist laut Gertenbach ein richtiger Klauenschnitt und die Selektion der Nachzucht. Schafhalter sollten auch beim Kauf eines Deckbockes auf die Beschaffenheit der Klauen achten.

Wichtige Tipps

Damit alles möglichst reibungslos funktioniert, ist eine gute Vorbereitung entscheidend.

  • Die Tiere vor einem geplanten Klauenpflegetermin etwa 12 bis 18 Stunden nicht füttern. Ansonsten ist das Pansenvolumen groß und für die Tiere ist es unbequem, wenn sich der Bauch beim Sitzen wegdrückt.
  • Scharfes Werkzeug: Es eignen sich Messer, Scheren und eine Flex.
  • Schärfen: Messerklinge erst mit einem Diamantstab schärfen. Entsteht ein Grat auf der gesamten Schneide, passt der Winkel. Den Grat anschließend mit Abziehstahl entfernen, sowohl im flachen als auch im steilen Winkel. Bei Scheren zeigt der Glanz auf der Schneide, ob alles scharf ist. Den Grat braucht man nicht zu entfernen. Er verschwindet beim Schließen der Schere. Die Schneide darf rau bleiben, dadurch ist sie griffiger.
  • Desinfektionsspray bereithalten, um Wunden zu versorgen.
  • Behandlung auf festem Boden oder auf einer großen Folie in der Weide. So lassen sich Hornspäne hygienisch entsorgen.
  • Tiere mit infektiösen Klauenerkrankungen nach der Behandlung auf eine „saubere/nicht infizierte“ Weide bringen. Das ist vor allem bei Moderhinke wichtig (siehe untenstehenden Kasten).

Achtung bei Moderhinke

Die Krankheit zeigt sich im Anfangsstadium durch eine feuchte, gerö­tete Haut und Haarausfall im Zwischenklauenbereich. Breitet sich die Infektion aus, entzündet sich die Haut und das Horn des inneren Tragrandes wird angegriffen. Mit der Zeit löst es sich ab und das Gewebe darunter ist stark geschädigt.Hygiene während des Klauenschneidens ist in diesem Fall besonders wichtig, da sich Moderhinke-Erreger für drei bis vier Jahre auf Klauenspänen halten können. Landwirte sollten deshalb nicht nur auf festem Boden oder Folie arbeiten, sondern abgeschnittenes Klauenhorn auch aus der Wolle der Tiere heraussuchen.

Das Tückische an Moderhinke: Die infektiösen Bakterien können sich bereits in bzw. auf der Klaue befinden, obwohl die Tiere klinisch unauffällig sind. „Um sicher zu sein, können Schafhalter vor dem Tier­zukauf Tupferproben aus dem ­Zwischenklauenbereich entnehmen und vom Tierarzt untersuchen lassen. Zudem empfehle ich eine zweiwöchige Quarantäne für neue Tiere. Das beugt auch Tierseuchen und anderen Erkrankungen vor“, erklärt Gertenbach und weiter: „Die gute Nachricht im Zusammenhang mit Moderhinke ist: In den meisten Herden ist eine Sanierung möglich.“

In den Anfangsstadien lässt sich Moderhinke mit Klauenbädern behandeln. Das Bad sollte 6 cm tief und das Mittel richtig dosiert sein. Es eignen sich in Absprache mit dem Tierarzt Formalin-, Kupfer- oder Zinkbäder. Die Tiere sollten nach der Behandlung für eine Stunde auf trockener Fläche stehen. Ist Horn beschädigt, müssen Schafhalter losgelöstes Horn entfernen. Auch eine antibiotische Behandlung ist möglich.

Eine oft schwerwiegende und stark infektiöse Klauenerkrankung ist ­Moderhinke. Bei betroffenen Tieren breitet sich die Infektion unter Sohlen- und Wandhorn aus. In schweren Fällen können die Tiere ausschuhen – also den Hornschuh abstoßen. Zudem kann Moderhinke auf Klauengelenke übergreifen.

Gesundheit fördern

Um Klauenerkrankungen vorzubeugen ist regelmäßige Pflege wichtig. Bei Weidehaltung sollten Schafhalter laut Gertenbach etwa dreimal jährlich die Klauen schneiden, zusätzlich nur bei Bedarf einzelner Tiere. Zudem ist ein trockener Untergrund wichtig. Nasse Flächen und Triebwege sowie das Kreuzen der Wege von fremden Herden sollten vermieden werden. Morastbildung in Stalleingängen, an Tränken und an Weideein- und -übergängen kann Branntkalk reduzieren. Gertenbach sagt: „Bei Stallhaltung habe ich gute Erfahrungen damit gemacht, etwas Brandkalk zu ver­teilen und darüber frisches Stroh einzustreuen.“

Im Kurs haben wir mit Bentheimer Landschafen geübt. Ich konnte einiges für unsere Schafe zu Hause lernen. (Bildquelle: Privat)

Was unsere vier Schafe angeht, weiß jetzt, dass es sich um aufgespaltenes Horn handelt und ich mich trauen darf, das Horn seitlich wegzuschneiden

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