Schafe halten

Wollige Freunde

Christel und Bernd Brüggemann züchten ihre Texelschafe mit viel Leidenschaft im Herdbuch. Auf ihre gewonnenen Preise sind sie stolz.

Die vielen grünen Wiesen rund um den Hof von Christel und Bernd Brüggemann lassen erahnen: Der Standort ist wie für Schafe gemacht. Das Rentner-Ehepaar hält 40 Texel-Mutterschafe in Ahlen. Das Besondere: Die Tiere sind im Herdbuch registriert und aus ihrem Stall stammt der Bundessieger der diesjährigen NRW-Schaftage, die im August auf Haus Düsse stattgefunden haben. Grund genug, einen Blick in diesen Züchterstall zu werfen.

Leichtere Geburten

Vor fast 50 Jahren – genauer gesagt seit September 1974 – haben die ersten fünf Mutterschafe und ein Bock den Weg zu ­Familie Brüggemann gefunden. Sie stammten bereits von einem Herdbuchbetrieb. „Wir haben uns damals für die Rasse Texel entschieden, weil sie Energie besser in Fleisch umsetzen kann als andere Rassen. Das passt zu unserem Grünlandstandort“, erklärt der 75-Jährige.

Ausgewachsene Mutterschafe bringen bis zu 120 kg auf die Waage. (Bildquelle: Lütke-Hockenbeck)

Bis 1973 haben Kühe das Gras abgeweidet. Als diese den Hof verließen, waren 120 Sauen und 1200 Mastschweine der Haupt-Betriebszweig. „Wir haben unsere Schafherde langsam aufgestockt und hatten lange Zeit 25 Tiere. Der Schweinebetrieb ging vor“, erinnert sich der Landwirt. Ställe und Ackerflächen sind mittlerweile verpachtet und die Schafzucht ist im Laufe der Jahre weiter gewachsen.

Gesunde Herde

Die Herde ist seit 1983 „maedi-unverdächtig“. Das Maedi-Visna-Virus verursacht chronische und schleichende Erkrankungen der Lunge und des zentralen Nervensystems. Zudem ist die Herde seit 2005 resistent gegen Scrapie – eine tödliche Erkrankung des Gehirns, die zu transmissiblen spongiformen Enzephalopatien (TSE) gehört. Seit 2013 ist die Herde auch frei von Mikrophthalmie, die sogenannte Kleinäugigkeit. Die Erbkrankheit tritt nur bei Texelschafen auf, wodurch Lämmer vollständig erblinden.

Jährliche Bestandsblutproben und Stichproben sichern den Status und die Tiere sind exportfähig.

In Spitzenzeiten hat das Ehepaar 100 Mutterschafe umsorgt. Dass die Tiere im Herdbuch registriert sein sollen, war für Brüggemanns von Anfang an klar. Das Problem bei der Rasse Texel: Sie sind von Natur aus kurz und kräftig im Körper mit einem dicken Kopf. Schwere Geburten sind daher nicht selten gewesen. „Andere Züchter und wir haben im Laufe der Jahre versucht, ein längeres Schaf mit schmaleren Schultern und zarterem Kopf zu züchten“, erklärt er. Die Geburten sind seitdem leichter geworden. Zudem haben längere Tiere mehr von den wertvollen Teilstücken Rücken und Keule. Das bringt mehr Geld ein.

Bock ist die halbe Herde

Um die Herde stetig weiterzuentwickeln, kauft der Landwirt Deckböcke auf Auktionen. Sie sind in der Regel für zwei Jahre im Einsatz, damit die Blutlinien nicht zu eng werden. Da die 40 Mutterschafe in drei Herden aufgeteilt sind, übernehmen drei Böcke das Decken. Sie bereichern die Herde von etwa Mitte August bis Mitte Dezember.

Geringer Wurmdruck, gute Fütterung
Um die Tiere frei von Endo- und Ektoparasiten zu halten, hat Bernd Brüggemann ein klares Konzept. Zweimal jährlich entwurmt er die Schafe gegen Magen- und Darmwürmer: 14 Tage vor der Decksaison und vier Wochen vor dem Ablammen.

Die Lämmer bekommen im Alter von acht bis zehn Wochen eine Dosis gegen Bandwürmer und alle acht Wochen gegen Magen- und Darmwürmer. Dabei wechselt der Schafhalter die Präparate regelmäßig, da die Tiere schnell Resistenzen gegen ein Mittel entwickeln. „Es ist wichtig, die Tiere sauber zu halten“, sagt er. Im Frühjahr behandelt Brüggemann alle Lämmer einmalig gegen Kokzidien.

Auch mit dem Weidemanagement versucht der Züchter, den Parasitendruck gering zu halten: Bei rund der Hälfte des Grünlands mäht er den ersten Aufwuchs, bevor die Schafe die Fläche beweiden. So hält er den Wurmdruck im Winterfutter gering. Denn die 25 Silageballen, die er erntet, fressen die Schafe während der Stallzeit im Winter. Zusätzlich bekommen sie Kraftfutter 14 Tage vor dem Lammen.

Weitere 20 bis 30 Grasballen kauft Brüggemann zu, da die 4 ha Grünland rund um den Hof zu knapp für eine ganzjährige Futtergrundlage sind. Auf die Frage, warum er kein Heu füttert, hat er prompt eine Antwort: „Für Heu habe ich keine Nerven“, sagt er und lacht dabei.

Als wir durch die Weide gehen, bemerken die Tiere sofort, dass Bernd Brüggemann einen Kraftfuttereimer dabei hat. Sie laufen neugierig hinterher. Ein guter Umgang ist dem Schafhalter wichtig. Auffällig ist, dass einige Schafe rote Punkte auf dem Hinterteil haben. „Unser Bock hat ein Deckgeschirr um“, erklärt Bernd. „Unter seinem Bauch befindet sich rote Kreide. Wenn er auf ein Schaf aufspringt, ist es direkt gekennzeichnet. So können wir leicht erkennen, welche Schafe er bereits gedeckt hat.“ Mit einem Gewicht zwischen 145 und 160 kg sind die Deckböcke sehr ­imposant. Ausgewachsene weibliche Tiere bringen im Mittel etwa 120 kg auf die Waage.

Alter Fachwerkstall

Im Dezember ziehen die Tiere von der Weide in den Stall um. Das alte Fachwerkgebäude aus dem Jahr 1899 bietet mehrere Strohboxen, einen separaten Ablammbereich, Platz für einen Behandlungsstand, eine Waage, ein Kraftfuttersilo und ein Lager für Strohballen – also alles unter einem Dach. Zudem ist der Stall luftig.

Der Stall ist eine alte Fachwerkscheune aus dem Jahr 1899. Von Dezember bis März sind die Texelschafe hier untergebracht und bekommen ihre Lämmer. (Bildquelle: Lütke-Hockenbeck)

Ein echter Hingucker ist die linke Wand mit vielen bunten Plaketten. Sie stammen von Tierschauen und Auktionen, die das Ehepaar gemeinsam besucht hat. Die erste Schau war 1988, die letzte Bundesschau 2011 in Leipzig. „Dort haben wir alles gewonnen“, erinnert sich Bernd mit einem Lächeln im Gesicht. „Und man soll ja bekanntlich aufhören, wenn es am schönsten ist“, sagt er. Schauen besuchen die beiden mittlerweile nicht mehr, auf Auktionen sind sie aber jedes Jahr vertreten, wie Bernd uns später erzählt.

Eine Wand voller Siegerplaketten: Von 1988 bis 2011 haben Brüggemanns mit ihren Schafen regelmäßig Tierschauen besucht. (Bildquelle: Lütke-Hockenbeck)

Der Einzug in den Stall bedeutet für die Schafe: Zeit zum Scheren. Zwei Männer kommen jedes Jahr vorbei und befreien die Tiere von ihrer Wolle. Für die insgesamt 250 kg Rohwolle bekamen Brüggemanns 37,50 €, umgerechnet also knapp 1 € pro Schaf. „Das ist so gut wie nichts. Schade, dass der Markt für Wolle in Deutschland so schlecht ist“, sagt der Schafhalter. Ein Vorteil, dass die Schafe bereits im Winter geschoren sind: Wenn die Tiere lammen, finden die Neugeborenen leichter das Gesäuge.

Nachwuchs im Frühjahr

Von Mitte Februar bis Mitte März ist Lammzeit. Vor zwei Jahren haben Bernd und Christel Brüggemann eine Kamera im Stall aufgehangen, um die Tiere permanent beobachten zu können. Falls ein Schaf Schwierigkeiten bei der Geburt hat, greifen sie ein. Die Schafe lammen in der Herde und kommen anschließend für drei bis vier Tage in eine separate Ablammbucht, damit Mutter und Lämmer eine gute Bindung aufbauen und die Neugeborenen genügend Kolostrum aufnehmen.

„Die ersten Tage sind entscheidend“, so der Züchter. Der Nachwuchs kommt mit etwa 4,5 bis zu 6 kg Lebendgewicht zur Welt. Innerhalb der ersten drei Tage erhalten die kleinen Tiere Herdbuchohrmarken und ihre Schwänze werden kupiert. Eine der beiden Ohrmarken ist elektronisch identifizierbar, um Tierdaten zuordnen und abrufen zu können.

Die Wendebox ermöglicht einen einfachen Klauenschnitt. Die Bügel umgreifen den Bauch und drehen ein Tier in Rückenlage. (Bildquelle: Lütke-Hockenbeck)

Normalerweise gebären Texelschafe Zwillinge. Aber auch Drillinge kommen vor. Dann nimmt Bernd Brüggemann eines der drei Lämmer von der Mutter weg und zieht es gemeinsam mit anderen Drillingslämmern am Tränkeautomaten mit Milchaustauscher auf. Die vollautomatische Milchbar hat er seit 20 Jahren. Sie heizt Wasser auf 40 bis 42 °C auf und mischt es mit Milchpulver. Jedes Lamm vertrinkt etwa einen Sack Milchpulver, der rund 95 € kostet.

Ab Mitte März laufen Mütter und Jungtiere tagsüber auf der Weide. Ab Mitte April sind sie komplett draußen. In einem Unterstand fressen alle Lämmer ab der dritten Lebenswoche ein 18/3er-Kraftfutter. Im Alter von vier Monaten werden die Lämmer von den Müttern getrennt und somit von der Milch abgesetzt. Zu dem Zeitpunkt bringen sie je nach Geschlecht zwischen 50 und 55 kg auf die Waage.

Gute Fleischleistung

Zur Herdbuch-Führung gehört auch, dass die Lämmer um den 100. Tag geprüft werden. Bernd Brüggemann hat die Durchschnitts-Zahlen direkt parat:

  • Gewicht: 45 bis 50 kg
  • Rückenmuskeldichte: 33 mm
  • Fettauflage: 6 mm

Mit den Werten ist der Schafhalter zufrieden. „Gute Leistungen bringen Geld ein“, so seine Erfahrung. Die Tageszunahmen seiner Böcke liegen zwischen 420 und 500 g.

Jedes Jahr im August verkaufen Brüggemanns zwischen sieben und zehn Böcke und drei Mutterlämmer auf Auktionen. Weitere Böcke und Mutterlämmer kaufen interessierte Züchter direkt ab Stall. Einige zuchtuntaugliche Lämmer lassen Brüggemanns schlachten.

Bernd und Christel Brüggemann sind froh, auch im Rentenalter ihre Schafe zu haben: „Texel sind ruhige und hübsche Schafe mit einer guten Fleischleistung. Sie halten uns fit und machen Spaß.“

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