Pferdehaltung

Leitlinien und Kennzeichnung für Pferdeställe?

Die Wünsche der Pferdebesitzer wandeln sich, unabhängig von Leitlinien, die scheinbar keiner kennt. Der Markt entscheidet, was geht – das weiß auch Heinz Sandschulte aus Warendorf.

Noch mal alles neu machen – das ist aktuell die Aufgabe von Heinz Sandschulte und seiner Familie in der Bauernschaft Velsen in Warendorf. 60 Jahre hielten sie auf ihrem Hof in Ortsrandlage von Warendorf Pensionspferde, bis sie einem Baugebiet wichen.

Fenster war schon toll

„Wir haben etwa 3 km entfernt eine neue Anlage gefunden“, freut sich der gelernte Landmaschinenschlosser und Landwirt über den glücklichen Zufall. Die neue Heimat: Ein 1982 für den gewerblichen Pferdehandel gebaute Anlage. Eine lange Stallgasse mit 27 Pferdeboxen, die eine Hälfte ohne, die andere mit kleinen Fenstern, erstreckte sich entlang der langen Seite der Reithalle. Jede von ihnen war 3,2 x 3 m groß. Gemäß der Leitlinie ausreichend für kleine Pferde bis 1,50 m Stockmaß. „Damals war es üblich, Boxen ohne Paddock zu bauen – ein Fenster war schon das Hoch der Gefühle“, fasst der 56-Jährige zusammen, „Heute reicht das nur den wenigsten Pferdebesitzern“. Ein Fenster ist heute für viele von ihnen ein Muss.

Als Betreiber eines Pensionspferdestalls weiß Heinz Sandschulte, dass er sich am Markt orientieren muss. Aus diesem Grund hat er die alten Trennwände entfernt, um die Boxen größer zu machen – 33 % größer, um genau zu sein. Die neuen Boxen sollen eine Grundfläche von 3,2 x 4 m bekommen. Bereits auf der alten Anlage setze die Familie auf Paddockboxen, wie die „Außenbox mit Kleinauslauf“ im Volksmund auch genannt wird. Das wollen sie auch auf der neuen Anlage tun. Die Metallstreben für die Abtrennungen sind schon bestellt. „Die untere Querstrebe werden wir aber im Vergleich zu früher etwas höher montieren“, erklärt der passionierte Kutschfahrer. Er will damit verhindern, dass die Tiere doch mal, wie in der Vergangenheit hin und wieder mal geschehen, mit dem Vorderbein darüber treten können.

Innen muss es passen

Erfahrungen zählen für den Pensionspferdehalter mehr als Leitlinien. „Mir kommen diese Vorgaben ein wenig weltfremd vor“, fasst er seinen ersten Eindruck der mehr als 30-seitigen Ausführung zusammen. Die dort beschriebenen Helligkeit von 80 Lux überschreitet er auf seiner Stallgasse um das Zehnfache. Tröge, die mindestens 50 x 60, besser noch 50 x 80 cm groß sind, hält er für wenig realistisch. Ihm ist es wichtiger, dass die Tiere ihr Futter nicht herausschleudert können: „Ich setze auf verzinkte Tröge mit einer Wölbung nach innen – die Größe erachte ich als zweitrangig“.

Zusammen fürs Tierwohl

Heinz Sandschulte hat sich gegen eine mögliche Zertfizierung durch die Deutsche Reiterliche Vereinigung e. V. (FN) entschieden, weil er für seinen Betrieb keinen konkreten Mehrwert erkennen konnte. „Würden wir auf Feriengäste oder Reitschüler setzen, hätten wir uns vermutlich anders entschieden, einfach schon um unsere Qualitäten zu kommunizieren“, sagt er.

„Wir Pensionspferdehalter können lediglich die Rahmenbedingungen für mehr Tierwohl schaffen“, sagt Heinz Sandschulte, der Besitzer und Reiter gleichermaßen in der Pflicht sieht. „Da reicht eine Paddockbox, sprich ein Zimmer mit Balkon, nicht aus“, ist er überzeugt.

FN-Kennzeichnung
Die Deutsche Reiterliche Vereinigung e. V. (FN) bietet ein Kennzeichnungssystem für Pferdebetriebe nach einheitlichen Standards an. Es soll die Qualität der Betriebe gegenüber Kunden, Behörden sowie der Öffentlichkeit dokumentieren.
Die Anforderungen für den Erhalt des „Grundschild Pferdehaltung“ sehen unter Anderem vor, dass der Betriebsleiter sachkundig sein und sich die Gestaltung des Stalls an der „Leitlinie zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten“ ortientieren sollte. Die weitergehenden Kennzeichnungen wie Pensionspferdehaltung, Touristikbetrieb, Reit- oder Fachschule machen weitere Qualifikationen der Mitarbeiter oder zusätzliche Räumlichkeiten erforderlich.
Alle vier Jahre erfolgt eine Vor-Ort-Bewertung. Die Prüfung für das Grundschild kostet 230 €. Die Kosten für die Basisstufe sowie zwei weitere Schwerpunkte belaufen sich auf 285 €.

Tiergerechte Haltung rückt immer mehr in den Fokus – auch bei Pferden. Anforderungen von Pferde­besitzern und Amtsveterinären wachsen. Auf was müssen sich Stallbetreiber künftig einstellen?