Kommentar

Herkunftskennzeichnung: Tomate, woher kommst du?

Unser Essen stammt aus vielen Ländern der Welt. Doch beschäftigen wir uns ausreichend mit der Frage, wo es angebaut, geerntet und verarbeitet wurde?

Der Name „Azoychka“ klingt ungewöhnlich. Insgeheim frage ich mich, wo er wohl herkommen mag. Trotzdem stelle ich die Frage nicht laut. Schließlich will ich niemanden vor den Kopf stoßen. Wie viele andere auch, will ich dem Bild eines weltoffenen Menschen entsprechen. Auch wenn das bedeutet, dass ich meine Interessen mal zurückstellen muss. Jemanden nach seinen Wurzeln zu fragen, scheint oft unangebracht. Dabei könnte man bei Azoychka durchaus eine Ausnahme machen. Denn Azoychka ist sowohl ein russischer Frauenname als auch die Bezeichnung einer alten Tomatensorte. Und bei Tomaten ist die Frage nach den Wurzeln tatsächlich interessant.

Die Welt im Supermarkt

Ich meine die Wurzeln im wahrsten Sinn des Wortes: Wo haben sie in der Erde gesteckt? Denn auch wenn nicht alle Tomaten solch ungewöhnliche Namen tragen, kommen sie häufig aus aller Herren Länder. Deutschland ist weltweit der drittgrößte Ex- und Importeur von Agrarerzeugnissen. Kein Wunder also, dass sich das in den Supermarktregalen wider­spiegelt. Manche Produkte tragen ihre Herkunft unmittelbar ersichtlich auf dem Etikett. Neuseeländisches Lammfleisch, Rindersteak aus Argentinien oder italienische Nudeln – das ­Nennen der Herkunft soll Qualität versprechen. Auch die umgekehrte Variante ist oft zu finden: die Herkunftsländer vieler Produkte oder Zutaten wird entweder verschwiegen oder so gut es geht verschleiert.

Wie vielschichtig die Suche nach der Herkunft unseres Essens sein kann, haben wir bei unserem Einkauf für "Nudeln mit Hackfleischsoße", festgestellt.

Vom "Woher" zum "Wohin"

Ein Blick auf das Lebensmittel reicht nicht aus, um die Herkunft aller Zutaten auszu­machen. Unser Fazit: „Fragen Sie nach!“ – bei Herstellern, Händlern und im Zweifelsfall auch den Verbraucher­zentralen. Denn die Frage: „Woher kommst du?“ muss keine Provo­kation sein. Sie steht für Inte­resse am Produkt, seiner Erzeugung und den Auswirkungen, die es auf Natur und Klima hat.

Erst wenn das ­„Woher“ geklärt ist, finden wir auch die Antwort auf die Frage nach dem „Wohin“. Genauer gesagt: „Wohin soll unser Konsum führen?“ Wollen wir eine starke heimische Land- und Ernährungswirtschaft? Und wollen wir Produkte, die nach den hierzulande ­geltenden Standards produziert worden sind? Dann müssen wir uns an der Ladentheke auch dafür entscheiden. Das bedeutet: Gezielt nachschauen oder nachfragen, woher unsere Lebensmittel kommen. Dann können wir bewusst auswählen, was wir in unseren Einkaufskorb legen.

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